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GLOBAL 2000-Wohnbaucheck: Deutlicher Handlungsbedarf und große Unterschiede in den Bundesländern

Wien führt Bundesländerranking vor Vorarlberg und Kärnten an, Tirol und Niederösterreich bilden die Schlusslichter bei der Wärmewende

Der vor kurzem veröffentlichte GLOBAL 2000-Wohnbaucheck kommt zu dem Ergebnis, dass in den Bundesländern noch deutlicher Handlungsbedarf im Bereich der Wärmewende besteht: "Es gibt zu wenige thermische Sanierungen und einen zu geringen Fortschritt beim Austausch alter Öl- und Gaskessel, um die Klimaziele zu erreichen. Im direkten Vergleich haben wir die meisten Fortschritte noch in Wien gesehen, gefolgt von Vorarlberg und Kärnten. Tirol und Niederösterreich bilden derzeit die Schlusslichter bei der Wärmewende im Bundesländer-Vergleich und müssen ihre Anstrengungen noch deutlich erhöhen", betont Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000. Der Wohnbaucheck untersucht dabei die Fortschritte der Bundesländer in neun Einzelkategorien, vom Rückgang von Öl- und Gasheizungen bis hin zu Fortschritten bei der Gebäudeeffizienz sowie der thermischen Sanierung.

Ausstieg aus Erdöl erfordert gesetzliches Erneuerbaren-Gebot

Im Bericht zeigt sich, dass der österreichweite Trend des Rückgangs an Ölheizungen weiter anhält, es aber starke Unterschiede zwischen den Bundesländern gibt. Etwa 600.000 meist veraltete Ölheizungen sind österreichweit noch in Betrieb. Am stärksten waren die Rückgänge des relativen Anteils in den letzten zehn Jahren in Wien (-57 %) und der Steiermark (-48 %), am wenigsten stark war der Rückgang in Niederösterreich (-20 %) und Vorarlberg (-19%). Ein Erneuerbaren-Gebot in der Bauordnung, das den Tausch von Öl auf Öl nicht länger toleriert, ist mit Ausnahme von Wien noch in keinem Bundesland verankert. Wobei es auch in Wien nur im Rahmen von umfassenderen Gebäudesanierungen gilt und es daher weiter ausgeweitet werden sollte. Aber auch in anderen Bundesländern nimmt die Diskussion Fahrt auf: In Niederösterreich wird derzeit eine Reform der Bauordnung diskutiert, in der ein vollständiger Ausstieg aus fossilen Brennstoffen bis 2040 enthalten ist. Das hält GLOBAL 2000 für einen sinnvollen Ansatz, der jedoch um ein erneuerbaren-Gebot ergänzt werden sollte, das den Austausch von alten Ölheizungen gegen neue Ölheizungen nicht länger toleriert. "Damit der Ausstieg aus der Ölheizung an Fahrt aufnimmt, braucht es klare gesetzliche Regelungen. Diese können die Bundesländer bereits jetzt unabhängig von der Bundespolitik treffen. Allerdings hat auch die Bundesregierung im Regierungsprogramm eine gesetzliche Regelung für den Ausstieg aus Ölheizungen angekündigt, die längst gültig sein sollte, aber noch immer nicht umgesetzt wurde. Zügiges und wirksames Handeln ist jetzt erforderlich", sagt Wahlmüller.

Notwendigkeit des Gas-Ausstiegs muss politisch ankommen

Der Wohnbaucheck zeigt auch, dass die Notwendigkeit eines Ausstiegs aus Gasheizungen noch bei den wenigsten politischen EntscheidungsträgerInnen im erforderlichen Ausmaß angekommen ist. Bundesweit wurde zwar ein Rückgang des relativen Anteils von Gasheizungen um 7 % in den letzten zehn Jahren verbucht, aber das ist weit weg von einem Energiewende-Pfad zur Klimaneutralität 2040. Etwa 900.000 Gasheizungen sind österreichweit noch in Betrieb. Während es in Vorarlberg (-24 %) und Kärnten (-17 %) starke Rückgänge in Bezug auf den relativen Anteil gab, werden in der Steiermark (+9,1 %) und Tirol (+36 %) Gasheizungen noch stark ausgebaut. "Der Ausbau von Gasheizungen in Tirol und der Steiermark ist mit den Klimazielen völlig unvereinbar. Insbesondere im Neubau können mit einfachen Mitteln klimaschonendere Heizsysteme eingeplant werden. Es sollte in allen Bundesländern längst gesetzlicher Standard sein, keine neuen fossilen Heizungen mehr einzubauen und es braucht einen koordinierten Plan für den Ausstieg aus Gasheizungen in jedem Bundesland", betont Wahlmüller.

Sanierungsrate weit hinter den Anforderungen

Viel zu wenige Gebäude werden in Österreich jährlich thermisch saniert. Die Sanierungsrate liegt bundesweit mit 1,4 % weit weg von der erforderlichen Sanierungsrate von 3 %. Oberösterreich (1,9 %) und das Burgenland (1,8 %) liegen hier voran, Wien (1 %), Salzburg und Tirol (beide 1,1%) sanieren am wenigsten. "Diese enorme Zielverfehlung ist nicht nur ein fataler Rückschlag für die Wärmewende und den Klimaschutz. Auch die dadurch verpassten Chancen, Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft zu schaffen sowie Wertschöpfung und Innovationskraft im Inland zu stärken, werden leichtsinnig vertan. In Wien ist die neue rot-pinke Stadtregierung jedenfalls aufgerufen, die im Regierungsprogramm angekündigte Sanierungsoffensive rasch mit Leben zu füllen", fordert Wahlmüller.

Thermische Gebäudequalität verbesserungswürdig

Auch die thermische Qualität zeigt sowohl im Neubau als auch in der Sanierung noch Verbesserungsbedarf. Tirol, Vorarlberg und das Burgenland erreichen bei der thermischen Sanierung von Ein- und Zweifamilienhäusern die besten Werte. Dort wird durchwegs der Niedrigenergiehaus-Standard in der thermischen Sanierung erreicht. Niederösterreich liegt in diesem Bereich mit Abstand hinten. "Als Mindestlatte sollte gelten, dass im Neubau zumindest ein ambitionierter Niedrigstenergiehaus-Standard und in der Sanierung der Niedrigenergiehaus-Standard erreicht wird. Schritt für Schritt gilt es aber dem Plusenergiehaus-Standard immer mehr zum Durchbruch zu verhelfen. So werden Gebäude unsere Kraftwerke von morgen", erklärt Wahlmüller.

Naturverträgliche Wärmewende

Im Wohnbaucheck wurden darüber hinaus erstmals Raumwärmepfade auf Bundesländer-Ebene erstellt. Wesentlich ist dabei, dass das Effizienzpotenzial im Gebäudebereich gehoben wird und sich der Energieverbrauch bis 2040 in etwa halbiert. Wird diese Grundvoraussetzung erfüllt, kann die Deckung mit erneuerbaren Wärmequellen gewährleistet werden. Die Ergebnisse zeigen, dass Umgebungswärme und Solarthermie verstärkt genutzt werden, biogene Brennstoffe und elektrische Energie dann trotz eines höheren Anteils an den Heizgeräten in Zukunft in geringerem Ausmaß genutzt werden als jetzt. Fossile Energie kann unter diesen Voraussetzungen gänzlich ersetzt werden.

Hier geht´s zum GLOBAL 2000-Wohnbaucheck


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /