Atomkraft: Den Wunderreaktor gibt es nicht
Keine nennenswerten Fortschritt im Bereich Atomenergie
Zürich- Während der Schweizer Bundesrat über ein Comeback der Atomenergie in der Schweiz diskutiert, entlarvt eine neue Recherche von Greenpeace Schweiz die falschen Behauptungen in der aktuellen Debatte. Trotz grosser Marketinganstrengungen hat es in den letzten Jahren keine nennenswerten Fortschritte im Bereich der Atomenergie gegeben. Hingegen explodieren die Baukosten von neuen Reaktoren und die Errichtung dauert fast zwei Jahrzehnte, was diese Technologie im Kampf gegen die Klimakrise zur schlechtesten aller Lösungen macht. Atomkraft hat keine Zukunft. Das gilt auch für Projekte, die als innovativ beschrieben werden, wie zum Beispiel die des Genfer Start-up-Unternehmens Transmutex.
Die neue Recherche von Greenpeace Schweiz fasst den aktuellen Stand der Atomtechnologie zusammen. Derzeit ist keiner der auf dem Markt erhältlichen Reaktoren in der Lage, die Energieunabhängigkeit unseres Landes rasch zu erhöhen. Der Bau von Atomkraftwerken der neuesten Generation in Europa und den USA ist mit notorischen Verzögerungen und exorbitanten Mehrkosten verbunden. Darüber hinaus sind Atomkraftwerke mit dem Problem der schwindenden Uranressourcen konfrontiert und es wurde bislang keine befriedigende Lösung für eine Langzeitlagerung hochradioaktiver Abfälle präsentiert.
Die Atomkraftwerke Olkiluoto (Finnland) und Flamanville (Frankreich), deren Bau 18 bzw. 17 Jahre gedauert hat, verdeutlichen, dass in Europa mindestens 15 bis 20 Jahre vergehen, bis ein neuer Reaktor steht. Bei diesem Tempo sind die derzeit in Frankreich und Grossbritannien geplanten Atomkraftwerke nicht in der Lage, das Energiesystem in einer Weise zu dekarbonisieren, die mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens im Einklang steht. Die Kosten der derzeit in Europa geplanten neuen Atomanlagen haben sich bei der Projektentwicklung verdoppelt oder sogar verdreifacht.
Angesichts der fehlenden Rentabilität herkömmlicher Kraftwerke verkaufen einige Atomkraftbefürworter Wunschvorstellungen. Sie versprechen «neue» Reaktortypen wie kleine modulare Reaktoren (Small Modular Reactors SMR), die Verwendung von Thorium oder die Kombination mit einem Teilchenbeschleuniger (ein Projekt, das in der Schweiz vom Start-up-Unternehmen Transmutex vorangetrieben wird). Diese Technologien sind alles andere als innovativ. Sie sind eine Wiederholung Jahrzehnte alter Konzepte, die sich nie am Markt etablieren konnten – entweder aus Gründen der Wirtschaftlichkeit oder weil sie vor unlösbaren technischen Herausforderungen stehen. Darüber hinaus bergen sie neue Risiken und verursachen neue Abhängigkeiten, die von den Atombefürworter:innen geflissentlich unter den Teppich gekehrt werden. «Das Konzept von Transmutex basiert auf einem Reaktor des russischen Atomriesen Rosatom», nennt Nathan Solothurnmann, Experte für Energiefragen bei Greenpeace Schweiz, ein Beispiel.
«Anstatt Zeit und Geld für eine veraltete Technologie zu verschwenden, sollte der Bundesrat dafür sorgen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien in unserem Land schnell vorangeht», fügt Nathan Solothurnmann hinzu. «Dies ist die beste Option, um die Versorgungssicherheit in unserem Land zu sichern und entspricht dem Willen des Volkes. Die Abstimmungen über den Atomausstieg 2017 und über das Stromgesetz in diesem Jahr zeigen, dass die Bevölkerung einen schnellen Übergang zu 100 Prozent erneuerbarer Energien wünscht.»
FACTSHEET ATOMKRAFT
Verwandte Artikel:
- Greenpeace-Analyse: Über 470 Gemeinden zukünftig von Wasserknappheit bedroht
- Plastik: eine entscheidende Woche für ein ehrgeiziges UN-Abkommen
- Nachhaltigkeit: Schweizer Städte berücksichtigen ökologischen Fussabdruck der Ernährung zu wenig
- AKW Beznau ist nicht erdbebensicher: AnwohnerInnen ziehen vor Bundesverwaltungsgericht
- Schweiz: Stromeffizienz-Initiative wird zurückgezogen
- ZEIGE ALLE BERICHTE ZU DIESEM THEMA
_____
Weitere Infos: Greenpeace Schweiz
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /