© Cajetan Perwein BMK / Vorstellung der Studie durch Bundesministerin Leonore Gewessler und Sigrid Stagl, Expertin für Umweltökonomie
© Cajetan Perwein BMK / Vorstellung der Studie durch Bundesministerin Leonore Gewessler und Sigrid Stagl, Expertin für Umweltökonomie

Kernenergie: Kein Beitrag zum Klimaschutz

Studie bestätigt: Kernkraft ist nicht nachhaltig und hilft auch nicht bei der Erreichung von Klimazielen und Sozialstandards

Im März 2020 veröffentlichte die Technische ExpertInnen-Gruppe der EU-Kommission ihren Abschlussbericht, der Atomkraft aufgrund der Gefahren eines „signifikanten Schadens“ nicht in die Taxonomie einordnete – unter anderem wurde die ungelöste Atommüll-Frage als Grund angegeben. "Unter politischem Druck einiger pro-atomarer Mitgliedsstaaten kam es jedoch zu einem Parallel-Prozess, in dem durch die Hintertür nun doch Atomkraft als förderwürdig eingestuft werden soll“, so Patricia Lorenz, Atom-Sprecherin von GLOBAL 2000. „Das bekannt pro-atomare Joint Research Center der Europäischen Kommission soll demnächst zwei internen Komitees der EU einen Bericht vorlegen, der allerdings nicht veröffentlicht wird und somit ohne Begutachtung zur Reinwaschung der Atomenergie dienen soll. Dieser muss veröffentlicht und breit diskutiert werden, um hier schmutzige Deals und weitere atomare Geldverschwendung zu verhindern.“

Mit der Taxonomie-Verordnung sollen EU-weite, wissenschaftlich fundierte Regeln dazu geschaffen werden, welche wirtschaftlichen Tätigkeiten als ökologisch nachhaltig zu bewerten sind und welche nicht.

Laut den Vorgaben der Verordnung muss eine wirtschaftliche Aktivität substantiell mindestens zu einem von sechs Umwelt-Kriterien wie zum Beispiel Klimaschutz, Klimawandel-Anpassung, Wasser-Schutz und Kreislaufwirtschaft beitragen und gleichzeitig keinen signifikanten Schaden unter einem anderen Kriterium anrichten („do no significant harm“).

Eine vom Bundesministerium für Klimaschutz in Auftrag gegebene Studie, die eine objektive Beurteilung der Kernenergie im Zusammenhang mit den Kriterien der Taxonomie-Verordnung gewährleistet, zeigt auf, dass Kernenergie „weder eine nachhaltige Form der Energieversorgung noch eine tragfähige Option zur Bekämpfung des Klimwandels darstellt."

Fakten belegen: Kernenergie bringt keinen Umweltschutz

Die Studie wurde bei Professorin Sigrid Stagl, einer anerkannten Expertin im Bereich der Umweltökonomie, beauftragt. Österreichs Haltung in Sachen Kernenergie ist seit vielen Jahrzehnten eindeutig und hinreichend bekannt. Österreich hat wiederholt festgestellt, dass Atomkraft als Energiequelle nicht erneuerbar ist und auch nicht zur Erreichung der Klimaziele beitragen kann, weshalb sie abzulehnen ist und nicht Teil des Energiemix der Zukunft sein soll.

Mit der nun vorliegenden Studie wird diese Haltung einmal mehr durch Fakten und sachliche Argumente untermauert. Gemeinsam mit Luxemburg wurde die beauftragte Studie im Dezember 2020 an die EU-Kommission übermittelt.

Erneuerbare Energieträger sind sinnvoller und besser für das Klima

Die wichtigsten Erkenntnisse der Studie:

• Kernenergie leistet keinen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz.

• Atomkraft ist zwar eine Energiequelle, die weniger CO2-Emissionen als fossile Brennstoffe verursacht. Allerdings gibt es andere Energiequellen, erneuerbare Energieträger (Sonne, Wind, Wasser), mit noch geringeren Treibhausgasemissionen, deren Beitrag zum Klimaschutz nicht durch vergleichsweise hohe Risiken infrage gestellt wird.

• Kernenergie erfüllt die Taxonomie-Voraussetzung „Do No Significant Harm“ betreffend alle in der Taxonomie genannten Umweltziele nicht.

Diese Umweltziele sind Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz der Wasser-und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme.


Metastudie Nuklear Taxonomie 2020 (PDF)
Zusammenfassung Metastudie Nuklear Taxonomie 2020 (PDF)
Wichtige Punkte der wissenschaftlichen Literatur diesbezüglich:

• Risiken nuklearer Unfälle können nicht ausgeschlossen werden.

• Durch erhöhte Temperaturen führt der Schutz gegen Klimawandelauswirkungen zu steigenden Kosten bei Kernkraftwerken (KKW). Gleichzeitig sinkt die Produktivität von KKW wegen extremer Klimaschwankungen.

• Kernkraft benötigt überdurchschnittlich viel Wasser – erhöhte Wassertemperaturen und reduzierte Wasserführung haben bereits zu Unterbrechungen der Stromerzeugung geführt.

• Beim Abbau von Uran fallen erhebliche Mengen an Abfallstoffen und Prozesswasser an, die schwach radioaktive Stoffe, Metalle und Säure enthalten.

• Die Frage der Lagerung hochradioaktiver Stoffe ist nach wie vor ungeklärt. Abfälle werden immer noch zwischengelagert und stellen eine weitere Gefahr dar, für die keine weitreichenden Lösungen existieren.

• Kernenergie entspricht nicht den internationalen Sozialstandards, die im Rahmen der Taxonomie vorausgesetzt werden.

• Uranbergbau und -verarbeitung, die für den Betrieb von Kernkraftwerken notwendig sind, haben immer wieder mit Menschenrechts-und Sicherheitsfragen zu kämpfen. Dies betrifft sowohl die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in den Bergwerken als auch das Menschenrecht auf Zugang zu Ressourcen, wie zu sauberem Wasser und Land für die lokale Bevölkerung.

Weitere Studienergebnisse

• Die politische, wirtschaftliche, soziale und technische Durchführbarkeit von Sonnen-und Windenergie und Stromspeichertechnologien hat sich in den letzten Jahren extrem gesteigert. Kernenergie hingegen kann keine diesbezüglichen Verbesserungen verzeichnen.

• Kernenergie ist in weiten Teilen der Welt gesellschaftlich wenig akzeptiert.

• Erneuerbare Energieträger sind hingegen einfach realisierbar, weitgehend risikofrei, wirtschaftlicher und werden mit jedem Jahr kostengünstiger.

• Ein Verlass auf die Kernenergie zur Senkung der Treibhausgasemissionen würde wegen der langen Entwicklungszeiten die Stilllegung von fossil befeuerten Kraftwerken verzögern, da letztere für diese Zeit in Betrieb bleiben – damit wäre die Erreichung der Klimaziele nicht mehr möglich.

• Kernenergie behindert aufgrund der hohen Kapitalintensität den Einsatz anderer CO2-emissionsarmer Alternativen, weil dieses Kapital für den Ausbau alternativer Energiequellen wie Sonne, Wind und Wasser sinnvoller eingesetzt werden könnte.

• Die Kernenergie geht weiterhin einher mit Risiken nuklearer Unfälle, Risiken des Uranabbaus, finanziellen und regulatorischen Risiken, ungelösten Fragen der Abfallentsorgung und Bedenken hinsichtlich der Verbreitung von Kernwaffen.

• Kernenergie ist keine brauchbare Übergangs- und Überbrückungstechnologie.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /