MENA-Region könnte der EU klimaneutrale Kraftstoffe liefern
Die Europäische Union (EU) möchte im Rahmen des EU-Klimaschutzpakets, das auch als „Fit For 55“ bekannt ist, den Klimawandel bekämpfen.
Es handelt sich um eine Reihe von Maßnahmen, die darauf abzielen, die Treibhausgasemissionen der EU bis 2030 um 55 Prozent gegenüber den Werten von 1990 zu reduzieren. Das Paket enthält eine breite Palette von Vorschlägen, darunter die Förderung erneuerbarer Energien und die Anpassung des Verkehrssektors. Ziel ist es, Europa auf einen nachhaltigeren und klimafreundlicheren Pfad zu bringen.
Eine Studie des Deutsche Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), des Wuppertal Instituts und des Instituts für Zukunftsenergie und Stoffstromsysteme (IZES), die im Rahmen der Forschungsinitiative „Energiewende im Verkehr“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWK) durchgeführt wurde, hat nun untersucht, ob die MENA Region (Middle East and North Africa) beim Erreichen dieser Ziele helfen könnte.
Produktion von Wasserstoff und E-Fuels in der MENA-Region
Das Ziel der Studie war zu analysieren, ob die Länder des Nahen Ostens und Nordafrikas gute Voraussetzungen für eine kosteneffiziente Produktion von E-Fuels und Wasserstoff besitzen. Dazu haben die Forscher die 17 Länder in viele kleine Fläche unterteilt, die anschließend hochauflösend untersucht werden.
Die Berechnungsmethode der Studie berücksichtigt die gesamte Produktion. „Zum ersten Mal liegt uns damit eine umfangreiche Analyse über die gesamte Produktionskette für synthetische Kraftstoffe (E-Fuels) und Wasserstoff inklusive der Speicher vor - als Grundlage für weitere Forschungsarbeiten, aber auch als Informationsquelle und Basis für Entscheiderinnen und Entscheider in Industrie und Politik“, sagte Jürgen Kern vom DLR-Institut für Vernetzte Energiesysteme.
Neben den ökonomischen und technologischen Faktoren haben die Forscher auch die jeweiligen Länderrisiken, also etwa Terrorismus oder eine instabile Regierung, in ihrem Modell bewertet.
400.000 Terawattstunden Kapazität pro Jahr
Die Analyse offenbart, dass die MENA-Region über 400.000 Terawattstunden elektrische Energie aus erneuerbaren Quellen jährlich erzeugen könnte. Ein Großteil dieses enormen Potenzials geht auf die Solarenergie (Photovoltaik) sowie die Solarthermie mit Strahlungsbündelung (Concentrated Solar Power) zurück.
Das Potenzial für die Produktion von Wasserstoff und synthetischen Brennstoffen ist also immens. In der Lage zu sein, E-Kraftstoffe in Mengen zu erzeugen, die die Anforderungen Deutschlands mehrfach erfüllen könnten, stellt die Region in ein beeindruckendes Licht. Es ist wichtig zu betonen, dass in diese Projektion bereits der Eigenverbrauch der Länder an erneuerbaren Energien einberechnet wurde. Unter Berücksichtigung der kostengünstigsten Produktionsstandorte könnten die Kosten für die Herstellung von synthetischem Kraftstoff bis 2030 zwischen 1,92 und 2,65 Euro pro Liter liegen und bis 2050 auf einen Betrag zwischen 1,22 und 1,65 Euro sinken.
Exportpotenzial ist abhängig vom Investitionsumfeld
Die Studie verdeutlicht, dass bei der Beurteilung potenzieller Exportkapazitäten nicht ausschließlich die Produktionskosten von Bedeutung sind, sondern auch das Investitionsklima eine entscheidende Rolle spielt. Im Unterschied zu vorherigen Studien wurden hier erstmals spezifische Risiken der einzelnen Länder berücksichtigt und in die Kosten-Nutzen-Analyse integriert. Dadurch konnten die Forscher nachweisen, dass solche Risiken einen erheblichen Einfluss auf die letztendlichen Gesamtkosten von Wasserstoff und seinen Derivaten haben und somit die Wahl potenzieller Exportländer maßgeblich beeinflussen.
„Unabhängig von den reinen Kostengrößen spielt die Planungssicherheit für Investoren eine zentrale Rolle. Es kommt daher darauf an, dass langfristige stabile politische Rahmenbedingungen für einen Markt von grünem Wasserstoff sowie synthetischen Folgeprodukten geschaffen werden. Gleichzeitig spielen politische Stabilität und Investitionsrahmenbedingungen in den potenziellen Produzentenländern der MENA-Region eine entscheidende Rolle“, so Dr. Peter Viebahn vom Wuppertal Institut.
Weitere Studie mit ähnlichen Ergebnissen
Eine komplementäre Analyse des IZES, die auf einem globalen Handelsmodell basiert und eine Reihe weiterer Länder außerhalb der MENA-Region berücksichtigt, gelangt zu ähnlichen Schlussfolgerungen. Laut Juri Horst, dem Projektleiter am IZES, zeigt das Handelsmodell auf, dass die MENA-Länder trotz niedriger Herstellungskosten und hohem Exportpotenzial nur dann für Deutschland oder die EU attraktiv würden, wenn die Kapitalkosten, die stark von den anzusetzenden Zinssätzen abhängen, auf ein für Investoren akzeptables Niveau sinken. Dieses Niveau müsste darüber hinaus deutliche Wettbewerbsvorteile bieten. Sollte dies nicht der Fall sein, könnte es aus Kostensicht vorteilhafter für die EU sein, weitgehend auf Eigenversorgung zu setzen oder, bei globaler Verfügbarkeit, Handelspartnerschaften mit Ländern in Amerika und Ozeanien zu vertiefen.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /