© Anna Kranz / Distelfalter
© Anna Kranz / Distelfalter

Seltener Schmetterling 2022 wieder ein Massenphänomen?

Aus dem Augenwinkel ist er nur noch als orange-weiß-schwarzer Fleck wahrzunehmen, dann ist er auch schon wieder weg.

Der Blick schweift über die üppig blühende Wiese, doch er bleibt verschwunden, ehe er nach kurzer Zeit doch noch beim Nektarsaugen entdeckt werden kann. Er ist es wirklich – ein Distelfalter, Bote des nahenden Sommers und die letzten Jahre eher ein seltener Gast. Derzeit kann man den hübschen Weitwanderer aber immer öfter beobachten. Der Naturschutzbund bittet nun die Bevölkerung um Mithilfe: Ob 2022 wieder ein Distelfalterjahr wird, lässt sich nur dank engagierter Citizen Scientists herausfinden!

Der Distelfalter (Vanessa cardui) gehört zur Familie der Edelfalter (Nymphalidae), deren auffallendstes gemeinsames Merkmal die Umwandlung des ersten Beinpaares zu „Putzpfoten“ ist. Zum Festhalten und Fortbewegen sind diese kleinen Stummelchen nicht mehr geeignet, weshalb es so aussieht, als ob diese Schmetterlinge lediglich vier Beine hätten. Charakteristisch ist auch die orangebraune Grundfärbung der Flügeloberseite, auf der sich mehrere schwarze Flecken befinden. Die schwarze Flügelspitze ist mit weißen Flecken versehen. Recht hell ist der farbliche Gesamteindruck der Unterseite der Hinterflügel, deren Marmorierung aus weißen und bräunlichen Feldern besteht. Am Außenrand befinden sich fünf unterschiedlich große, auffällige Augenflecken. Die Flügelspannweite des Distelfalters beträgt 45 mm bis 60 mm.

Weitwanderer aus Afrika

Beim Distelfalter handelt es sich um einen Wanderfalter, der fast weltweit – sogar in Nordamerika und Australien – anzutreffen ist. In vielen Gegenden fliegen die Falter jedoch lediglich ein, ihr eigentliches Fortpflanzungsgebiet liegt hauptsächlich in den Steppen der Subtropen. Daher wird diese Schmetterlingsart für den Mittelmeerraum als bodenständig angesehen, das heißt: Dort kann sie sich dauerhaft fortpflanzen.

Viele Distelfalter überwintern im subtropischen und tropischen Afrika. Von dort aus fliegen sie ans Mittelmeer, wo sich die nächste Generation bildet. Diese bricht weiter nach Norden auf und erreicht Mitteleuropa, aber auch Skandinavien und das Baltikum. Manchmal fliegen die Falter einer Generation nonstop von Afrika bis zu uns. Die lange Reise geht nicht spurlos an ihnen vorüber und so sehen manche Tiere schon sehr mitgenommen aus, wenn sie bei uns ankommen.

Trotzdem legen sie noch fleißig Eier und sorgen so für Nachwuchs. Später im Jahr wandern die erwachsenen Tiere dann aber wieder gen Süden, um in wärmeren Regionen zu überwintern.
Das Zugverhalten der Distelfalter birgt noch viele Geheimnisse. Es ist allerdings bereits bekannt, dass die Tiere sich den Wind zunutze machen und sich von ihm tragen lassen. Diese Strategie ist kräfteschonend und ermöglicht es den Schmetterlingen, weite Strecken zurückzulegen.

Wo sich der Distelfalter finden lässt

Trockenrasen, aber auch Siedlungsräume mit Parks und Gartenanlagen, in denen es viele Disteln und ein reichhaltiges Angebot an Nektarpflanzen gibt, sind die bevorzugten Lebensräume der zarten Falter. Der Nachwuchs ist nicht so wählerisch wie bei manch anderen Arten: Die Raupen fressen neben diversen Distelarten auch an Hülsenfrüchtlern (Fabaceae), Malvengewächsen (Malvaceae) und Korbblütlern (Asteraceae). Auch die Große Brennnessel (Urtica dioica) wird als Futterpflanze genutzt. In Österreich können die Ankömmlinge aus dem Süden von Mai bis Juli beobachtet werden. Die Distelfalter bilden aber abhängig vom lokalen Klima auch hier noch ein bis zwei Generationen aus und sind daher fast durchgehend von Juli bis Oktober zu sehen.

Österreichs Insektenwelt erleben und Beobachtungen teilen

Um herauszufinden, ob 2022 wirklich wieder ein Distelfalterjahr wird, lädt der Naturschutzbund im Rahmen des Projekts „Erlebnis Insektenwelt“ zum Mitmachen ein. Wer seine Sichtung auf der Citizen-Science-Plattform naturbeobachtung.at oder der gleichnamigen kostenlosen App teilt, erhält Bestimmungshilfe durch Fachleute, kann sich im Forum mit anderen Naturinteressierten austauschen und erfährt Spannendes über die Insekten in Österreich. Gleichzeitig profitiert die Wissenschaft von den so gesammelten Daten: Sie werden für Kartierungen, wissenschaftliche Publikationen und als Basis für fundierte Naturschutzmaßnahmen herangezogen.

Weitere Informationen unter www.insektenkenner.at


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /