© djedj auf pixabay.com
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Deutsches LNG-Beschleunigungsgesetz: Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums überhastet und fachlich fehlerhaft

DUH: Bundeswirtschaftsministerium nimmt Mukran auf Rügen trotz anhaltendem Protest als weiteren LNG-Standort in das LNG-Beschleunigungsgesetz auf

Berlin - Den Gesetzesentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zur erneuten Erweiterung des LNG-Beschleunigungsgesetzes kritisiert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) als überhastet und mangelhaft. Wichtigste Änderung im aktuellen Entwurf: Der Standort Mukran auf der deutschen Ostseeinsel Rügen soll in die Liste der geplanten LNG-Terminals aufgenommen werden. Damit soll unter anderem die gesetzlich vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung für das Terminal entfallen und die Öffentlichkeitsbeteiligung stark eingeschränkt werden. Eine nachvollziehbare energiepolitische Begründung für das neue LNG-Terminal fehlt genauso wie ein Hinweis auf die zusätzlichen Kosten für den Bau des Terminals, die sich auf mehr als 1,5 Milliarden Euro belaufen. Der Umwelt- und Verbraucherschutzverband kritisiert außerdem die zu kurze Frist zur Kommentierung, die eine effektive Beteiligung praktisch unmöglich mache. Den Umweltverbänden wurde anders als üblich eine Frist von deutlich weniger als 24 Stunden gesetzt. Die DUH fordert Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck dazu auf, den Gesetzentwurf zurückziehen und den Bedarf für ein weiteres LNG-Terminal transparent darzulegen.

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Vor wenigen Wochen hat Klimaminister Habeck den Menschen auf Rügen und den Naturschutzverbänden noch einen Dialog versprochen. Angesichts weniger Stunden zur Stellungnahme fällt dieser nun wohl aus. Offenbar sind fachliche Bedenken nicht mehr gefragt und der Minister möchte das LNG-Terminal auf Rügen nun doch mit der Brechstrange durchsetzen. Hat man im Wirtschaftsministerium nichts gelernt aus dem Wärmepumpen-Desaster? Der mangelhaften Qualität des Gesetzentwurfs merkt man die Eile auf jeden Fall an. Teilweise finden sich sogar sachliche Fehler in der Begründung. So zum Beispiel die Behauptung, dass immer noch Gas ausgespeichert werden würde. Das Gegenteil ist richtig, schon seit einigen Wochen füllen sich die Speicher wieder. Eine nachvollziehbare Begründung für den energiepolitischen Bedarf eines weiteren LNG-Terminals fehlt völlig. Kein Wunder: Selbst ein vom Ministerium selbst beauftragtes Gutachten des Wirtschaftsforschungsinstitutes EWI ist zu dem Ergebnis gekommen, dass aktuell massive Überkapazitäten geplant werden. Hier bleibt nur ein weiterer dringender Appell: Herr Habeck, nehmen Sie diesen Gesetzentwurf wieder zurück!“

Mit dem jetzigen Entwurf des Beschleunigungsgesetztes übergehe das BMWK außerdem die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern, so die DUH. Das Bundesland wollte eine Standort-Entscheidung erst treffen, wenn der energiepolitische Bedarf vom BMWK dargelegt und eine Überprüfung der verschiedenen Standort-Optionen durchgeführt wurde.

Neben der Aufnahme des Standorts Mukran enthält der Gesetzentwurf als weitere wesentliche Änderung neue Vorgaben zur Umrüstung von LNG-Terminals auf Ammoniak. So sollen die Terminals nicht nur mit Wasserstoff, sondern ab dem 1. Januar 2044 auch mit Ammoniak weiterbetrieben werden können. Die Vorgaben dafür bleiben jedoch vage. Konkrete technische Regelwerke werden nicht genannt. Da ein klares Bekenntnis zu grünem Ammoniak aus Erneuerbaren Energien fehlt, kann auch konventioneller Ammoniak aus Erdgas über das Jahr 2044 hinaus importiert werden.

Constantin Zerger, DUH-Leiter Energie und Klimaschutz: „Mit diesem Gesetzentwurf entlarven sich Ministerium und Klimaminister Habeck. Die spätere Nachnutzung der Terminals mit Wasserstoff war nichts als ein leeres Versprechen und eine Beruhigungspille für die Öffentlichkeit. Jetzt wird plötzlich Ammoniak als weiterer Energieträger ins Spiel gebracht. Nicht einmal auf grünen Ammoniak aus Erneuerbaren Energien will man sich festlegen. Diese Gesetzesänderung ist ein Trojanisches Pferd, das zunächst den Neubau fossiler LNG-Terminals ermöglicht und dann ihre spätere Nachnutzung für Erneuerbare bestenfalls im Unklaren lässt. Dass die zusätzlichen Milliardenkosten für den Bau des LNG-Terminals vor Rügen unerwähnt bleiben, ist dabei der Gipfel der Intransparenz. Sollte dieser Gesetzentwurf durchkommen, muss er im Bundestag sofort gestoppt werden.“

Hintergrund:

Ein Rechtsgutachten im Auftrag der DUH, das bereits im April veröffentlicht wurde, hat erhebliche europarechtliche Zweifel am LNG-Beschleunigungsgesetz festgestellt. Zudem bemängelte das Gutachten den fehlenden energiepolitischen Bedarf für die weitere Beschleunigung des LNG-Ausbaus. Basierend auf diesem Gutachten hat die DUH eine Stellungnahme zum Entwurf das LNG-Beschleunigungsgesetz eingereicht.


DUH_Stellungnahme_LNGG.pdf


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /