© Ralf Vetterle- pixabay.com
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Klima- und Energieplan: Akutes Handeln notwendig!

Langfristig entscheidender Klima- und Energieplan der Bundesregierung an Brüssel übermittelt: Details, Bewertung, Kritik und was jetzt geschehen muss!

2018 hat gezeigt, was kommt, wenn aus der aktuellen Klimakrise eine Klimakatastrophe werden würde: Immer neue Rekordtemperaturen, immer extremere Witterung, Dürre, starke Schneefälle und schwere Schäden.

Ein Beispiel: 150 Mio. Euro alleine in Oberösterreich im Vorjahr. Es ist klar, dass es so nicht weitergeht. In der Vorwoche wurde vom Umweltbundesamt die aktuelle Klimabilanz 2017 präsentiert - neuerlich sind die Emissionen angestiegen. Und weltweit steigen die Emissionen ebenfalls weiter an. Der Entwurf des „Nationalen Klima- und Energieplans“ (NEKP), den die Bundesregierung zum Erreichen der Klimaziele zu Jahreswechsel an Brüssel übermittelt hat, liegt nun vor und soll der Klimakrise gegensteuern. Um den Klimaplan gemeinsam zu bewerten, lud der oberösterreichische Klimaschutz-Landesrat Anschober letzte Woche Expert/innen aus Wissenschaft und Forschung sowie die gesamte Umweltbewegung, darunter viele Organisationen und NGOs, zur gemeinsamen Klimakonferenz ein. Das Urteil der Expert/innen ist verheerend: Der Klimaplan stellt einen Rückschritt dar und wird der Klimakrise nie und nimmer gegensteuern können. Die Endversion des Klimaplans ist viel zu vage formuliert, nennt keine konkreten Zahlen und Maßnahmen. Der NEKP lässt zentrale Fragen offen - so fehlen nach wie vor konkrete Finanzierungspläne und Zeitpläne für zahlreiche Vorhaben. Zwar geht aus dem Papier hervor, dass die Umsetzung mit einem „erheblichen Finanzierungsbedarf vonseiten der öffentlichen Hand“ einhergehe, die Gesamthöhe der Ausgaben sei jedoch „noch zu klären“.

"Der Hauptaufgabe, nämlich die politische Abstimmung von wichtigen, offenen Klimaschutzmaßnahmen kam man nicht nach. Und vielfach fehlen sogar die konkreten notwendigen Maßnahmen und wurden Maßnahmen aus der Klimastrategie und dem Regierungsübereinkommen der Bundesregierung sogar wieder zurückgenommen bzw. aufgeweicht, " so Oberösterreichs Klimaschutzlandesrat Rudi Anschober. Und weiter: „So wird das nichts mit der überfälligen Klimaoffensive in Österreich. Ich fordere daher von der Bundesregierung vehement, das Klima-Debakel noch abzuwenden und den Klimaplan noch einmal neu zu bearbeiten, zu konkretisieren und mit zusätzlichen Maßnahmen nachzubessern.“

„Der Klimaplan ist ein Rückschritt in der Klimapolitik. Am wichtigsten ist, dass nun der Beginn einer echten Klimaschutzoffensive folgt - mit massiven Einsparungen an Emissionen der Treibhausgase in allen Bereichen. Vor allem im Verkehr durch einen drastischen Ausbau des Öffentlichen Verkehrs, im Bereich der Energie durch einen raschen Ausstieg aus der Verbrennung von fossilen Energieträgern und damit einer starken Beschleunigung der Energiewende, durch ein rasches Streichen der Milliarden an klimaschädigenden Subventionen und durch eine umfassende ökosoziale Steuerreform, die Klimaschutz finanziell belohnt und klimaschädigendes Verhalten verteuert“, fordert Landesrat Anschober einen ehrlichen Neubeginn für den Klimaschutz. Zusätzlich zum Neustart der Erarbeitung des Klimaplans braucht es Sofortmaßnahmen, um die dramatische Negativentwicklung zu beenden und Österreich auch Kurs des Pariser Weltklimavertrages zu bringen:

* Verkehrswende einleiten: zusätzliche Nahverkehrsmilliarde sowie Milliarde für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs in ländlichen Regionen, Ausbauoffensive für den Radverkehr sowie für ein flächendeckendes Angebot einer Ladeinfrastruktur für E-Mobilität

* Turbo für die Energiewende: Weichenstellen für 100% erneuerbare Energieversorgung durch neues Ökostromgesetz und Ökowärmegesetz und Energieeffizienzgesetz

* Einstieg in den Ausstieg aus den klimaschädigenden Subventionen: Ökosoziale Steuerreform im Rahmen der geplanten Steuerreform

Die Klimabilanz 2017

Das Umweltbundesamt veröffentlichte in der Vorwoche die aktuelle Klimabilanz 2017. Die Treibhausgas-Emissionen in Österreich sind, von 2016 auf 2017 um rd. 3,3% gestiegen und liegen bei 82,3 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent, so die Treibhausgas-Bilanz des Umweltbundesamtes für das Jahr 2017. Das bedeutet einen Anstieg um rd. 2,7 Mio. Tonnen mehr Emissionen als im Jahr 2016. Die ausschlaggebenden Faktoren für diese schlechte Entwicklung sind die Steigerung des Einsatzes fossiler Energieträger im Bereich Energie, Industrie und Transport. 2017 ist es nicht gelungen, das Wirtschaftswachstum vom Einsatz fossiler Energieträger zu entkoppeln.

Treibhaus-Gas Emissionen im Verkehrssektor gestiegen

Seit dem Jahr 1990 verzeichnen wir im Verkehrssektor eine Steigerung der Treibhausgas-Emissionen in der Höhe von 71,8%. jetzt braucht es gerade im Verkehrsbereich dringend ein umfassendes Maßnahmenpaket, vom Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel, über die Stärkung der Infrastruktur für E-Mobiltät bis zur Umsetzung einer vernünftigen Raumordnungspolitik. „Wirksame Klimaschutzmaßnahmen zu setzen, wurde jahrelang verabsäumt. Die Treibhausgas-Emissionen von 2016 auf 2017 sogar gestiegen. Jetzt muss dringend gehandelt werden und endlich mit konkreten Maßnahmen, wie dem Ausbau des ÖV, einer ökosozialen Steuerreform, Beschleunigung der Energiewende, etc. gegengesteuert werden“, sagt Landesrat Anschober.

Die Kritikpunkte am NEKP im Detail

Mit 182 Seiten ist der Klimaplan knapp doppelt so lang wie die Anfang April veröffentliche „Mission 2030“ der Regierung. Während einige Bereiche seither konkretisiert wurden, lässt der Klimaplan zentrale Fragen offen. So fehlen nach wie vor konkrete Finanzierungspläne für zahlreiche Vorhaben. Zwar geht aus dem Papier hervor, dass die Umsetzung mit einem „erheblichen Finanzierungsbedarf vonseiten der öffentlichen Hand“ einhergehe, die Gesamthöhe der Ausgaben sei jedoch „noch zu klären“.

Der Hauptkritikpunkt am NEKP der Bundesregierung ist, dass es sich bloß um Überschriften handelt und die Umsetzung und konkrete Maßnahmen vermissen lässt. Die Zielsetzungen der Mission 2030 sind enthalten, aufgelistet wurden jedoch nur Maßnahmen, die politisch ohnehin bereits abgestimmt sind (Bereich Verkehr) bzw. Formulierungen gewählt die völlig unverbindlich sind (Bereich Gebäude). Der Hauptaufgabe, nämlich die politische Abstimmung von wichtigen, offenen Klimaschutzmaßnahmen kam man nicht nach, sie wurde auf das erste Halbjahr 2019 verschoben.

Fehlende Öffentlichkeitsbeteiligung

Zur Erarbeitung des Entwurfs hat keine echte Öffentlichkeitsbeteiligung stattgefunden. Die Konsultation von Mitgliedern des Nationalen Klimaschutz-Komitees (NKK) bis 7.12. war nicht an die Öffentlichkeit gerichtet, sondern nur an Mitglieder eines Gremiums.

Die Konsultation ist auch nicht “frühzeitig und effektiv”, wie das in der Governance-Verordnung der EU klar festgehalten ist. Eine frühzeitige und effektive Einbindung der Öffentlichkeit ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Erarbeitung eines “Nationalen Energie- und Klimaplans”, der sich auf öffentliche Unterstützung und Akzeptanz in der Bevölkerung stützen muss.

Auch im Zeitplan zur Erarbeitung des Nationalen Klima- und Energieplans (NEKP) wird eine Beteiligung der Öffentlichkeit erst in der zweiten Jahreshälfte 2019 vorgesehen, nachdem alle Inhalte erarbeitet wurden und die wissenschaftlichen Wirkungsabschätzungen bereits erfolgt sind. Interessensverbände und Öffentlichkeit müssen schon bei der Erarbeitung des NEKPs eingebunden werden und nicht erst, nachdem die meisten Entscheidungen gefallen sind.

Umweltschädliche Anreize und Förderungen

Zum Thema umweltschädliche Anreize und Förderungen will die Bundesregierung eine Liste bis Juni 2019 erstellen, die dann diskutiert und reflektiert werden soll. Damit widerspricht der Entwurf auch dem Ziel des Regierungsprogramms, in dem wörtlich ein „Eliminieren“ kontraproduktiver Subventionen vorgesehen ist.


Landesrat Anschober: „Über die Diskussion und Reflexion von Förderungen und Anreizen für umwelt- und klimaschädliches Verhalten sollten wir schon längst hinaus sein, wenn Klimaschutz auch nur im geringsten ernst gemeint ist. Schon seit Jahren fordere ich vom Bund bspw. das fossile Relikt „DieselPrivileg“ endlich zu beseitigen. Der NEKP bietet nun Möglichkeit solche längst überfälligen Maßnahmen umzusetzen – sie bleibt ungenutzt.“

Ölheizungen

Der in diesem Bereich politisch laufend angekündigte Entwurf zum “Ausstieg aus der Ölheizung” wird im NEKP abgeschwächt. Gemäß NEKP-Entwurf wird lediglich “angestrebt“ ab 2021 nur noch Heizsysteme auf Basis erneuerbarer Energie einzusetzen. In der #Mission2030 wird zwar angekündigt, dass “der Ausstieg aus fossiler Energie im Neubau ab spätestens 2020” kommen soll, wenige Zeilen später wird das aber wieder relativiert und der Einbau von “Gasheizungen in Ausnahmefällen” eingefügt. Ein konsequenter Ausstieg aus fossiler Energie sieht anders aus. Nach jahrelangen Forderungen des Klimaschutzressorts wurde ein Aus für Ölheizungen im Neubau angekündigt. Ziel muss es sein, von der Installation neuer Ölheizungen wegzukommen. Nach Expertenschätzungen liegt diese derzeit insgesamt bei rund 1.000 neuen Ölheizungen pro Jahr - im Neubau, bei der Sanierung und durch einen direkten Kesselumtausch von Öl auf Öl.

„Der vorliegende Entwurf des oberösterreichischen Energieressorts für ein Verbot von neuen Ölheizungen trifft nur auf die erste Gruppe, den Neubau, zu - und auch hier sind massive Ausnahmen vorgesehen. Expert/innen schätzen, dass davon jährlich daher nur rund 3% der Gesamtmenge neuer Ölheizungen betroffen sein werden. Damit würde Oberösterreich die schwächste Regelung der österreichischen Bundesländer erhalten. Oberösterreich braucht beim Klimaschutz viel mehr Tempo - der Ausstieg aus neuen Ölheizungen ist dazu eine wichtige Nagelprobe. Oberösterreich sollte daher die viel umfassendere Regelung Wiens oder Salzburgs übernehmen“, fordert Anschober viel mehr Tempo und Mut beim Klimaschutz.

Folgekosten nicht einberechnet

Folgekosten durch mögliche Klimaverfehlungen fanden in Klimaplan keinen Platz. Expert/innen aus dem Umweltministerium sprachen in einem Sideletter des Entwurfs im November noch von CO2-Überschreitungen im Verkehrssektor von 4,8 bis 6,2 Millionen Tonnen CO2 bis zum Jahr 2030. Allein im Mobilitätsbereich müsste mit Zertifikatszukäufen „im mittleren einstelligen Milliardenbereich“ gerechnet werden, hieß es damals.

Zusammenfassend ist zu sagen, nicht nur lässt der NEKP klare Bekenntnisse und konkrete Maßnahmen vermissen, er weicht sogar noch die völlig unzureichende #Mission2030 weiter auf. Ein folgenschweres Vorgehen, denn neben dem Erhalt einer lebenswerten Welt für unsere Kinder, riskiert die Bundesregierung auch Strafzahlungen in Höhe von bis zu 8,7 Mrd., wenn die EU-Ziele nicht erreicht werden – das würde ganz Österreich hart treffen.


Artikel Online geschaltet von: / stevanov /