© rottonara auf Pixabay
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Virologe: Ausnahmesituation auch länger?

Virologe Drosten: “Wir müssen vielleicht davon ausgehen, dass wir gesellschaftlich ein Jahr im Ausnahmezustand verbringen müssen.”

Berlin - Der Berliner Virologe Christian Drosten erwartet, dass die Ausnahmesituation wegen der Corona-Pandemie ein Jahr anhalten könnte. Er rechnet jedoch nicht damit, dass alle Einschränkungen bestehen bleiben. Im Gespräch mit ZEIT ONLINE sagte Drosten: “Wir müssen vielleicht davon ausgehen, dass wir gesellschaftlich ein Jahr im Ausnahmezustand verbringen müssen. Aber man wird wahrscheinlich nicht alle Maßnahmen genauso weiterführen, wie man sie jetzt gestartet hat. Man wird nachjustieren können und müssen.”

Um ein realistischeres Bild von der Zahl der Infizierten zu bekommen, regt der Leiter der Virologie an der Berliner Charité an, jeden Haushalt, in dem ein nachgewiesenermaßen Corona-Infizierter lebt, insgesamt als erkrankt zu zählen und entsprechend zu isolieren: “Man muss Abkürzungen nehmen. Wenn eine Person im Haushalt positiv getestet wurde, könnten wir den ganzen Haushalt als positiv definieren – auch ohne Test. Weil man einfach weiß, dass es so eintreten wird: Ist ein Familienmitglied infiziert, steckt es alle anderen an. Sagt man gleich, die sind alle positiv, spart man sich viel Testaufkommen.” Dieses Vorgehen wolle Drosten auch den Gesundheitsämtern vorschlagen.

Der Wissenschaftler fordert außerdem, Lösungen für die Schulen zu finden, damit diese nicht zu lange geschlossen bleiben müssen: “Vielleicht muss man sich etwas überlegen: Die halbe Schule darf nur diese Gänge benutzen, die andere Hälfte nur die anderen. Es gibt keine große Pause mehr und auch keine kleine.” Dadurch könne man die effektive Gruppengröße in Schulen senken. Solche Überlegungen müssten jetzt bis zur Woche nach Ostern stattfinden.

Angesichts der absehbar bis zu 15 Millionen Infizierten in Deutschland und der Einschränkungen auf dem Arbeitsmarkt schlägt Drosten vor, Menschen Arbeitserlaubnisse zu erteilen, die per Schnelltest negativ getestet wurden. “In der Medizin gibt es schon die Überlegung, sich frei testen zu lassen, damit man arbeiten gehen kann.” Das könne man auch auf andere Berufsgruppen ausweiten. Es werde zudem immer mehr Menschen mit Antikörpern geben, die zumindest bis zum Ende der Pandemie immun sein würden. Auch sie könnten trotz des Ausnahmezustands dann vielleicht wieder arbeiten gehen.

Quelle und gesamtes Interview: ZEIT ONLINE


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /