© ÖBF / Erfreuliche Entwicklung im Ausseer Land
© ÖBF / Erfreuliche Entwicklung im Ausseer Land

In der Waldoase: Bundesforste entdecken Hot Spot der Artenvielfalt

Neue Studien weisen Ausseerland als Hot Spot gefährdeter Arten aus – Erfreuliche Nachweise von geschützten Krebsen, Insekten und Amphibien – Erstfunde von Pilzen, Flechten, Moosen

Goldener Scheckenfalter, Alpen-Kammmolch, Schnürsporiger Saftling oder Runzelige Keulenflechte: Tier-, Pilz- und Pflanzenarten mit klingenden Namen, die in Österreich aber bereits alle auf der Roten Liste für gefährdete Arten stehen. Umso erfreulicher sind die Ergebnisse der Untersuchung der Artenvielfalt im steirischen Salzkammergut, die die Österreichischen Bundesforste (ÖBf) im Rahmen ihres LIFE+ Projektes „Naturwald, Moore und Lebensraumverbund im Ausseerland“ in den letzten sechs Jahren durchgeführt haben. „Wälder, Berge, Moore, Bäche und Seen – so vielfältig und schön wie die Landschaft des Ausseerlandes, so artenreich ist auch seine Natur“, zeigt sich Bundesforste-Vorstand Rudolf Freidhager von den Untersuchungsergebnissen begeistert. „Im Ausseerland finden sich viele Arten und Lebensräume, die anderswo in Österreich stark gefährdet sind.“ So überraschten die ExpertInnen etwa die großen Populationen heimischer Steinkrebse, die namhafte Anzahl der sonst eher seltenen Alpen-Kammmolche oder Gelbbauchunken sowie des Alpenbockkäfers. Ebenso gesichtet wurde der Goldene Scheckenfalter, ein sehr seltener Moor-Schmetterling. Zahlreiche urwaldartige Pilze, Flechten und Moose, darunter einige Erstfunde für Österreich, konnten entdeckt werden. „Diese unersetzlichen Lebensräume für die Zukunft zu erhalten, sehen wir angesichts des weltweiten Artensterbens als ganz besondere Verantwortung“, so Freidhager. Im von der EU geförderten LIFE+ Projekt setzten die Bundesforste als größter Grundeigentümer in der Region eine Vielzahl von Maßnahmen zur Verbesserung und Vernetzung von natürlichen Lebensräumen um.

Bedeutende Rückzugsorte für Steinkrebse und Seelauben

Der heimische Steinkrebs ist ein typischer Bewohner sanfter, klarer Bäche von hoher Wasserqualität. Doch die Krebspest – eine Krankheit, die durch den aus Nordamerika eingeschleppten Signalkrebs übertragen wird – setzt den Beständen massiv zu. Umso erfreulicher ist die Entwicklung in den Bächen des Ausseerlandes. 13 Populationen mit insgesamt mehr als 16.000 Individuen konnten gezählt werden. „Wir helfen dem Steinkrebs, neue Lebensräume zu besiedeln“, erklärt Freidhager. Im Rahmen des LIFE+ Projektes wurden etwa Spezialrohre unter Forststraßen eingebaut, um eine ungehinderte Wanderschaft der Tiere flussaufwärts zu ermöglichen und damit den genetischen Austausch zu fördern. Auch die Seelaube kommt von Natur aus nur in sehr wenigen Alpenseen vor und gilt als schützenswert. Dass sich der Fisch im Grundlsee besonders wohl fühlt, zeigten die Seelaubenzählungen der Bundesforste. Bis zu 7.500 Exemplare konnten auf ihrem Laichzug in den Seezufluss erfasst werden. Damit die Bestände weiterwachsen, öffneten die Bundesforste einen Altarm und gestalteten so ein zusätzliches Jungfisch- und Laichhabitat im See.

Von seltenen Molchen, Spechten, Käfern und Schmetterlingen

Eher selten im Alpenraum anzutreffen ist der Alpen-Kammmolch. Im Ausseerland sind die Bestände auch für die ExpertInnen überraschend hoch. Damit dies so bleibt, legten die Bundesforste 45 zusätzliche Tümpel als Laichgewässer an, die auch von der Gelbbauchunke genutzt werden. Ebenso entdeckten die ExpertInnen eine der größeren Populationen an Alpenbockkäfern in Österreich. Diese Reliktart aus der Urzeit ist, um zu überleben, auf große, abgestorbene Buchenstämme angewiesen. Ihr Vorkommen ist ein Zeichen für besonders naturnahe Wälder. Dass die Bundesforste ausreichend Totholz in den Wäldern belassen, nützt auch Weißrückenspecht, Schwarzspecht sowie vielen Insekten- oder Pilzarten. Die Vogelzählungen der letzten Jahre weisen auf ein überdurchschnittliches Spechtvorkommen im Ausseerland hin. Ebenso gesichtet wurde der Goldene Scheckenfalter, der zu den seltensten Arten des Landes zählt. Er ist hochspezialisiert, denn seine Raupen ernähren sich ausschließlich von den Blüten und Blättern des Teufelsabbisses, einer Pflanze, die nur in Moorlandschaften gedeiht.

Überraschende Erstnachweise für Pilze, Flechten und Moose

240 Pilz-, 124 Flechten- und 50 Moosarten auf Totholz konnten im Ausseerland nachgewiesen werden – von teils hoher wissenschaftlicher Relevanz: So konnte etwa der Braunschneidige Wasserfuß, der Schnürsporige Saftling oder das Lilaweiße Byssuskeulchen – allesamt Pilze – überhaupt erstmals in Österreich entdeckt werden. Von den mehr als 100 Flechtenarten ist der Fund der Rotkopfflechte der bedeutendste: Auch sie wurde erstmals in Österreich gesichtet. Bei den Moosen sticht der Fund des Gabelzahnmooses sowie des Grünen Koboldmooses hervor, die EU-weit geschützt sind.

LIFE+ „Ausseerland“: Größtes Naturraummanagement-Projekt der Bundesforste

Das LIFE+ Projekt „Ausseerland“ startete 2013 und endete nun nach einer Laufzeit von sechs Jahren im Juni 2019. Auf einer Projektfläche von rund 24.000 Hektar – vom Dachstein bis zum Toten Gebirge – setzten die Bundesforste zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung von Wäldern, Mooren und Fließgewässern um. So wurden Lebensräume für geschützte Arten gestaltet und miteinander vernetzt und gleichzeitig 860 Hektar Naturfläche freiwillig unter Natura 2000-Schutz gestellt. Das Projektvolumen betrug rund 5,7 Mio. Euro. Rund die Hälfte wird über das EU-Programm LIFE+ finanziert, mehr als ein Drittel bringen die Österreichischen Bundesforste in Eigenleistung ein. Weitere finanzielle und organisatorische Unterstützung kam vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, dem Land Steiermark, den Gemeinden Altaussee und Grundlsee, der Abt. 14 Schutzwasserwirtschaft des Landes Steiermark sowie der Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV).


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /