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Internationale Studie deckt Ultrafeinstaub-Problem bei neuen Diesel-Pkw auf

VCÖ: Abgasvorschriften berücksichtigen Ausstoß des extrem schädlichen Ultrafeinstaub nicht

Wien – Auch neue Diesel-Pkw mit Dieselpartikelfilter haben ein Feinstaubproblem. Das zeigen gestern veröffentlichte Ergebnisse von Tests, die vom renommierten britischen Institut Ricardo durchgeführt wurden. Die derzeitigen Abgasvorschriften klammern die besonders schädlichen Ultrafeinstaub-Partikel PM0,1 aus. Werden diese Partikel mitgemessen, schnellt die Anzahl der Partikel auf bis zu das Zweieinhalbfache in die Höhe. Der VCÖ sieht Österreichs Bundesregierung gefordert, sich auf EU-Ebene für verbesserte Abgasvorschriften einzusetzen.

„Diesel-Pkw mit Partikelfilter weisen eine bessere Schadstoffbilanz auf als jene ohne Partikelfilter. Wer aber meint, alle neuen Diesel-Pkw wären sauber, irrt, wie die heute veröffentlichten Testergebnisse zeigen", stellt VCÖ-Expertin Ulla Rasmussen zu der heute von Transport & Environment (T&E) in Brüssel veröffentlichten Studie fest. Die Studie deckt ein Feinstaubproblem auf, das jedoch von den bestehenden Abgastests ausgeklammert wird. T&E ist die europäische Dachorganisation des VCÖ.

Als die bestehenden Abgasvorschriften entwickelt wurden, war die Technologie zur Messung der Ultrafeinstaub-Partikel noch nicht ausgereift. Deshalb wurden diese Partikel damals von den Vorschriften ausgeklammert. Gemessen werden nur Partikel, die größer als 23 Nanometer sind. Mittlerweile sind die Technologien für die Messung der Ultrafeinstaub-Partikel vorhanden. Das britische Institut Ricardo hat auch die Kleinstpartikel (PM0,1) gemessen. Die Folge: Wurden die Ultrafeinstaubpartikel mitgezählt, stieg die ausgestoßene Partikelanzahl um elf bis sogar 184 Prozent, also bis zu dem Zweieinhalbfachen.

Dabei sind gerade diese ultrafeinen Partikel (UFP) stark gesundheitsschädlich. Sie können in den Blutkreislauf eindringen und wurden sogar bereits im Gehirn nachgewiesen. Assoz.-Prof. Hans-Peter Hutter, Medizinische Universität Wien: „Aufgrund ihrer gigantischen Anzahl gefährden die ultrafeinen Partikel unsere Gesundheit viel stärker als gröberer Staub. Die winzigen Teilchen dienen chemischen Schadstoffen wie Benzpyren oder Blei und Cadmium als Transport-Vehikel in tiefere Atemwege bis in die Lungenbläschen und sogar in den Blutstrom. So gelangen auch krebserregende Stoffe praktisch in alle Teile unseres Körpers. Selbst ungeborenes Leben bleibt davon nicht verschont.“ Und weiter: „Aus ärztlicher Sicht wird das Schädigungspotenzial gerade dieser winzigen Teilchen nach wie vor unterschätzt.“

Das renommierte britische Institut Ricardo hat zwei in Europa sehr populäre Diesel-Pkw – Nissan Qashqai und Opel Astra – mit der neuesten Abgasklasse Euro 6d-temp getestet. Beide Fahrzeuge haben die Abgasvorschriften eingehalten, sind aber nur am Papier sauber, während sie beim Fahren ein großes Feinstaubproblem aufweisen.

Zusätzlich zur hohen Anzahl an Ultrafeinstaubpartikel kommt das Problem, dass während jeder vollständigen Reinigung der Dieselpartikelfilter die Grenzwerte für die Partikelzahl um 32 bis 115 Prozent überschritten wurde. Die Filterreinigung erfolgt im Schnitt alle 450 bis 500 Kilometer und kann unter allen Fahrbedingungen, und damit auch im bewohnten städtischen Gebiet, erfolgen. Die Reinigung kann während einer Fahrtstrecke von bis zu 15 Kilometer andauern. Und: Die Zahl der emittierten Partikel war bei Fahrten im Stadtverkehr noch 30 Minuten nach Ende des Reinigungsvorgangs erhöht.

Der Grund, warum die Fahrzeuge die Abgasvorschriften trotzdem einhalten: Der hohe Partikelausstoß bei der Reinigung der Partikelfilter wird von den aktuellen Abgasvorschriften einfach ausgeklammert. „Die Tests decken eine aus Gesundheitssicht gefährliche Gesetzeslücke auf. Laut derzeitigen EU-Vorgaben finden die Grenzwerte keine Anwendung, wenn während des Tests eine Filterreinigung durchgeführt wird. Die neue EU-Kommission ist gefordert, diese Gesetzeslücke rasch zu schließen. Die Grenzwerte sind auch während der Filterreinigung einzuhalten“, fordert VCÖ-Expertin Rasmussen.

Die Emissionsingenieurin bei T&E Anna Krajinska betont: „Die Nachfolgenorm für den heutigen Euro 6-Standard muss sämtliche Lücken schließen und Grenzwerte für alle Schadstoffe festlegen. Das Ziel muss es letztlich sein, emissionsfreie Autos auf unsere Straßen zu bringen.“

VCÖ-Expertin Ulla Rasmussen sieht Österreichs Regierung gefordert, sich auf EU-Ebene für verbesserte Abgasvorschriften einzusetzen und betont: „Diese Tests machen zudem deutlich, dass der für das Erreichen der Klimaziele nötige Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor auch aus Gesundheitssicht zu beschleunigen ist. Und die Steuerbegünstigung von Diesel ist besser heute als morgen abzuschaffen.“ In den Ballungsräumen sind zudem Maßnahmen nötig, die den Autoverkehr reduzieren.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /