Studie: Individuelle Maßnahmen für Klimaschutz verlieren für Bevölkerung die Priorität
Wien – Im Rahmen einer repräsentativen Umfrage unter rund 1.000 Befragten wird jedes Jahr die Einstellung der Österreicherinnen und Österreicher zu erneuerbaren Energien erhoben. Die zehnte Ausgabe zeigt: Die österreichische Bevölkerung erkennt den Klimawandel als das drängendste Problem der nächsten Jahrzehnte. Trotzdem ist sie weniger bereit, aktiv individuelle Energiesparmaßnahmen umzusetzen. Auch erneuerbare Energieprojekte im eigenen Umfeld werden kritischer gesehen.
Nina Hampl, Studienautorin von der WU Wien
Der Trend zum Energiesparen ist nach dem Anstieg in den vergangenen beiden Jahren mittlerweile gesunken. Lediglich 40 % der Befragten erklären sich dazu bereit, ihren Stromverbrauch durch eine Verhaltensänderung zu reduzieren, nur noch 32 % senken die Raumtemperatur.
Zum Vergleich: 2022 lagen diese Werte noch bei 52 % und 45 %.
Trend zur Eigenstromproduktion durch Photovoltaik hält an
Das Interesse Eigenstrom durch Photovoltaik zu produzieren, bleibt hoch. Fast ein Drittel der Befragten gibt an, dass eine Photovoltaikanlage am eigenen Haus oder Wohngebäude installiert ist. Auch der Wille zur Optimierung der eigenen Systeme ist gegeben: So ist der Anteil an Befragten, bei denen neben einer Photovoltaikanlage auch ein Stromspeicher installiert ist, auf 39 % gestiegen. Die Wärmewende nimmt langsam Fahrt auf: Während der Bestand an Ölheizungen stetig zurückgeht, steigt die Zahl an Luftwärmepumpen kontinuierlich. Zwei Drittel des Raumwärmebedarfs werden bereits durch umweltschonende Heizsysteme gedeckt.
Der Wille, sich aktiv an der Energiewende zu beteiligen, ist in der Bevölkerung ebenfalls verankert. So kann sich ein Viertel der Befragten eine finanzielle Beteiligung an einem Projekt zur Nutzung erneuerbarer Energien vorstellen, rund die Hälfte der Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer könnte sich vorstellen, sich einer Energiegemeinschaft anzuschließen.
- Die Bereitschaft der Bevölkerung zur lokalen Produktion und weniger Abhängigkeit ist da, das zeigt auch die anhaltende Nachfrage nach Energiegemeinschaften und Beteiligungsprojekten. Für einen spürbaren Schritt nach vorne braucht es einen wirksamen Mix aus Anreizen, Information und Engagement aller Stakeholder.
E-Auto-Nachfrage sinkt
Während die Wärmewende langsam voranschreitet, wird die Mobilitätswende ausgebremst. Das Kaufinteresse an E-Autos hat abgenommen. Vor allem die teuren Anschaffungskosten (82 %) und vermeintlich geringen Reichweiten (78 %) wirken auf viele abschreckend.
- Die hohen Autopreise sind vor allem angesichts der anhaltenden Teuerung ein zentraler Faktor, warum der E-Auto-Markt nicht in die Gänge kommt. Zwar gibt es mittlerweile ein breiteres Angebot, gerade im preiswerteren Segment muss sich aber noch mehr tun. Ansonsten wird die E-Mobilität in Österreich weiterhin nur ein Nischenthema bleiben.
Bei den Gründen pro Anschaffung eines Elektroautos spielen die Kosten eine zentrale Rolle: Die geringeren Betriebskosten (68 %) sowie die öffentliche Förderung (63 %) zählen zu den Hauptargumenten für den Kauf, dicht gefolgt von der Emissionsfreiheit (62 %).
Deutliche Diskrepanz von Absichten und Verhalten
Die Bevölkerung jedenfalls zeigt sich für weitere klimapolitische Maßnahmen offen: 53 % sind der Meinung, dass die zukünftige Bundesregierung mehr Maßnahmen zur Reduktion des Energieverbrauchs in Haushalten, Unternehmen und öffentlichen Gebäuden setzen sollte. Über zwei Drittel sprechen sich auch für mehr Maßnahmen zum Schutz vor Hochwasser aus.
Zusammenfassend zeigen die Studienergebnisse eine Diskrepanz in der Bevölkerung.
Während die Österreicherinnen und Österreicher dem Klimawandel mittlerweile sehr große Bedeutung zurechnen und viele die Auswirkungen bereits spüren, gehen die Akzeptanzwerte für erneuerbare Energieprojekte zurück. Dies kann unterschiedliche Gründe haben. Menschen können erneuerbare Energietechnologien grundsätzlich gutheißen und deren positiven Beitrag zum Klimaschutz sehen, aber erneuerbaren Energieprojekten skeptisch gegenüberstehen. Faktenbasierte Bewusstseinsbildung kann einen Beitrag leisten, diese Diskrepanz aufzulösen.