Rechtsgutachten: Österreich muss Zulassungen von PFAS-Pestiziden umgehend widerrufen
Wien/Innsbruck - Österreich ist gesetzlich verpflichtet, Pestizide, die die Ewigkeits-Chemikalie TFA (Trifluoracetat) in die Umwelt und ins Grundwasser freisetzen, vom Markt zu nehmen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten, das der Europarechtler Dr. Peter Hilpold von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck im Auftrag der Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 erstellt hat.
“Laut EU-Pestizidverordnung dürfen Mitgliedstaaten ein Pflanzenschutzmittel nur dann zulassen, wenn das Pestizid oder seine Abbauprodukte die Gesundheit oder das Grundwasser nicht gefährden“, erklärt der Europarechtler Hilpold: “Wenn sich herausstellt, dass ein Abbauprodukt eines zugelassenen Pflanzenschutzmittels das Grundwasser belastet, und wenn Grund zur Annahme besteht, dass es zudem unannehmbare toxikologische Eigenschaften hat, dann erfüllt das betreffende Pflanzenschutzmittel nicht mehr die Anforderungen für eine Zulassung. In diesem Fall ist die Zulassung aufzuheben oder so zu ändern, dass eine Kontamination des Grundwassers ausgeschlossen ist.“
Einstufung von TFA als “fortpflanzungsgefährdend”
Als Beispiel für eine “unannehmbare toxikologische Eigenschaft" wird im Gutachten Fortpflanzungsgefährdung (Reproduktionstoxizität) genannt. Im Falle von TFA war es der Pestizidhersteller Bayer, der Anfang 2021 die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission über das fortpflanzungsgefährdende Potential des Pestizid-Abbauproduktes informierte: TFA hatte im Tierexperiment schwere Missbildungen bei Föten verursacht. Zwischenzeitlich hat der Pestizid-Hersteller selbst bei der Europäischen Chemikalienagentur ECHA die Einstufung von TFA als ‘vermutlich reproduktionstoxisch beim Menschen’ beantragt. Im Juni 2024 legte Deutschland bei der ECHA einen Vorschlagexternal link, opens in a new tab für die harmonisierte Einstufung als “wahrscheinlich reproduktionstoxisch beim Menschen“ vor.
“Das von uns beauftragte Rechtsgutachten lässt keinen Zweifel: Pestizide, die so wie PFAS-Pestizide das Grund- und Trinkwasser mit einem vermutlich fortpflanzungsschädigenden Abbauprodukt kontaminieren, dürfen nicht länger verkauft werden”, sagt Helmut Burtscher-Schaden, Umweltchemiker bei GLOBAL 2000 mit Blick auf das Gutachten: „Es ist höchste Zeit zu handeln. Die Kontamination des Grund- und Trinkwassers mit TFA ist in Qualität und Quantität beispiellos und hat den Grenzwert für toxikologisch relevante Pestizidmetaboliten in nahezu allen Wasserkörpern bereits um ein Vielfaches überschritten.“
Schutz der Gesundheit vor Pflanzenproduktion
Besonderes Augenmerk wird im Gutachten auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelegt. Dieser hat wiederholt die Rolle des Vorsorgeprinzips bestätigt. Darüber hinaus betont die Pestizidverordnung selbst den Vorrang des Ziels, die Gesundheit und die Umwelt zu schützen, über das Ziel, die Pflanzenproduktion zu verbessern und verweist insbesondere darauf, dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse fortlaufend eine Neubewertung der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln bedingen.
12 Prozent aller zugelassenen Pestizide setzen TFA frei
Laut Pflanzenschutzmittelregisterexternal link, opens in a new tab sind in Österreich derzeit 1.612 Pflanzenschutzmittel zugelassen. Von diesen enthalten 189 einen oder mehrere PFAS-Wirkstoffe, die TFA freisetzen können. Somit verfehlen 12 % der derzeit in Österreich zugelassenen Pestizid-Produkte die gesetzlichen Anforderungen an eine Zulassung.
Aus der österreichischen Wirkstoffstatistik für Pestizide geht hervor, dass im Jahr 2022 in Österreich 117.225 Kilogramm Pestizidwirkstoffe verkauft wurden, deren erwartbares Abbauprodukt die Ewigkeits-Chemikalie TFA ist. Bei vollständigem “Umbau” dieser Wirkstoffe in TFA werden 41.278 Kilogramm der Ewigkeits-Chemikalie in die Umwelt emittiert (nähere Infos finden Sie in diesem Factsheet).
Verbot gefordert
GLOBAL 2000 fordert von Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig entsprechend den gesetzlichen Vorgaben, sämtliche Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln, die die Ewigkeits-Chemikalie TFA freisetzen können, mit sofortiger Wirkung aufzuheben.
“Ein rasches Verbot von PFAS-Pestiziden ist unumgänglich. Wichtig ist auch die Unterstützung konventionell wirtschaftender Bauern und Bäuerinnen beim Umstieg auf eine zukunftsfähige PFAS-freie Produktion. Denn niemand hat sie davor gewarnt, dass manche der von der Industrie angepriesenen und von Behörden zugelassenen Pestizide langfristig ihre Böden und ihr Grundwasser mit einer Ewigkeits-Chemikalie kontaminieren würden“, so Burtscher-Schaden abschließend.
“Laut EU-Pestizidverordnung dürfen Mitgliedstaaten ein Pflanzenschutzmittel nur dann zulassen, wenn das Pestizid oder seine Abbauprodukte die Gesundheit oder das Grundwasser nicht gefährden“, erklärt der Europarechtler Hilpold: “Wenn sich herausstellt, dass ein Abbauprodukt eines zugelassenen Pflanzenschutzmittels das Grundwasser belastet, und wenn Grund zur Annahme besteht, dass es zudem unannehmbare toxikologische Eigenschaften hat, dann erfüllt das betreffende Pflanzenschutzmittel nicht mehr die Anforderungen für eine Zulassung. In diesem Fall ist die Zulassung aufzuheben oder so zu ändern, dass eine Kontamination des Grundwassers ausgeschlossen ist.“
Einstufung von TFA als “fortpflanzungsgefährdend”
Als Beispiel für eine “unannehmbare toxikologische Eigenschaft" wird im Gutachten Fortpflanzungsgefährdung (Reproduktionstoxizität) genannt. Im Falle von TFA war es der Pestizidhersteller Bayer, der Anfang 2021 die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission über das fortpflanzungsgefährdende Potential des Pestizid-Abbauproduktes informierte: TFA hatte im Tierexperiment schwere Missbildungen bei Föten verursacht. Zwischenzeitlich hat der Pestizid-Hersteller selbst bei der Europäischen Chemikalienagentur ECHA die Einstufung von TFA als ‘vermutlich reproduktionstoxisch beim Menschen’ beantragt. Im Juni 2024 legte Deutschland bei der ECHA einen Vorschlagexternal link, opens in a new tab für die harmonisierte Einstufung als “wahrscheinlich reproduktionstoxisch beim Menschen“ vor.
“Das von uns beauftragte Rechtsgutachten lässt keinen Zweifel: Pestizide, die so wie PFAS-Pestizide das Grund- und Trinkwasser mit einem vermutlich fortpflanzungsschädigenden Abbauprodukt kontaminieren, dürfen nicht länger verkauft werden”, sagt Helmut Burtscher-Schaden, Umweltchemiker bei GLOBAL 2000 mit Blick auf das Gutachten: „Es ist höchste Zeit zu handeln. Die Kontamination des Grund- und Trinkwassers mit TFA ist in Qualität und Quantität beispiellos und hat den Grenzwert für toxikologisch relevante Pestizidmetaboliten in nahezu allen Wasserkörpern bereits um ein Vielfaches überschritten.“
Schutz der Gesundheit vor Pflanzenproduktion
Besonderes Augenmerk wird im Gutachten auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelegt. Dieser hat wiederholt die Rolle des Vorsorgeprinzips bestätigt. Darüber hinaus betont die Pestizidverordnung selbst den Vorrang des Ziels, die Gesundheit und die Umwelt zu schützen, über das Ziel, die Pflanzenproduktion zu verbessern und verweist insbesondere darauf, dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse fortlaufend eine Neubewertung der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln bedingen.
12 Prozent aller zugelassenen Pestizide setzen TFA frei
Laut Pflanzenschutzmittelregisterexternal link, opens in a new tab sind in Österreich derzeit 1.612 Pflanzenschutzmittel zugelassen. Von diesen enthalten 189 einen oder mehrere PFAS-Wirkstoffe, die TFA freisetzen können. Somit verfehlen 12 % der derzeit in Österreich zugelassenen Pestizid-Produkte die gesetzlichen Anforderungen an eine Zulassung.
Aus der österreichischen Wirkstoffstatistik für Pestizide geht hervor, dass im Jahr 2022 in Österreich 117.225 Kilogramm Pestizidwirkstoffe verkauft wurden, deren erwartbares Abbauprodukt die Ewigkeits-Chemikalie TFA ist. Bei vollständigem “Umbau” dieser Wirkstoffe in TFA werden 41.278 Kilogramm der Ewigkeits-Chemikalie in die Umwelt emittiert (nähere Infos finden Sie in diesem Factsheet).
Verbot gefordert
GLOBAL 2000 fordert von Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig entsprechend den gesetzlichen Vorgaben, sämtliche Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln, die die Ewigkeits-Chemikalie TFA freisetzen können, mit sofortiger Wirkung aufzuheben.
“Ein rasches Verbot von PFAS-Pestiziden ist unumgänglich. Wichtig ist auch die Unterstützung konventionell wirtschaftender Bauern und Bäuerinnen beim Umstieg auf eine zukunftsfähige PFAS-freie Produktion. Denn niemand hat sie davor gewarnt, dass manche der von der Industrie angepriesenen und von Behörden zugelassenen Pestizide langfristig ihre Böden und ihr Grundwasser mit einer Ewigkeits-Chemikalie kontaminieren würden“, so Burtscher-Schaden abschließend.
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