© Sabine Kroschel - pixabay/ Elektroauto
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Elektromobilität: Viele Fragen?

Wie kommen wir weg von Mythen und Glauben, hin zu Fakten und Wissen?

Für die Umsetzung der Energieautonomie müssen wir vor allem in den Bereichen Gebäude, Industrie und Mobilität ansetzen. Für die Dekarbonisierung und Effizienzsteigerung im Bereich Mobilität ist die Elektromobilität dabei eine Schlüsseltechnologie. Die aktuelle Berichterstattung zum Thema E-Mobilität rückt allerdings eher Schreckensszenarien in den Mittelpunkt – brennende Autos, die nicht entsorgt werden können, Batterien die mit kostenbaren Rohstoffen aus Kinderarbeit bestückt sind und Feuerwehren die Angst vor neuer Brandlast haben. Doch sind die Sorgen berechtigt, oder sitzen wir hier vielleicht Irrglauben auf?

„Energie Tirol soll mit dem Projekt So fährt TIROL 2050 die E-Mobilität in Tirol vorantreiben. Wir beschäftigen uns daher intensiv mit Vor- und Nachteilen dieser Technologie. Mit diesem Wissen im Hintergrund möchten wir bestehende Mythen zur Elektromobilität aufdecken und mit validen Fakten weg vom ‚ich glaube‘ hin zum ‚ich weiß‘“, so DI Bruno Oberhuber, Geschäftsführer der Energieberatungsstelle des Landes.

Fährt man mit E-Autos wirklich schadstofffrei?

Das hängt ganz stark davon ab, mit welchem Strom das Auto geladen wird. Österreich und auch Tirol haben hier durch den bereits bestehenden, hohen Anteil an Strom aus Wasserkraft eine günstige Ausgangslage. Bei einem Verbrauch von ca. 25 kWh/100 km (z.B. Nissan Leaf, 110 kW bzw. 150 PS), einer durchschnittlichen Jahresfahrleistung von 15.000 km und einer Lebensdauer von 15 Jahren emittiert ein Elektroauto mit dem aktuellen österreichischen Strommix ca. 101 g CO2Äqu./Fkm. Das ist weniger als die Hälfte gegenüber Benzin (225 g CO2Äqu./Fzkm) oder Diesel (178 g CO2Äqu./Fkm). Fakt ist damit: Es gibt derzeit keinen klimafreundlicheren Antrieb.

Werden durch den Ausbau der Elektromobilität kostbare Rohstoffe und seltene Erden verbraucht?

Die seltenen Erden die im Zusammenhang mit E-Autos oft genannt werden sind nicht wie häufig angenommen in den Batterien der Elektroautos verbaut, sondern in den Elektromotoren der Autos – und damit genauso in jenen von allen gängigen Haushaltsgeräten. Hierbei ist vorab zu erwähnen, dass die Bezeichnung Seltene Erden irreführend ist. Diese Bezeichnung stammt aus der Zeit der Entdeckung dieser Elemente und beruht auf der Tatsache, dass sie zuerst in seltenen Mineralien gefunden wurden. Einige der Metalle der Seltenen Erden kommen in der Erdkruste häufiger vor als beispielsweise Blei oder Kupfer. Aufgrund der weltweiten Reserven und Ressourcen von strategischen Rohstoffen für die Elektromobilität ist mit keiner physischen Verknappung zu rechnen. Lediglich kann es aufgrund wirtschaftlicher oder geopolitischer Ursachen zu temporären Engpässen kommen.

Wie sieht die ökologische und soziale Belastung in jenen Ländern aus, in denen Rohstoffe für die Akkus der Elektroautos abgebaut werden?

Die derzeit in E-Autos eingesetzten Lithium-Ionen-Batterien bestehen im Wesentlichen aus Lithium, Nickel, Mangan, Kobalt, Graphit und Aluminium.
In etwa die Hälfte der globalen Lithium-Förderung passiert derzeit in Lateinamerika (Bolivien, Chile, Argentinien). Für Kritik sorgt dabei der für die Gewinnung implizierte Wasserverbrauch in den ohnehin schon sehr trockenen Gebieten (z.B. der Atacamawüste). Was viele nicht wissen: hierbei wird kein Trinkwasser verwendet, sondern Salzsole aus der wiederum Metalle wie Lithium gewonnen werden. Um die negativen Auswirkungen auf den Wasserhaushalt für Mensch und Tier zu minimieren werden zudem bereits erste Ansätze verfolgt z.B. wird Restwasser aus der Gewinnung wieder in den Boden zurückgegeben oder das Grundwasser durch Wasser aus dem Pazifik ersetzt.

Weitere 40 % des weltweit abgebauten Lithiums stammen aus Australien. Dort sind die Bedingungen aufgrund anderer Abbaumethoden bereits etwas besser.
Über 50 % der globalen Kobaltförderung erfolgt in der politisch instabilen DR Kongo. Ca. 20 % stammen dabei aus dem Kleinbergbau, in welchem auch Kinder tätig sind. Industrielle Minen sind auf Kinderarbeit nicht angewiesen. Viele Hersteller von Elektroautos sind sich dieser sozioökonomischen Probleme sowie ihrer Verantwortung darüber bewusst und setzen für die Anwendung in ihren Fahrzeugen entsprechende Nachweise voraus oder verzichten ganz auf Kobalt aus dem Kleinbergbau. Des Weiteren wird der Kobalt-Anteil in den Batterien sukzessive reduziert bzw. versucht komplett zu substituieren, nicht zuletzt auch aus ökonomischem Interesse.

Sind die Akkus von Elektroautos der Sondermüll von morgen?

Um den anfallenden Abfall gering zu halten, die Primärförderung neuer Rohstoffe und deren negative Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren, temporären Versorgungsrisiken entgegenzuwirken und eine erhöhte Unabhängigkeit von EU-externen Rohstofflieferanten zu erreichen, ist das Recyceln von ausgedienten Akkus eine unumgängliche Maßnahme. Von der EU wird derzeit eine Rückgewinnungsquote von 50 % auf das Batteriegewicht gefordert. Auf Recycling spezialisierte Unternehmen erreichen bereits heute nennenswerte rohstoffspezifische Rückgewinnungsquoten (z.B. die Firma Duesenfeld aus Niedersachsen: Kobalt >95 %, Nickel >93 %, Lithium >60 %, Kupfer >95 %). Akkus von E-Fahrzeugen sind somit kein Recyclingproblem.

Sind unsere Feuerwehren für brennende E-Autos gerüstet?

Im Brandfall erfolgt die Flammenbekämpfung wie auch bei Verbrennern mit Wasser (Zugabe von Schaum ist möglich). In weiterer Folge sowie bei Unfällen ohne Brand (z.B. nur Rauchentwicklung in Nähe der Hochvoltbatterie) gilt es den Akku mit Wasser zu kühlen. Da zum Löschen von E-Fahrzeugen nicht mehr Wasser benötigt wird, als bei Benzin- oder Dieselfahrzeugen, ist auch das Fassungsvermögen der Wassertanks der Löschfahrzeuge völlig ausreichend.

Da in manchen Fällen die erstmalige Kühlung der Hochvoltbatterie nicht ausreicht, kann es zu einem erneuten Brandausbruch kommen. Eine erneute Reaktion kann auch erst nach Tagen passieren. Aus diesem Grund ist der Abstellplatz havarierter E-Fahrzeuge so zu wählen, dass keine weitere Gefahr davon ausgeht. Präventiv bzw. als weitere Kühlmaßnahme werden E-Fahrzeuge in teilweise extra dafür gefertigten Containern für mehrere Tage mit Wasser geflutet. Der Landesfeuerwehrverband Tirol ist entsprechend geschult und ausgestattet, dass es hierbei zu keinen Problemen kommen kann.
Diese und noch viele weitere Fakten zum Thema E-Mobilität hat Energie Tirol in einem Q&A für alle Interessierten aufbereitet. Die ExpertInnen stehen zudem jederzeit für weitere Fragen zur Verfügung.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /