©  Isay Weinfeld und Sebastian Murr / nightnurse images, Züric
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Heumarkt: EuGH schützt UNESCO Weltkulturerbe und fordert mehr Umweltverträglichkeit bei Bauprojekten

Richtungsweisendes Urteil des EuGH zum umstrittenen Bauprojekt stellt Weichen für eine nachhaltige Immobilienwirtschaft

Zukünftig müssen in Österreich nicht nur Stadtteile, sondern auch einzelne Bauprojekte, die ihrem Wesen nach "städtisch" sind, einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterzogen werden, dies bevor andere Genehmigungen - darunter insb. Baubewilligung - erteilt werden. Die Baubewilligung für das umstrittene Projekt am Heumarkt, für das bislang keine UVP durchgeführt wurde, rückt daher in weite Ferne. Für das Projekt muss nämlich zunächst eine Einzelfallprüfung zur Beurteilung der UVP-Pflicht durchgeführt werden. Damit ist auch die Gefahr, dass das "Historische Zentrum von Wien" von der Liste des UNESCO-Welterbes gestrichen wird, zumindest vorerst abgewendet.

"Das heutige EuGH-Urteil ist ein lange erkämpfter Erfolg für meine Mandantin, die Umweltorganisation "Alliance For Nature", die schon seit Jahren für die UVP-Pflicht des Projekts am Heumarkt kämpft, für andere unterstützende Personen und Vereine, darunter insb. die "Initiative Stadtbildschutz". Sie alle kämpfen schon seit Jahren für die UVP-Pflicht des Projekts am Heumarkt. Und es ist ein großer Erfolg für die gesamte Gesellschaft. Dass bei Bauprojekten nicht nur die technische Sicherheit oder die Flächenwidmung, sondern auch deren Auswirkungen auf die Umwelt, zu der auch das Weltkulturerbe gehört, mitberücksichtigt werden müssen, galt bislang in Österreich nur für die Errichtung neuer Stadtteile, nicht aber für einzelne Gebäude als "Städtebauprojekte". Diese wurden bisher in der Regel lediglich in einem Baubewilligungsverfahren geprüft, in dem aber keine Umweltauswirkungen wie z.B. Beeinträchtigung von Luftschneisen oder der Welterbestätten zu berücksichtigen sind. Die heutige Entscheidung in Luxemburg hat dieser Praxis ein Ende gesetzt" so Rechtsanwalt Dr. Piotr Pyka, Rechtsvertreter der "Alliance For Nature" vor dem EuGH und Gründer der auf Immobilien- und Umweltrecht spezialisierten Kanzlei "immoclimate.legal".

Neben einzelnen Gebäuden sollen laut EuGH zukünftig auch die Umgestaltung bestehender baulicher Anlagen als "Städtebauprojekt" gelten und somit einer UVP unterzogen werden können.

"Vor dem Hintergrund der heutigen Entscheidung des EuGH sind auch Teile der UVP-Novelle 2023 unionsrechtswidrig" - so Dr. Pyka.

"Gemeinsam mit NGOs wie "Alliance For Nature" unter Generalsekretär Prof. DI Schuhböck oder die "Initiative Stadtbildschutz" führen in ganz Österreich engagierte Menschen seit Jahren einen Kampf für die Prüfung auf Umweltverträglichkeit verschiedener Bauprojekte. Es geht hier letztendlich darum, sich bereits am Anfang der Projektentwicklung Gedanken über die Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt zu machen und nicht im Nachhinein Schäden zu bekämpfen." so Pyka, der den Ausgang des Verfahrens auch als einen längst überfälligen Weckruf an den österreichischen Gesetzgeber ansieht. "Bei einzelnen großdimensionierten Bauprojekten, die ihrem Wesen nach ´städtisch' sind, z.B. Hochhäuser, Wohn- bzw. Geschäftsbauten, Lagerhallen, U-Bahn-Linien etc., müssen zukünftig wesentliche Auswirkungen auf die Umwelt, d.h. die Gesundheit, Landschaft, Bodenverbrauch oder eben Welterbestätten etc. identifiziert, beschrieben und bewertet werden! Mit der heutigen Entscheidung des EuGH wurde ein Meilenstein für die nachhaltige Bauwirtschaft in Österreich gelegt. Es ist kein Rückschlag, sondern eine Chance für die Immobilienwirtschaft, sich den Umweltaspekten von Bauprojekten verstärkt zu widmen und so zu mehr Nachhaltigkeit in der Branche beizutragen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Gesetzgeber in Österreich dieses Urteil des EuGH im Sinne der Rechtssicherheit für alle Beteiligten auch richtig umsetzt!" so Pyka.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /