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Europäische Bürgerinitiative fordert konstruktive Verhandlungen zum Thema Pestizidreduktion

Analyse: Postfaktische Rhetorik zur Diskreditierung der EU-Pestizidreduktionspläne

Brüssel/Wien - Seit über einem Jahr wird ein wesentlicher Teil der Farm to Fork-Strategie der EU Kommission blockiert. Das darin enthaltene Ziel, den Pestizideinsatz bis 2030 um 50% zu reduzieren, wird von Teilen des Rates und des Europäischen Parlaments heftig angegriffen. Anlässlich der Plenardebatte des Europäischen Parlaments über die erfolgreiche Europäische Bürgerinitiative (EBI) “Bienen und Bauern retten” veröffentlichen die Organisator:innen der Initiative einen Faktencheck zu mehreren aktuellen politischen Behauptungen über den Gesetzesvorschlag für einen nachhaltigen Einsatz von Pestiziden (SUR), der die EU-Pestizidreduktionsziele für alle Mitgliedstaaten bindend machen soll.
Der Faktencheck zeigt, dass die Attacken auf die EU-Pestizidreduktionsziele, die überwiegend aus dem politischen Spektrum rechts der Mitte kommen, mit irreführenden und falschen Behauptungen, meist ohne Angabe von Belegen, geführt werden. “Mit der Verweigerung eines sachlichen politischen Diskurses dienen die gewählten Volksvertreter:innen den Interessen eines rückwärtsgewandten industriellen Landwirtschaftsmodells und nicht den Menschen, die eine intakte Umwelt, ein gesundes Leben und eine zukunftsfähige Landwirtschaft wünschen”, kritisiert Helmut Burtscher-Schaden, Pestizidexperte bei GLOBAL 2000.

Der Fakten Check

Gegenstand des Faktenchecks sind insgesamt neun Redebeiträge von Gegnern der SUR anlässlich der Präsentation des SUR-Vorschlags von Sarah Wiener, der SUR-Berichterstatterin im Europaparlament. Sechs dieser systematisch untersuchten Redebeiträge kamen von Vertreter:innen der Europäischen Volkspartei, zwei weitere von Europäischen Konservativen und Reformern und einer von der Fraktion Identität und Demokratie.
Die Top-5 der am häufigsten zitierten und durch den Faktencheck entkräfteten Argumente gegen die Pestizidreduktion der SUR waren:

1. Die (vermeintliche) Gefährdung der Ernährungssicherheit (14 Nennungen);
2. Zweifel an den ökologischen Vorteilen (9 Nennungen);
3. Ablehnung von Maßnahmen in sensiblen Gebieten (8 Nennungen);
4. Warnungen vor höheren Lebensmittelpreisen (6 Nennungen);
5. Abhängigkeit von Lebensmittelimporten (5 Nennungen).

Der Faktencheck zeigt, dass in der großen Mehrzahl der Fälle die Abgeordneten gar nicht versuchten, ihre in den Raum gestellten Behauptungen durch Fakten zu stützen. In jenen Fällen, in denen das doch geschah, hielten die zitierten Quellen einem Faktencheck nicht stand, da sie entweder selektiv, irreführend oder falsch zitiert wurden.
Pestizidexperte Burtscher-Schaden, der auch einer der Initiatoren der EBI ist, sagt: "Mit den Taktiken einer postfaktischen Politik haben einige rechte Politiker und Konservative die entscheidende politische Debatte über den Schutz der biologischen Vielfalt und die künftige Ernährungssicherheit auf einen neuen Tiefpunkt geführt. In Anbetracht der Tatsache, dass die internationale Gemeinschaft im Dezember 2022 auf der COP15 in Montreal die Schwere des Zusammenbruchs der biologischen Vielfalt anerkannt hat, und eine Reduktion des Risikos von Pestiziden für unabdingbar hält, ist dies eine gefährliche und verantwortungslose Politik."

Die Menschen erwarten und verdienen es, dass Politiker ihre Entscheidungen verantwortungsvoll und in Anerkennung der wissenschaftlichen Fakten treffen. In diesem Sinne appelliert GLOBAL 2000 gemeinsam mit anderen Organisator:innen der EBI an alle Politiker:innen im Europaparlament, in konstruktive Verhandlungen einzutreten, im Interesse der Umwelt, der Gesundheit und einer zukunftsfähigen Landwirtschaft.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /