©  Schwoaze auf Pixabay
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Drei Mal so viele schwere Lkw über den Brenner wie über alle Schweizer Alpenpässe

VCÖ fordert EU-weite Lkw-Mindestmaut und Abschaffung von Dieselprivileg

Wien - Seit dem Jahr 2010 nahm die Zahl der Lasten- und Sattelzüge über die Schweizer Alpenpässe um ein Viertel ab, über den Brenner um ein Drittel zu, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse zeigt. Im Vorjahr fuhren damit über den Brenner bereits dreimal so viele Lasten- und Sattelzüge wie über alle Schweizer Alpenpässe zusammen. Ein Grund für diese Entwicklung: Die Route über den Brenner ist billiger als über die Schweiz. Der VCÖ fordert daher eine Lkw-Mindestmaut in der EU und die Abschaffung der Steuerbegünstigung von Diesel.

"Der Schweiz ist gelungen, was sich die Anrainerinnen und Anrainer entlang von Österreichs Transitrouten seit vielen Jahren wünschen: Die Zahl der Lkw-Fahrten hat deutlich abgenommen", weist VCÖ-Experte Michael Schwendinger auf aktuelle Daten des Schweizer Bundesamts für Verkehr hin. Demnach ist die Zahl der Lasten- und Sattelzüge über die Schweizer Alpenpässe im Jahr 2019 um 41.000 auf 808.000 zurückgegangen, weitere 90.000 waren kleinere Lastwagen über 3,5 Tonnen. Zum Vergleich: Über den Brenner fuhren im Vorjahr 2,469 Millionen Lasten- und Sattelzüge und damit um 47.000 mehr als im Jahr 2018.

Die Schere zwischen Österreich und der Schweiz ist in den vergangenen zehn Jahren beim Alpentransit stark auseinandergegangen. Im Jahr 2010 waren über den Brenner 1,85 Millionen schwere Transit-Lkw unterwegs, über die Schweizer Pässe 1,07 Millionen. Der Schweiz ist es durch politische Maßnahmen gelungen, die Zahl der Lkw um rund ein Viertel zu reduzieren, während über den Brenner die Belastung um ein Drittel stieg.

Infolge der Covid-19-Pandemie ist im 1. Halbjahr auch der Lkw-Verkehr zurückgegangen, aber: "Die Finanzkrise vor zehn Jahren hat gezeigt, dass ohne strukturelle Änderungen die Rückgänge des Lkw-Verkehrs nur kurzfristig sind. Umso wichtiger ist es, dass sowohl Österreich als auch die EU Maßnahmen setzen, damit nachhaltig die Belastungen durch den Lkw-Verkehr reduziert werden", betont Schwendinger.

Der Rückgang in der Schweiz ist die Folge einer konsequenten Politik. "In der Schweiz wird Diesel, der Treibstoff der Lkw, nicht steuerlich begünstigt. Zudem sind in der im Jahr 2001 eingeführten Lkw-Maut auch die sogenannten externen Kosten, wie Schäden an Umwelt, Gesundheit und Straßen berücksichtigt", erklärt VCÖ-Experte Schwendinger. Und im Unterschied zu Österreich gibt es auf den Schweizer Autobahnen de facto keine Toleranz beim Überschreiten von Tempolimits.

Österreich kann durch die Abschaffung der Steuerbegünstigung auf Diesel und eine Reduktion der Toleranzgrenze beim Überschreiten von Tempolimits dazu beitragen, die Transitbelastung reduzieren.

Darüber hinaus sind Maßnahmen auf EU-Ebene dringend nötig. Statt der bestehenden Höchstmaut braucht es eine Lkw-Mindestmaut, die so wie in der Schweiz auch die durch Abgase und Lärm verursachten Schäden inkludieren soll. Die über den Brenner fahrenden Lkw legen den Großteil ihrer Strecke außerhalb Österreichs zurück. Eine niedrige Lkw-Maut in Italien und Deutschland führt auch zu mehr Transit-Lkw in Österreich. Auch die Reduktion qualvoller Lebendtiertransporte durch Europa ist auf EU-Ebene voranzutreiben, betont der VCÖ.

Darüber hinaus sind sektorale Fahrverbote in der EU zu erleichtern. "Wenn Güter auf der Schiene transportiert werden können, ist der freie Warenverkehr gewährleistet. Darüber hinaus braucht es einen Paradigmenwechsel. Die Gesundheit der Bevölkerung und das Erreichen der Klimaziele müssen Vorrang vor dem Prinzip des freien Warenverkehrs bekommen", stellt Schwendinger fest.

VCÖ: Über Brenner nimmt Zahl der schweren Lkw massiv zu, in der Schweiz geht sie zurück

(Anzahl Lasten- und Sattelzüge über den Brenner, in Klammer über die 4 Schweizer Alpenübergänge (Gotthard, San Bernardino, Simplon, Gr. St.Bernhard))

Jahr 2019: 2,47 Millionen (0,81 Millionen)

Jahr 2018: 2,42 Millionen (0,85 Millionen)

Jahr 2017: 2,26 Millionen (0,86 Millionen)

Jahr 2016: 2,09 Millionen (0,88 Millionen)

Jahr 2015: 1,93 Millionen (0,90 Millionen)

Jahr 2014: 1,86 Millionen (0,94 Millionen)

Jahr 2013: 1,76 Millionen (0,94 Millionen)

Jahr 2012: 1,97 Millionen (1,03 Millionen)

Jahr 2011: 1,89 Millionen (1,08 Millionen)

Jahr 2010: 1,85 Millionen (1,07 Millionen)

Quelle: BAV, VCÖ 2020



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /