© UDW/ Prof. Dr.  Reinhold Christian
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Aus „Corona“ lernen!

Durch die Corona-Pandemie wird die Welt mit einer überraschenden, neuartigen und weitreichenden Problematik konfrontiert.

Viele Staaten und insbesondere Österreich haben darauf mit nicht erwartbaren Handlungen reagiert:

• Die Politik hat zu raschem, gemeinsamem Handeln gefunden, eine hohe Entscheidungsbereitschaft gezeigt und außergewöhnliche Maßnahmen in finanzieller Hinsicht, vor Allem aber auch die persönliche Freiheit und Bürgerrechte betreffend gesetzt.

• Die Bevölkerung hat mit großer Akzeptanz sehr einschneidender Einschränkungen und mit Solidarität reagiert.

Es scheint gelungen zu sein, den Schaden dieser dramatischen Bedrohung in (recht engen) Grenzen zu halten. Mittlerweile wird es zusätzlich notwendig, das „Danach“ zu planen und vorzubereiten.

Eine derartige Krise bietet auch die Chance, den Lebens- und Wirtschaftsstil im Sinne der Erfordernisse einer guten Zukunft zu gestalten, Veränderungen zum Guten zu schaffen (die früher als nicht durchsetzbar betrachtet wurden).

Zu den wirklich größten Problemen unserer Zeit zählen zweifellos die Klimaerhitzung und der Verlust an Artenvielfalt der Tier- und Pflanzenwelt. Einige Schlagzeilen dazu: „Rekordschäden durch Hitze und Dürre in Österreich“, „Agrarjahr 2018: Dürre hat Land- und Forstwirtschaft massiv gefordert“, „Trockenheit für Alpbauern existenzbedrohend“, „Sommerhitze 2018 kostete in Österreich 766 Menschen das Leben“, „2020: Zweitwärmster Februar der Messgeschichte“, „Insektenbestand in Österreich seit 1990 drastisch eingebrochen“, „Hitzewellen und Dürren: Forscher beziffern steigendes Risiko für Missernten durch Klimawandel“, …

Erkenntnisse der Wissenschaft untermauern die Bedrohung: Anstieg der Temperaturen, Abschmelzen der Polkappen und Gletscher, Auftauen des Permafrostbodens, Ansteigen des Meeresspiegels, Zunahme von Wetterextremen (Dürren, Starkniederschläge, Stürme, …), Verknappung von Trinkwasser, dramatische Probleme in der Bereitstellung von Lebensmitteln, Zunahme von Krankheiten, Zunahme von Klimaflüchtlingen, …

Im Rahmen des interdisziplinären Projekts „Cost of Inaction – Assessing Costs of Climate Change for Austria” (COIN) wurden Folgekosten der Klimaerhitzung untersucht. Dabei zeigte sich, dass der Klimawandel bereits im Jahr 2010 Kosten im Bereich von 850 bis 1.090 Mio. ¤ verursacht hat. Für die Periode 2016 – 2045 ist von einem Anstieg auf 2,2 – 2,6 Mrd. ¤/a auszugehen. In der Periode 2036 – 2065 sollen die jährlichen Folgekosten gar im Bereich von 4,2 – 5,2 Mrd. ¤ liegen, was beinahe eine Verfünffachung gegenüber 2010 bedeuten würde.

Erstaunlich und deprimierend ist die Reaktion auf die bereits beobachtbaren Schäden sowie auf die Ergebnisse wissenschaftlicher Analysen der bedrohlichen Perspektiven. Das Problem wurde erkannt, der Handlungsbedarf aber nicht ernst genommen, – vor allem nicht von der (Wirtschafts-)Politik, die sich weiterhin „fossil“ orientiert. Das ist auch für das „Nach – Corona“ nach „Corona“ eine große Gefahr!

Freilich sind die Herausforderungen des Klimaschutzes und der Klimawandelanpassung für uns alle enorm. Die Erfahrung der Corona-Krise sollte uns allen Mut machen: Nötige Veränderungen und Maßnahmen zum Schutz von Klima, Umwelt, Natur und Biodiversität werden ebenfalls alle Lebensbereiche betreffen, aber keineswegs so dramatische Einschnitte bringen wie die aktuellen Corona-Maßnahmen – die in so hohem Maße akzeptiert werden. Teils sind im Gegensatz zu Corona positive Effekte zu erwarten (jedenfalls möglich und wünschenswert) – etwa hinsichtlich persönlicher Freiheiten und Bürgerrechten, gesellschaftlichem Leben, sozialen Kontakten, gemeinsamen Aktivitäten etc.
Anderseits droht bei weiteren Versäumnissen und Unterlassungen der Klimawandel unkontrolliert fortzuschreiten und das Klima nicht mehr stabilisierbar zu werden.

Am Beispiel Energie haben Umwelt Management Austria und das Forum Wissenschaft & Umwelt mehrfach gezeigt: Eine naturverträgliche Energiewende hin zu Vollversorgung mit erneuerbaren Energieträgern ist möglich. Und sie kann unser Aller Lebensqualität steigern: Wir können besser leben mit weniger Energie!

Jede(r) Einzelne kann (und muss) zu Klimaschutz und Klimawandelanpassung beitragen, alle Akteure unseres Gesellschaftssystems sind gefragt. Damit würde aber auch ein Wirtschaftsstil etabliert, der auf Dauer Früchte trägt und im Gegensatz zum derzeit vorherrschenden „fossilen“ Modell erschöpfbare Ressourcen schont.

Fundierte Vorschläge dazu gibt es zu Hauf. Unsere Zukunft ist es wohl wert, ähnliche Energie wie bei „Corona“ für die Vermeidung schwerwiegender Probleme und für gesteigerte Lebensqualität einzusetzen!



Autor Prof. Dr. Reinhold Christian ist geschäftsführender Präsident des Forum Wissenschaft & Umwelt und Vizepräsident des Umweltdachverbandes


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /