© Energieagentur der Regionen / eCarsharing macht Spaß und ist sinnvoll
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Carsharing: Eindeutig eine Option

Bundesverband CarSharing e.V.. meldet sich zu Wort

Das von der Unternehmensberatung A.T. Kearney veröffentlichte Papier „The Demystification of Car Sharing“ bezieht sich nicht auf den deutschen Carsharing-Markt, so der Bundesverband CarSharing e.V.. Es ist vielmehr eine Auseinandersetzung mit ShareNow, dem CarSharing-Angebot der beiden Automobilkonzerne Daimler und BMW, sowie den ähnlich gelagerten Nachfolgeprodukten der Konzerne Volkswagen (WeShare) und Sixt (Sixt share).

Der Zuschnitt der Angebote der genannten Anbieter ist nicht repräsentativ für das CarSharing in Deutschland ( und natürlich auch nicht für Österreich). Die von A.T. Kearney gezogenen Schlüsse bezüglich der Entlastungswirkung des CarSharing treffen auf diese Anbieter möglicherweise zu. Für die übrigen rund 170 CarSharing-Anbieter in Deutschland sind sie hingegen weitgehend irrelevant.

Das Papier von A.T. Kearney wird in einigen Punkten bereits von der Realität widerlegt und fällt in mehreren Punkten hinter den aktuellen Forschungsstand zum CarSharing in Deutschland zurück.

Unter anderem behaupten die Autoren von A.T. Kearney:

CarSharing lässt sich nur in einigen dicht besiedelten Stadtteilen weniger deutscher Großstädte mit mehr als 500.000 Einwohner*innen wirtschaftlich betreiben. Diese Annahme ist durch die Realität bereits widerlegt. Fakt ist: In 61 deutschen Städten mit 100.000 bis 500.000 Einwohnern gibt es heute mindestens ein CarSharing-Angebot. Diese Angebote existieren zum Teil bereits seit 20 Jahren und länger. Fakt ist auch: Ein kleines, reines Free-floating-Angebot gibt es sogar in der Stadt Göttingen (119.000 Einwohner).

A.T. Kearney rechnet für die Städte Köln und Essen exemplarisch vor, dass CarSharing sich dort nicht wirtschaftlich betreiben lasse. Auch diese Annahme ist durch die Realität bereits widerlegt: Sowohl in Köln als auch in Essen gibt es CarSharing-Anbieter, die seit Jahren ohne Hilfe von Investoren oder Subventionen arbeiten. Richtig ist: CarSharing bietet keine lukrativen Gewinnmargen. Aber unmöglich zu betreiben ist das CarSharing-Geschäft nicht. Das haben die zum Teil seit mehr als 25 Jahren bestehenden deutschen CarSharing-Anbieter bewiesen.

A.T. Kearney behauptet, CarSharing leiste keinen oder nur geringen Beitrag zur Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs. Als Beleg wird angeführt, dass etwa 25 Prozent der befragten CarSharing-Kund*innen private Autos nutzen – unabhängig davon, wie häufig sie parallel mit dem CarSharing unterwegs sind. Die Autoren arbeiten hier mit einer Methodik, die für die Untersuchung von Konsumgütern angemessen gewesen wäre. Für die Ermittlung einer Entlastungswirkung durch CarSharing wäre es hingegen methodisch korrekt, den Autobesitz der Befragten im Zeitverlauf der CarSharing-Mitgliedschaft zu betrachten. Das haben die Autoren nicht getan. Fakt ist: Bereits in einigen Studien haben die von A.T. Kearney untersuchten reinen Free-floating-Angebote keine oder nur geringe verkehrsentlastende Wirkung gezeigt. Für die stationsbasierten und kombinierten CarSharing-Varianten wurde der Nachweis einer erheblichen verkehrsentlastenden Wirkung hingegen bereits in zahlreichen wissensch aftlichen Studien geführt.

A.T. Kearney behauptet, CarSharing kannibalisiere den ÖPNV. Fakt ist: In einer Langzeit-Studie aus München wird nachgewiesen, dass bei den Nutzer*innen stationsbasierter CarSharing-Angebote der Besitz von Zeitkarten für den ÖPNV im Verlauf der CarSharing-Mitgliedschaft ansteigt.

Dies sind nur vier Beispiele dafür, wie eklatant das Papier von A.T. Kearney mit der Realität und mit etablierten wissenschaftlichen Erkenntnissen in Konflikt steht.
Um den Status des A.T. Kearney-Papiers klarzumachen, möchten wir festhalten:

Die drei Anbieter ShareNow, WeShare und Sixt share stellen derzeit zusammen etwas weniger als die Hälfte der in Deutschland verfügbaren CarSharing-Fahrzeuge. Sie operieren nur in 7 von 740 Städten und Gemeinden, in denen in Deutschland CarSharing verfügbar ist.

Zusammen mit zwei kleineren Anbietern bilden die genannten Anbieter das Marktsegment des sogenannten „ free-floating CarSharing“. Die Fahrzeuge dieses Angebotstyps „floaten“ innerhalb eines Geschäftsgebiets. Die Fahrzeuge stehen für eine spontane Nachfrage nach dem Zufallsprinzip bereit. Dieser Angebotszuschnitt ist für den deutschen CarSharing-Markt keineswegs repräsentativ. Vorherrschend sind in Deutschland CarSharing-Systeme, bei denen die Fahrzeuge an festen Abhol- und Rückgabepunkten langfristig reservierbar für die jeweils in der Umgebung wohnenden CarSharing-Kund*innen bereitgestellt werden.


Eine Vergleichsstudie aus dem Jahr 2018 zeigt: Nur 33 Prozent der Kund*innen des free-floating CarSharing glauben, dass die Angebotsvariante „Free-floating“ ein vollwertiger Ersatz für ein eigenes Auto ist. In allen anderen CarSharing-Varianten sind hingegen jeweils über 60 Prozent der Kund*innen der Meinung, dass ihr CarSharing-Angebot ein vollwertiger Ersatz für ein eigenes Auto sei. Dieser Unterschied schlägt sich im Autobesitz unmittelbar nieder: In innerstädtischen Wohngebieten von Frankfurt, Köln und Stuttgart leben 80 Prozent der Kund*innen stationsbasierter und kombinierter CarSharing-Angebote in autofreien Haushalten. Unter den Kund*innen des Free-floating-CarSharing liegt die Quote autofreier Haushalte hingegen bei nur 32 Prozent.

Vor diesem Hintergrund erklärt der Bundesverband CarSharing e.V.:
"Die im Bundesverband CarSharing e.V. organisierten Anbieter haben ihre Geschäftsmodelle in jahrelanger Arbeit darauf ausgerichtet, ihren Kund*innen für die wenigen Nutzungszwecke, für die Bus, Bahn und Fahrrad nicht geeignet sind, ein Auto zur Verfügung zu stellen. Sie zielen damit auf einen möglichst geringen Autokonsum ab. Wir hoffen, dass weiterhin immer mehr Bürger*innen in ganz Deutschland von diesem Angebot Gebrauch machen."

Die im Bundesverband CarSharing e.V. organisierten CarSharing-Anbieter und ihre Kunden werden auch weiterhin unbeirrt ihren täglichen, praktischen Beitrag zu einer Verkehrswende in Deutschland leisten.

CarSharing ist nur ein Bestandteil einer Mobilitätswende. Den Beitrag der Dienstleistung sollte man nicht mutwillig schlechtreden.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /