© Energypeace
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Österreichs Klimaziele mehr Marketing als ambitioniert - eine brisante Klarstellung

ENERGYPEACE Stellungnahme zu dem Brief von Frau BM Köstinger zur Petition „Für eine neue und bessere Klima-und Energiepolitik“

Einleitung

ENERGYPEACE hat Anfang 2019 eine Petition für eine „Neue Energie- und Klimapolitik“ an die Bundesregierung gerichtet (siehe: www.energypeace.at). Diese Petition wurde bisher von mehr als 700 Personen unterstützt. Frau BM Köstinger hat in ein einem umfangreichen Schreiben zu den Inhalten der Petition Stellung genommen.
ENERGYPEACE dankt Frau BM Köstinger und ihrem Team für die ausführliche Stellungnahme zu dieser Petition. Die Antwort der Frau Bundesministerin zeigt jedoch, dass es große Unterschiede in der Bewertung der Maßnahmen gibt, die die Regierung plant. Im Sinne der Weiterführung einer sachlichen Diskussion nimmt daher ENERGYPEACE in diesem Papier zur Antwort der Frau Bundesministerin Stellung.

Klimawandel als Mega Bedrohung:

Es ist erfreulich, dass der Klimaschutz ein zentrales Anliegen der Bundesregierung darstellt und die Bundesregierung betont, dass rechtlich verbindliche Ziele umzusetzen sind. Auch der Aussage, dass
es eines grundlegenden Umbaus des Energie- und Mobilitätssystems bedarf, ist voll zuzustimmen.
Wie ernst die Situation mittlerweile, global gesehen, schon ist, zeigt ein Bericht des TIME Magazins
vom 4. März 2019 mit der Titelseite „DIRE WARNING – Australia’a historic drought and a world transformed by Climate Change“, in dem über die katastrophale Dürre in Australien berichtet wird.

Ehrgeizige Ziele der Klimastrategie: stimmt nicht!

Das Paris Abkommen liefert den rechtlich verbindlichen Rahmen für die Klimapolitik. Es besagt, dass Österreich bis 2040 weitgehend aus den fossilen Energien aussteigen muss.
Das erfordert:
* einen Rückgang der Emissionen um vier Mio. t jährlich,
* einen Rückgang im Verbrauch fossiler Energien um 5% jährlich und einen entsprechend raschen
* Ausbau der erneuerbaren Energien.
Gemessen an diesen Vorgaben sind die Ziele der Regierungsstrategie ungenügend und überhaupt nicht ambitioniert wie folgende Übersicht bis 2025 zeigt.

Übersicht 1, Ziele zur Reduktion der Emissionen bis 2025: Paris Abkommen, Klimastrategie, Leuchtturmprojekte, Entwurf zum Energieplan in Mio. t CO2e

Paris Abkommen:
2017 IST: 82,3
2021 (Ziel): 76,0
2025 Ziel: 60,0
Klimastrategie-Ziel 2025: 70 (Strafzahlungen in Milliardenhöhe drohen!)
Anmerkung der Redaktion: Diese Tabelle ist aus grafischen Gründen gekürzt. Sie finden die Tabelle hier
Gemäß dem Paris Abkommen sollten die Emissionen bis 2025 auf unter 60 MIo.t sinken. Doch das Ziel der Regierungsstrategie liegt bei 70 Mio.t und die Maßnahmen (Leuchtturmprojekte) lassen erwarten, dass die Emissionen sogar bei 78 Mio. t liegen werden, also um 18 Mio. t höher als erforderlich! Noch größere Diskrepanzen sind für das Jahr 2030 zu erwarten.
Es drohen sogar große Strafzahlungen, weil zu befürchten ist, dass nicht einmal die Vorgaben aus Brüssel eingehalten werden können. Es ist daher nicht richtig, zu sagen, die Ziele sind ambitioniert; im Gegenteil, diese Aussage ist irreführend.

100% erneuerbarer Strom bis 2030: positiv

Dieses Ziel ist zu begrüßen. Es erfordert im Vergleich zu den letzten Jahren eine jährliche Verdoppelung im Windausbau und eine Erhöhung der Zahl der jährlich installierten Kapazitäten der PV Anlagen, ausgedrückt in MW, um das Fünffache.
Es muss sichergestellt werden, dass es mit dem neuen Gesetz gelingt, diese Beschleunigung zu erreichen.
Als negativ muss angemerkt werden, dass es im Entwurf zum Nationalen Energie- und Klimaplan eine Ausnahmebestimmung für die fossil erzeugte Stromerzeugung in Unternehmen gibt, die das Ziel von 100% erneuerbarer Strom auf knapp über 90% erneuerbarer Strom senkt.

Ökosozialer Steuerumbau: fehlt in der Stellungnahme

Der ökosoziale Steuerumbau wird in dem Schreiben nicht direkt angesprochen sondern von der
„Entlastung Österreich“ gesprochen und von ökologischen Anreizen. Das ist zu wenig, denn die
höhere Besteuerung der fossilen Energieträger in Verbindung mit der Senkung anderer Abgaben ist
die Schlüsselmaßnahme zur Senkung der Emissionen. Das wurde auch in einem Appell für eine ökologische Steuerreform vom 8. Jänner an die Bundesregierung, der von 15 namhaften Klimawissenschaftlern und Umweltökonomen unterschrieben wurde, ausgedrückt.
Die von der Regierung vorgeschlagenen Maßnahmen – Leuchtturmprojekte - reichen bei weitem nicht, um die CO2 Emissionen rasch und ausreichend zu senken wie folgende Übersicht (Seite 2, Übersicht 2) zeigt.
Die Förderung der Wasserstofftechnologie bringt bis 2025 keinen Beitrag zur Emissionsreduktion; der rasche Ausbau der E-Mobilität auch nur 0,2 Mio.t weniger Emissionen. Bis 2025 werden die Emissionen aufgrund der Leuchtturmprojekte bestenfalls um 2 Mio. t sinken, notwendig wären aber 20 Mio. t.

Die folgende Übersicht (Seite 3) zeigt aus einer längeren Liste jene fünf Maßnahmen, die nach Ansicht von ENERYPEACE bis 2025 den größten Beitrag zur Senkung der Emissionen bringen.

Die Übersicht zeigt, dass der Steuerumbau die mit großem Abstand wichtigste Maßnahme zur Senkung der Emissionen ist. Wird auf diesen Umbau verzichtet, so scheitert die Klimapolitik.

Das erneuerbare Ausbaugesetz 2020: positiv mit Einschränkungen

Ein Ausbaugesetz für erneuerbaren Strom, das den vorhin zitierten raschen Ausbau sicherstellt, ist
natürlich zu begrüßen. Die Ausbauziele sollen identisch sein mit den Kapazitätsangaben in der
Petition und die Fördermaßnahmen auf diese Ziele hin ausgerichtet.

Grünes Gas:

Erneuerbarer Strom aus Wind und Photovoltaik hat in Österreich noch großes Ausbaupotential. Diese muss so schnell wie möglich genutzt werden. Dieses große Potential gibt es jedoch nicht für erneuerbares Gas (Biomethan, auch grünes Gas genannt).
Der Gasbedarf in Österreich liegt aktuell in der Größe von 8 Milliarden Kubikmeter.
Die aktuelle Erzeugung von grünem Gas (Biogas aufgewertet zu Biomethan) liegt in der Größe von ca 160 Mio. Kubikmeter also bei 2% des Gasverbrauchs insgesamt.
Selbst bei einer Verzehnfachung dieser Menge, was theoretisch vielleicht möglich ist, wären das nur 20% des aktuellen Gasbedarfs.
Gas ist ein hochwertiger Energieträger mit hoher Exergie und wird verwendet zur Hochtemperaturbereitstellung in der Industrie, zur Stromerzeugung, im Verkehrssektor und zur Bereitstellung von Niedertemperaturwärme für Warmwasser und Raumheizung.
Aus Klimaschutzgründen muss die Bereitstellung von Erdgas in allen Sektoren stark zurückgehen. Das beschränkt verfügbare Grüne Gas soll nur hochwertig genutzt werden, also für Hochtemperaturzwecke, zur Stromerzeugung und für Transportzwecke aber sicher nicht für die Raumwärmebereitstellung. Das wäre ein grober energiepolitischer Fehler. Die angekündigte Einspeiseregelung für Grünes Gas darf nicht zu einer Irreführung der Konsumenten in der Form führen, dass diese meinen, sie nutzen erneuerbares, klimaneutrales Gas während in Wirklichkeit weiter der Großteil des Gases fossilen Ursprungs ist.
Daher ist die Einspeisung von Grünem Gas nur insofern sinnvoll als das Gas für hochwertige Zwecke verwendet wird. In der Raumwärmeversorgung – Fernwärme wie Einzellösungen - soll Gas ersetzt werden durch erneuerbare Wärme (feste Biomasse, Solarthermie), durch Abwärme und durch Wärmepumpen, wenn der Strom aus erneuerbaren Quellen kommt z. Bsp. aus Biogas oder Holzkraft.

Schlussbemerkungen

Das Hauptanliegen der Petition ist der ökosozialer Steuerumbau und damit verbunden der rasche Rückgang der Emissionen, wie es dem Abkommen von Paris entspricht. Die Antwort zeigt, dass die Bundesregierung dieser Forderung bis jetzt nicht näher tritt und auch keine überzeugenden Konzepte verfolgt, die die notwendige Senkung der Emissionen erlauben.
Das Anliegen der Petition ist daher nach wie vor mehr als berechtigt.

Aussendung: Energypeace. Die Übersichtstabellen wurden aus grafischen Gründen nur verlinkt bzw. gekürzt. Der Titel wurde von der Redaktion ergänzt. Die Original-Aussendung finden Sie hier. Wer die Petition noch nicht unterschrieben hat, kann dies hier nachholen: www.Energypeace.at


Artikel Online geschaltet von: / Lukas Pawek /