© Universität Wien /  Assoz. Prof. Mag. Dr. Franz Essl
© Universität Wien / Assoz. Prof. Mag. Dr. Franz Essl

Ökologe Franz Essl ist Wissenschafter des Jahres 2022

Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalist:innen weist auf den Stellenwert professioneller Wissenschaftsvermittlung hin.

Der Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalist:innen zeichnet den Ökologen Franz Essl als "Wissenschafter des Jahres 2022" aus.

Franz Essl lehrt und forscht am Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien. Er gilt als international führender Experte in der Neobiota-Forschung. Essl ist im Leitungsteam des österreichischen Biodiversitätsrats tätig und setzt sich breitenwirksam für Maßnahmen gegen den Artenverlust ein. Als Spezialist für eingewanderte Arten hat er Bücher wie "Biodiversität & Klimawandel", "Aliens - Neobiota & Klimawandel" und "Endemiten" veröffentlicht.

Geboren 1973 in Linz, war Essl, wie er in Interviews erzählt, früh klar, dass seine berufliche Zukunft im Bereich Umweltforschung und Umweltschutz liegt. Er begann 1991 das Studium der Biologie an der Universität Wien. Seine Diplomarbeit (1997) und seine Dissertation (2002) machte er beim Botaniker Georg Grabherr, dem kürzlich verstorbenen "Wissenschafter des Jahres 2012". Neben der Wissenschaft engagierte sich Essl stets auch für den Naturschutz, und so arbeitete er mehrere Jahre beim Umweltdachverband und beim Umweltbundesamt als Projektmanager und Forscher. Im Jahr 2009 legte Essl einen Zwischenstopp an der University of Lincoln in Neuseeland ein, seither ist er fest an der Universität Wien etabliert. Er veröffentlicht seine Forschungsergebnisse regelmäßig in Top-Zeitschriften und zählt zu den meistzitierten Forschern Österreichs.

Auszeichnung für verständliche Kommunikation von Fakten

Die Auszeichnung "Wissenschafterin bzw. Wissenschafter des Jahres" verleiht der Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalist:innen - dem Vereinszweck folgend - nicht nur für exzellente Forschung, sondern insbesondere auch für das Bemühen von Forschenden, ihre Arbeit einer großen Öffentlichkeit verständlich zu machen. Die Ehrung geht an Forschende, die sich um die anschauliche Verbreitung von wissenschaftlich fundierten Fakten verdient machen.

Wie jedes Jahr hatten die Mitglieder des Klubs der Bildungs- und Wissenschaftsjournalist:innen auch heuer die Qual der Wahl, aus einer hochkarätigen Vorschlagsliste den oder die Preisträger:in auszuwählen. Nachdem der Preis zuletzt zwei Mal in Serie an Forschende aus dem Bereich der Corona-Pandemie gegangen war, machte nun der Umweltschutz das Rennen.

"In einer demokratischen Gesellschaft halte ich es für unabdingbar, wissenschaftliche Erkenntnisse zu wichtigen Fragen verständlich und anschaulich in die Gesellschaft zu tragen. Mit der Öffentlichkeit zu diskutieren ist auch ein wichtiger Beitrag, um die Wissenschaftsskepsis abzubauen", erklärt Franz Essl.

Eine verständliche Vermittlung von wissenschaftlichen Ergebnissen ist heute wichtiger denn je. Denn in Österreich herrscht ein Desinteresse an den Wissenschaften, das sich bis zur Wissenschaftsfeindlichkeit steigert, wie zwei kürzlich erschienene Untersuchungen belegen.

Skepsis und Desinteresse an Wissenschaft wachsen

Erste Ergebnisse einer vom Bildungsministerium beauftragten Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) über Ursachen von Wissenschafts- und Demokratieskepsis zeigen, dass das Desinteresse an Wissenschaft noch ausgeprägter sein dürfte als die Wissenschaftsskepsis. Eher zur Skepsis neigen demnach Personen mit geringer Zufriedenheit mit der Demokratie und ihrer ökonomischen Lage sowie Personen mit geringerer Bildung.

Rund ein Drittel der österreichischen Bevölkerung vertraut Wissenschaft kaum, berichtet wiederum die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Laut dem "Wissenschaftsbarometer" der ÖAW macht sich auch unter Gutverdienenden mit hoher Schulbildung Skepsis breit.

"Wenn ich Menschen für Wissenschaft begeistern will, dann reicht es nicht, abstrakt davon zu reden, wie wichtig das wäre, sondern ich brauche Rollenmodelle", bekräftigte Nobelpreisträger Anton Zeilinger (Wissenschafter des Jahres 1996) kürzlich in einem Zeitungsinterview. Der Klub der Bildungs- und Wisseschaftsjournalist:innen zeichnet Franz Essl auch für seine Funktion als "role model" aus. So hat Essl eine Ringvorlesung mit Fridays for Future organisiert, geht mit Forschungsergebnissen flott an die Öffentlichkeit und macht klar, wie sich unsere Welt durch die Handlungen des Menschen verändert.

Fundierter, ausgewogener Wissenschaftsjournalismus ist wichtig

Fachpublikationen vermitteln sich einer Allgemeinheit nicht von selbst. Forscher:innen und Journalist:innen sind unter anderem auch ein Team, dem es darum geht, komplexe Inhalte in einfachen Worten, aber nicht sinnentstellend, darzulegen.

Der Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalist:innen nimmt auch die heuer bereits 29. Ehrung zum Anlass, um auf den Stellenwert der Vermittlung wissenschaftlicher Fakten durch fundierten, ausgewogenen Bildungs- und Wissenschaftsjournalismus aufmerksam zu machen. "Unsere Gesellschaft ist mit Zukunftsfragen konfrontiert, die breit diskutiert werden müssen. Die Bedeutung, die JournalistInnen und Medien dabei zukommt, kann gar nicht überschätzt werden, und daher ist ein Mehr an hochwertigen Wissenschaftsjournalismus extrem wichtig", sagt Franz Essl.

Das ist angesichts zahlreicher großer Fragestellungen der Gegenwart wichtiger denn je. Jedoch trägt der derzeitige Entwurf zur Neuordnung der Medienförderung (Qualitäts-Journalismus-Förderungs-Gesetz, QJF-G) der Situation nicht Rechnung. Anders als Berichte über "Politik, Wirtschaft Gesellschaft, Kultur, sowie Sport" zählen in dem Entwurf Berichte über Wissenschaft nicht zu den "Universalkriterien" für Medienförderung.

Derzeit werden wissenschaftliche Inhalte in heimischen Medien von im Vergleich zu anderen Ressorts zahlenmäßig kleinen redaktionellen Teams in die Öffentlichkeit gebracht. Der Klub engagiert sich daher seit Jahren dafür, Wissenschaftsjournalismus als Kategorie für Presseförderung zu verankern.

Wissenschaft hier auszunehmen, ist letztlich auch ein Affront gegenüber führenden Forschungsinstitutionen. Zu den namhaften Unterstützern unseres Engagements zählen: Österreichische Universitätenkonferenz, Österreichische Fachhochschulkonferenz, Konferenz der Privatuniversitäten, Akademie der Wissenschaften, Wissenschaftsfonds, Forschungsrat, Wiener Wissenschafts- und Technologiefonds, Ludwig Boltzmann Gesellschaft, Institute of Science and Technology Austria und Complexity Science Hub Vienna: All diese renommierten Organisationen haben den Gesetzesentwurf in der Begutachtung beeinsprucht.

Einer der Zukunft zugewandten Republik steht es gut an, das wichtige Wort "Wissenschaft" den Universalkriterien für Medienförderung hinzuzufügen sowie den Berufsstand mit einer Journalismus-Förderung nach dem Vorbild der vorhandenen Förderung für Auslandskorrespondenten zu unterstützen.

Der Vorstand des Klubs der Bildungs- und Wissenschaftsjournalist:innen:

Eva Stanzl (Vorsitzende) Martin Kugler, Veronika Schmidt (Stellvertretende) Verena Ahne (Kassierin), Oliver Lehmann, Peter Illetschko, Alice Senarclens de Grancy, Tanja Traxler.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /