Massive Kritik an kontraproduktivem Handelsabkommen TTIP
Unglaubliche Zumutung für das Gemeinwesen auf beiden Seiten des Atlantiks
Auf Einladung des Verbandes der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (VÖWG), der Arbeiterkammer Wien, dem Österreichischen Städtebund sowie der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten – Kunst, Medien, Sport, freie Berufe (GdG–KMfSB) diskutierten am 13. November im Wiener Rathaus internationale ExpertInnen über Auswirkungen transatlantischer Handelsabkommen. Der gemeinsame Tenor: Daseinsvorsorge, Gemeinwohl und ArbeiternehmerInnenrechte müssen sichergestellt sein.
Handelsabkommen für Menschen, nicht für Lobbys
Für die Präsidentin des VÖWG, Renate Brauner, birgt TTIP in der derzeit diskutierten Variante mehr Risiken als Chancen und gefährdet die kommunale Daseinsvorsorge. Wichtige Aufgaben, die jetzt Städte und Gemeinden als lokaler Partner der Bevölkerung wahrnehmen, wie z.B. die Wasserversorgung, könnten durch die Hintertür privatisiert werden. „Deshalb müssen wir TTIP verändern. Wir brauchen Abkommen für die Menschen, nicht für die Lobbys„, so Brauner in ihrer Eröffnungsrede. Sie fordert entschieden, dass die Betroffenen und ihre Vertretungen in den Ländern, Städten und Gemeinden transparent mit einbezogen werden müssen. „Es muss klar sein: Wir wollen keine weiteren Privatisierungen im öffentlichen Bereich." Denn die sichere Grundversorgung mit öffentlichen Gütern und Leistungen ist ein wichtiger Beitrag zur hohen Qualität des Wirtschaftsstandortes, zur Exportstärke Österreichs und damit zum Handel.
Transatlantischer Einsatz für ArbeiternehmerInnenrechte
Im Laufe der zweistündigen Diskussionsrunde wurde deutlich, dass die Kritikpunkte auf beiden Kontinenten große Ähnlichkeiten aufweisen: So betonte die US–amerikanische Gewerkschafterin Celeste Drake (American Federation of Labor and Congress of Industrial Organizations) die ernüchternden Erfahrungen mit dem seit den 1990ern geltenden Handelsabkommen zwischen Mexiko, USA und Kanada (MAFTA): Anstelle des angekündigten Jobwunders seien vor allem negative Effekte für ArbeitnehmerInnen zu beobachten – stagnierende Löhne, zunehmende Ungleichgewichte, weniger Einfluss der Gewerkschaften inbegriffen. Vor diesem Hintergrund müssten auch die im Vorfeld geschürten Erwartungen an TTIP sehr skeptisch beurteilt werden. „Um andere Ergebnisse zu erreichen, brauchen wir andere Regelungen„, so Drake.
Auch AK–Präsident Rudi Kaske hat Bedenken in Hinblick auf die derzeitigen TTIP–Verhandlungen. So könnte das Freihandelsabkommen Arbeitsplätze kosten und Lohnsenkungen nach sich ziehen. Internationale Mindestarbeitsrechte müssen nach derzeitigem Stand nicht eingehalten werden. Die geplante Angleichung von Regulierungsunterschieden könnte auch eine Absenkung von europäischen Verbraucher–, Umwelt– und ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen bedeuten. Durch das Investor–Staat–Streitbeilegungsverfahren (ISDS) könnten Österreich hohe Entschädigungszahlungen drohen, wenn neue Regulierungen etwa im Sozial–, Umwelt– oder Gesundheitsbereich die erwarteten Gewinne der Investoren schmälern würden.
Für die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten – Kunst, Medien, Sport, freie Berufe schlägt Thomas Kattnig, Internationaler Sekretär und Mitglied des Europäischen Wirtschafts– und Sozialausschuss, in dieselbe Kerbe: „Durch Investitionsschutzklauseln und Investor–Staat–Streitbeilegungsverfahren würden Privatisierungen praktisch unumkehrbar und Rekommunalisierungen verhindert werden. Dieser Mechanismus muss unbedingt aus dem Abkommen gestrichen werden.„ In der öffentlichen Debatte gibt es bereits ein Problembewusstsein gegen ISDS. Doch der Fokus muss auf die generelle Absicherung der Daseinsvorsorge gelenkt werden, ein für die Gewerkschaft wesentlicher Punkt: „Die Leistungen der Daseinsvorsorge müssen effektiv aus dem Abkommen ausgenommen werden„, so Kattnig.
Massive Kritik am Investor–Staat–Streitbeilegungsverfahren
Ergänzend dazu schilderte Hadrian Mertins–Kirkwood vom Canadian Centre for Policy Alternatives die kanadischen Erfahrungen mit bestehenden Abkommen. Der Schock der globalen Finanzkrise 2008 sei scheinbar in Vergessenheit geraten. Die Begeisterung zahlreicher Regierungen für tiefgreifende Handels– und Investitionsabkommen habe ein Ausmaß erreicht wie zuletzt Mitte der 1990er. Beispielsweise sei nicht zuletzt aufgrund einer Reihe fragwürdiger Klagen im Rahmen von Investor–Staat–Streitbeilegungsverfahren bereits eine vorauseilende Einschränkung des politischen Entscheidungsspielraumes zu spüren. Man denke nur an die kostspielige Verurteilung Kanadas aufgrund eines zeitlich befristeten Fracking Moratoriums der Provinz Quebec. Kritik an den Investorenschutz–Schiedsgerichten äußert auch der Österreichische Städtebund: Die Investorenschutzregelungen müssen überarbeitet werden. Andernfalls müssten Kommunen mit hohen Schadenersatzansprüchen von Investoren rechnen. „Die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit müssen auch in Streitfällen gelten„, sagt Thomas Weninger, Generalsekretär des Städtebundes.
Vorrang für kommunale Daseinsvorsorge
Eine Einschätzung, die der deutsche Handelsexperte Thomas Fritz von der NGO PowerShift mit Hinweis auf seine kürzlich veröffentliche Studie „TTIP vor Ort„ auch für die kommunale Ebene weiterentwickelte: Da keine grundsätzliche Ausnahme für öffentliche Daseinsvorsorgeleistungen im Rahmen der TTIP–Verhandlungen bestünde, sei mit weiterem Druck zu Liberalisierung und Privatisierung zu rechnen. Die kolportierten Schutzklauseln seien löchrig und nicht effektiv. Zudem bleibe auch der Einsatz sogenannter Stillstandsvereinbarungen eine reale Gefahr. Mittels derartiger Vereinbarungen würde die Umkehrung vergangener Liberalisierungen angreifbar und der Trend zu Rekommunalisierung in Frage gestellt.
Für die Geschäftsführerin des VÖWG, Heidrun Maier–de Kruijff, können sich Daseinsvorsorge und Freihandel – wie schon bisher – sinnvoll ergänzen. Sie erinnert, dass infrastrukturelle Voraussetzungen wie in der Forschung, im Bildungssektor, im Sozialbereich, bei den digitalen Netzen, am Energiesektor oder im Verkehrswesen eine Grundlage für die österreichischen Exporte bilden. Insofern stehen lokale und regionale Daseinsvorsorge am Beginn der weltweiten Wertschöpfungskette.
Kommunale Daseinsvorsorge – so Thomas Weninger vom Städtebund – soll vom Freihandelsabkommen mit den USA und allen weiteren Handelsabkommen explizit ausgeschlossen werden. Dies bezieht sich insbesondere auf die Bereiche wie die öffentliche Wasserver– und Abwasserentsorgung, Abfall und öffentlicher Nahverkehr, soziale Dienstleistungen und die Leistungen öffentlicher Daseinsvorsorge im Kulturbereich. Der Österreichische Städtebund fordert daher, dass „die Verhandlungen offengelegt werden und in die Berichte über den Verhandlungsprozess eingesehen werden darf„.
Handelsabkommen für Menschen, nicht für Lobbys
Für die Präsidentin des VÖWG, Renate Brauner, birgt TTIP in der derzeit diskutierten Variante mehr Risiken als Chancen und gefährdet die kommunale Daseinsvorsorge. Wichtige Aufgaben, die jetzt Städte und Gemeinden als lokaler Partner der Bevölkerung wahrnehmen, wie z.B. die Wasserversorgung, könnten durch die Hintertür privatisiert werden. „Deshalb müssen wir TTIP verändern. Wir brauchen Abkommen für die Menschen, nicht für die Lobbys„, so Brauner in ihrer Eröffnungsrede. Sie fordert entschieden, dass die Betroffenen und ihre Vertretungen in den Ländern, Städten und Gemeinden transparent mit einbezogen werden müssen. „Es muss klar sein: Wir wollen keine weiteren Privatisierungen im öffentlichen Bereich." Denn die sichere Grundversorgung mit öffentlichen Gütern und Leistungen ist ein wichtiger Beitrag zur hohen Qualität des Wirtschaftsstandortes, zur Exportstärke Österreichs und damit zum Handel.
Transatlantischer Einsatz für ArbeiternehmerInnenrechte
Im Laufe der zweistündigen Diskussionsrunde wurde deutlich, dass die Kritikpunkte auf beiden Kontinenten große Ähnlichkeiten aufweisen: So betonte die US–amerikanische Gewerkschafterin Celeste Drake (American Federation of Labor and Congress of Industrial Organizations) die ernüchternden Erfahrungen mit dem seit den 1990ern geltenden Handelsabkommen zwischen Mexiko, USA und Kanada (MAFTA): Anstelle des angekündigten Jobwunders seien vor allem negative Effekte für ArbeitnehmerInnen zu beobachten – stagnierende Löhne, zunehmende Ungleichgewichte, weniger Einfluss der Gewerkschaften inbegriffen. Vor diesem Hintergrund müssten auch die im Vorfeld geschürten Erwartungen an TTIP sehr skeptisch beurteilt werden. „Um andere Ergebnisse zu erreichen, brauchen wir andere Regelungen„, so Drake.
Auch AK–Präsident Rudi Kaske hat Bedenken in Hinblick auf die derzeitigen TTIP–Verhandlungen. So könnte das Freihandelsabkommen Arbeitsplätze kosten und Lohnsenkungen nach sich ziehen. Internationale Mindestarbeitsrechte müssen nach derzeitigem Stand nicht eingehalten werden. Die geplante Angleichung von Regulierungsunterschieden könnte auch eine Absenkung von europäischen Verbraucher–, Umwelt– und ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen bedeuten. Durch das Investor–Staat–Streitbeilegungsverfahren (ISDS) könnten Österreich hohe Entschädigungszahlungen drohen, wenn neue Regulierungen etwa im Sozial–, Umwelt– oder Gesundheitsbereich die erwarteten Gewinne der Investoren schmälern würden.
Für die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten – Kunst, Medien, Sport, freie Berufe schlägt Thomas Kattnig, Internationaler Sekretär und Mitglied des Europäischen Wirtschafts– und Sozialausschuss, in dieselbe Kerbe: „Durch Investitionsschutzklauseln und Investor–Staat–Streitbeilegungsverfahren würden Privatisierungen praktisch unumkehrbar und Rekommunalisierungen verhindert werden. Dieser Mechanismus muss unbedingt aus dem Abkommen gestrichen werden.„ In der öffentlichen Debatte gibt es bereits ein Problembewusstsein gegen ISDS. Doch der Fokus muss auf die generelle Absicherung der Daseinsvorsorge gelenkt werden, ein für die Gewerkschaft wesentlicher Punkt: „Die Leistungen der Daseinsvorsorge müssen effektiv aus dem Abkommen ausgenommen werden„, so Kattnig.
Massive Kritik am Investor–Staat–Streitbeilegungsverfahren
Ergänzend dazu schilderte Hadrian Mertins–Kirkwood vom Canadian Centre for Policy Alternatives die kanadischen Erfahrungen mit bestehenden Abkommen. Der Schock der globalen Finanzkrise 2008 sei scheinbar in Vergessenheit geraten. Die Begeisterung zahlreicher Regierungen für tiefgreifende Handels– und Investitionsabkommen habe ein Ausmaß erreicht wie zuletzt Mitte der 1990er. Beispielsweise sei nicht zuletzt aufgrund einer Reihe fragwürdiger Klagen im Rahmen von Investor–Staat–Streitbeilegungsverfahren bereits eine vorauseilende Einschränkung des politischen Entscheidungsspielraumes zu spüren. Man denke nur an die kostspielige Verurteilung Kanadas aufgrund eines zeitlich befristeten Fracking Moratoriums der Provinz Quebec. Kritik an den Investorenschutz–Schiedsgerichten äußert auch der Österreichische Städtebund: Die Investorenschutzregelungen müssen überarbeitet werden. Andernfalls müssten Kommunen mit hohen Schadenersatzansprüchen von Investoren rechnen. „Die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit müssen auch in Streitfällen gelten„, sagt Thomas Weninger, Generalsekretär des Städtebundes.
Vorrang für kommunale Daseinsvorsorge
Eine Einschätzung, die der deutsche Handelsexperte Thomas Fritz von der NGO PowerShift mit Hinweis auf seine kürzlich veröffentliche Studie „TTIP vor Ort„ auch für die kommunale Ebene weiterentwickelte: Da keine grundsätzliche Ausnahme für öffentliche Daseinsvorsorgeleistungen im Rahmen der TTIP–Verhandlungen bestünde, sei mit weiterem Druck zu Liberalisierung und Privatisierung zu rechnen. Die kolportierten Schutzklauseln seien löchrig und nicht effektiv. Zudem bleibe auch der Einsatz sogenannter Stillstandsvereinbarungen eine reale Gefahr. Mittels derartiger Vereinbarungen würde die Umkehrung vergangener Liberalisierungen angreifbar und der Trend zu Rekommunalisierung in Frage gestellt.
Für die Geschäftsführerin des VÖWG, Heidrun Maier–de Kruijff, können sich Daseinsvorsorge und Freihandel – wie schon bisher – sinnvoll ergänzen. Sie erinnert, dass infrastrukturelle Voraussetzungen wie in der Forschung, im Bildungssektor, im Sozialbereich, bei den digitalen Netzen, am Energiesektor oder im Verkehrswesen eine Grundlage für die österreichischen Exporte bilden. Insofern stehen lokale und regionale Daseinsvorsorge am Beginn der weltweiten Wertschöpfungskette.
Kommunale Daseinsvorsorge – so Thomas Weninger vom Städtebund – soll vom Freihandelsabkommen mit den USA und allen weiteren Handelsabkommen explizit ausgeschlossen werden. Dies bezieht sich insbesondere auf die Bereiche wie die öffentliche Wasserver– und Abwasserentsorgung, Abfall und öffentlicher Nahverkehr, soziale Dienstleistungen und die Leistungen öffentlicher Daseinsvorsorge im Kulturbereich. Der Österreichische Städtebund fordert daher, dass „die Verhandlungen offengelegt werden und in die Berichte über den Verhandlungsprozess eingesehen werden darf„.