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Externe Kosten des Verkehrs in Österreich betragen 19 Milliarden Euro pro Jahr

VCÖ-Studie: Verlagerung auf klimaverträgliche Mobilität reduziert ökologische und soziale Kosten des Verkehrs

Wien - Österreichs Verkehrssystem verursacht hohe ökologische und soziale Kosten. Das ist ein zentrales Ergebnis einer aktuellen VCÖ-Studie im Vorfeld des Weltumwelttags. Insgesamt verursacht der Verkehr jährlich rund 19 Milliarden Euro an externen Kosten, allein der Pkw-Verkehr ist für über 12,5 Milliarden Euro verantwortlich. Durch die Verlagerung von Autofahrten auf öffentliche Verkehrsmittel können die gesellschaftlichen Kosten deutlich reduziert werden. Noch stärker gehen die Kosten zurück, wenn Strecken zu Fuß oder mit dem Fahrrad statt mit dem Auto zurückgelegt werden. Vier von zehn Autofahrten sind kürzer als 5 Kilometer. Der VCÖ fordert den verstärkten Ausbau des öffentlichen Verkehrsangebots und der Rad-Infrastruktur sowie eine fußgängerfreundliche Verkehrsplanung in Gemeinden und Städten.

"Durch den extrem hohen Erdölverbrauch befeuert der Verkehr die Erderhitzung und die Teuerung. Das aktuelle Verkehrssystem ist teuer sowohl für die Haushalte als auch für die Gesamtgesellschaft, es ist klimaschädlich und vor allem auch sozial ungerecht. Wohlhabende Haushalte verursachen durch ihre Mobilität am meisten CO2, profitieren am stärksten von Steuerbegünstigungen im Kfz-Bereich, während die Haushalte mit geringem Einkommen oft autofrei sind, aber in ihrem Wohnumfeld einer deutlich höheren Belastung durch Abgase und Lärm des Verkehrs ausgesetzt sind", fasst VCÖ-Experte Michael Schwendinger einige Ergebnisse der aktuellen VCÖ-Studie "Gesellschaftliche Kosten des Verkehrs reduzieren" zusammen.

Pro 1.000 Kilometer, die mit dem Auto gefahren werden, entstehen im Schnitt 160 Euro an zusätzlichen Kosten, die nicht vom Verursacher, sondern von der Allgemeinheit bezahlt werden. Das sind beispielsweise Umweltschäden durch CO2 oder Bodenversiegelung oder Gesundheitsschäden durch Abgase, Lärm und Unfälle. Für Deutschland kam eine Studie zum Ergebnis, dass rund ein Drittel der Gesamtkosten des Autofahrens auf die Allgemeinheit abgewälzt wird. Die externen Kosten des Autoverkehrs summieren sich in Österreich auf über zwölf Milliarden Euro pro Jahr, macht der VCÖ aufmerksam. Die externen Kosten des Öffentlichen Verkehrs sind deutlich niedriger. Pro 1.000 Kilometer sind es beim Bus 43 Euro und bei der Bahn 29 Euro. Bei bewegungsaktiver Mobilität, dem Gehen und Radfahren, entsteht aufgrund der positiven Gesundheitswirkungen und der Entlastung des Gesundheitssystem ein externer Nutzen, pro 1.000 Kilometer beim zu Fuß gehen von 370 Euro und durch das Radfahren von 180 Euro.

Das Verlagerungspotenzial vom Auto auf bewegungsaktive Mobilität ist groß. Jede 10. Autofahrt ist in fußläufiger Distanz, vier von zehn Autofahrten sind kürzer als fünf Kilometer und damit in Radfahrdistanz. Wenn jeweils eine Milliarde Personenkilometer vom Auto auf zu Fuß gehen und das Fahrrad verlagert werden, werden in Summe 320 Millionen an externen Kosten des Autoverkehrs reduziert und zusätzlich ein gesellschaftlicher Nutzen von insgesamt 550 Millionen Euro geschaffen. "Gemeinden, Städte und Bundesländer können mit einer guten Infrastruktur zum Gehen und Radfahren der Bevölkerung ermöglichen, gesund und spritsparend mobil zu sein, und gleichzeitig damit die ökologischen und sozialen Kosten des Verkehrs stark reduzieren", betont VCÖ-Experte Schwendinger.

Durch die Verlagerung von zehn Milliarden Personenkilometer vom Auto zu gleichen Teilen auf Bus und Bahn reduzieren sich die gesellschaftlichen Kosten des Verkehrs um knapp mehr als 1,2 Milliarden Euro. Fünf Milliarden Personenkilometer entspricht bei der Bahn im Vergleich zum Vor-Covid-Jahr 2019 einer Zunahme von knapp mehr als einem Drittel. "Die aktuelle Diskussion um überfüllte Fernzüge am Wochenende, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es bei vielen Zügen noch einige freie Kapazitäten gibt. Gleichzeitig braucht es natürlich häufigere Verbindungen und den Ausbau des Schienennetzes, denn die Klimaziele sind nur erreichbar, wenn mehr Autoverkehr auf die Schiene verlagert wird", stellt VCÖ-Experte Schwendinger fest.

Auch das Busangebot ist zu forcieren, sowohl in den Regionen als auch in den Ballungsräumen, wo es Schnellbuslinien vom Umland in die Städte mit eigener Busspur auf Autobahnen braucht. Diese Schnellbuslinien (Bus Rapid Transit) gibt es bereits erfolgreich in anderen Ländern, zB in Nantes in Frankreich. Dieses Konzept ist auch in Österreichs Ballungsräumen, beispielsweise auf der Südosttangente in Wien oder auf der A7 in Linz, umzusetzen.

Weiteres Ergebnis der VCÖ-Studie: Die wohlhabenden Haushalte verursachen um ein Vielfaches mehr an Umwelt- und Gesundheitsschäden durch das Autofahren wie Haushalte mit niedrigem Einkommen. Die zehn Prozent von Österreichs Haushalten mit dem höchsten Einkommen tanken im Schnitt mit rund 1.660 Liter sechs Mal so viel Benzin und Diesel wie die zehn Prozent der Haushalte mit dem niedrigsten Einkommen. Entsprechend höher sind auch die verursachten CO2-Emissionen: Die zehn Prozent der Haushalte mit dem niedrigsten Einkommen verursachen durch das Autofahren um 83 Prozent weniger CO2 als die zehn Prozent der reichsten Haushalte, macht der VCÖ aufmerksam. "Vom heutigen Gießkannenprinzip der fehlenden verursachergerechten Bepreisung profitieren Wohlhabende am stärksten", fasst VCÖ-Experte Schwendinger zusammen.

Auch von Förderungen wie Pendlerpauschale und der Steuerbegünstigung von Diesel und Dienstwagen profitieren wohlhabende Haushalte am stärksten. Die Steuerbegünstigung von Dieseltreibstoff bringt den 20 Prozent der Haushalte mit dem höchsten Einkommen eine Steuerersparnis von rund 61 Millionen Euro pro Jahr und damit fünfmal so viel wie den 20 Prozent der Haushalte mit dem niedrigsten Einkommen, wie die VCÖ-Studie zeigt.

Ähnlich bei der Pendlerpauschale: Wer meint, Pendlerpauschale erhalten vor allem Beschäftigte mit niedrigem Einkommen und weitem Arbeitsweg, irrt. Das Gegenteil ist der Fall. Die Anzahl der Pendelpauschale Beziehenden mit einem kurzen Arbeitsweg von weniger als 20 Kilometer ist viermal so hoch wie die Anzahl jener, die mehr als 60 Kilometer in die Arbeit haben. Die meisten Pendlerinnen und Pendler wohnen im Speckgürtel im Umland der Landeshauptstädte und nicht in strukturschwachen Regionen. Das reichste Einkommensviertel bekommt mit 35 Prozent ein zwölf Mal so großes Stück vom Pendlerförderkuchen wie das ärmste Einkommensviertel. Zudem fehlt bei der Pendlerpauschale ein Anreiz, klimaverträgliche Verkehrsmittel zu nutzen. "Im Regierungsprogramm ist enthalten, dass die soziale und ökologische Treffsicherheit der Pendlerpauschale zu erhöhen ist. Angesichts dessen, dass die Pendlerpauschale nun massiv erhöht wurde, ist diese Reform jetzt umzusetzen", betont VCÖ-Experte Schwendinger.

Aktuelles Verkehrssystem verursacht hohe Kosten Neben den gesellschaftlichen Kosten ist das aktuelle Verkehrssystem auch für die Haushalte teuer. Im Schnitt gehen in Österreich laut Statistik Austria fast 16 Prozent der Haushaltsausgaben in die Mobilität, das sind knapp mehr als 500 Euro pro Monat. Davon fließen 440 Euro ins Auto. Für den Öffentlichen Verkehr werden im Schnitt 35 Euro pro Monat und Haushalt ausgegeben.

In Summe geben Österreichs Haushalte für Mobilität rund 24 Milliarden Euro pro Jahr aus, wie die VCÖ-Studie zeigt. Haushalte mit einem Auto zahlen über 40 Jahre gerechnet mehr als 200.000 Euro, mit zwei Autos rund 380.000 Euro. So viel wie in manchen Gegenden eine Eigentumswohnung kostet.

Autofreie Haushalte haben sowohl in Städten als auch am Land um rund 75 Prozent niedrigere Mobilitätskosten als 1-Auto-Haushalte. In den Regionen sind elf Prozent der Haushalte autofrei, in den größeren Städten 35 Prozent. Der VCÖ fordert die rasche Umsetzung der im Regierungsprogramm verankerten "Mobilitätsgarantie". Mobilitätsgarantie bedeutet, auch in den Regionen gut mobil sein zu können, ohne ein Auto besitzen zu müssen. Angesichts der aktuellen Teuerung ist es umso dringender, für die Bevölkerung in den Regionen das öffentlich zugängliche Mobilitätsangebot (vom Öffentlichen Verkehr über Anrufsammeltaxis, Carsharing bis hin zu guter Rad-Infrastruktur) zu verbessern, betont der VCÖ.

Der hohe Erdölverbrauch des Verkehrs befeuert die Erderhitzung und jetzt auch die Teuerung. 81 Prozent des importierten Erdöls fließen in den Verkehr und davon werden rund 95 Prozent im Kfz-Verkehr verbrannt. Österreichs Rohöllieferstaaten weisen massive Defizite bei Demokratie und Pressefreiheit auf. Im Jahr 2021 kamen 97 Prozent der Rohölimporte aus despotischen Staaten: Kasachstan, Libyen, Irak, Russland, Jemen, Algerien. Der hohe Erdölverbrauch des Verkehrs führt dazu, dass jedes Jahr viele Milliarden Euro aus Österreich an despotische Regime fließen. "Den Erdölverbrauch des Verkehrs rasch zu reduzieren ist eine zentrale Aufgabe angesichts der Energiekrise und der sich massiv verschärfenden Klimakrise", stellt VCÖ-Experte Schwendinger fest.

Während andere Sektoren ihre Treibhausgas-Emissionen in den vergangenen 30 Jahren reduziert haben - beispielsweise der Gebäudesektor um 38 Prozent - waren die klimaschädlichen Emissionen des Verkehrs selbst im Coronajahr 2020 trotz Lockdowns um 51 Prozent höher als im Jahr 1990. Im Jahr 2021 nahm der Spritverbrauch und damit auch der CO2-Ausstoß des Verkehrs wieder zu. "Die Verkehrszunahme macht Einsparungen anderer Sektoren zunichte. Das kommt der Umwelt und der Gesellschaft teuer", betont VCÖ-Experte Schwendinger. Der Rechnungshof bezifferte im Vorjahr die Kosten für Österreich bei Verfehlen der Klimaziele mit neun Milliarden Euro im Jahr 2030.

"Ein klimaverträgliches Verkehrssystem bringt uns nicht nur den Klimazielen näher, sondern ist auch sozial gerechter als das heutige", fasst VCÖ-Experte Michael Schwendinger das Ergebnis der VCÖ-Studie "Gesellschaftliche Kosten des Verkehrs reduzieren" zusammen.

VCÖ-Publikation "Gesellschaftliche Kosten des Verkehrs reduzieren", Wien 2022. Erhältlich beim VCÖ unter https://www.vcoe.at/kosten



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /