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Grüner flüssiger Brennstoff als Ersatz für fossiles Heizöl?

Fachverband Energiehandel meint: "Mit neuen Green liquid fuels kann der mittelfristige Ausstieg aus fossilem Heizöl in eine grüne Zukunft gelingen"

"Der Fachverband des österreichischen Energiehandels bekennt sich zu den Pariser Klimaschutzzielen und zu der in der österreichischen Klima- und Energiestrategie vorgesehenen Forcierung von Energieeffizienz und erneuerbaren Energien. Damit verbunden ist unter anderem der mittelfristige Ausstieg aus dem fossilen Energieträger Heizöl", sagt Jürgen Roth, Obmann des Fachverbandes Energiehandel in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).


In intensiven Forschungen und Tests wurde zum Beispiel ein innovativer erneuerbarer flüssiger Energieträger entwickelt: Hydrotreated Vegetable Oil (kurz HVO). "HVO ist sozusagen synthetisches Heizöl, das zum überwiegenden Teil aus Reststoffen - pflanzlichen und tierischen Fetten und Abfällen - besteht. Es hat keinen Nachteil gegenüber fossilem Heizöl", so Roth.

Die Fakten:

* HVO ist ebenso CO2 neutral wie andere feste biogene Brennstoffe, produziert keinen Feinstaub und ist geruchsneutral.
* Bei Umstellung auf neue Brennwerttechnologie kann Hydrotreated Vegetable Oil im bewährten Heizsystem auch weitergenutzt werden: Das Einsparungsvolumen gegenüber den Umstellungskosten auf andere Energieträger beträgt 20 Milliarden Euro. "Der Einsatz von HVO ist damit sozial- und standortverträglich", hält Fachverbandsobmann Roth fest, "ein Umstieg auf andere Energieformen ist nicht notwendig."

Momentan wird Hydrotreated Vegetable Oil (HVO) - ein green liquid fuel - in ganz Österreich in bestehenden modernen Brennwertkesseln von Einfamilienhäusern getestet. Projektpartner sind Kesselerzeuger bzw. Kessellieferanten für Service und Emissionsmessungen, der Energiehandel für die Bereitstellung von HVO und die Betreiber der Pilotanlagen.

"Heutige Öl-Brennwertkessel haben die Zukunft mit Bioöl bereits eingebaut", erläutert Ing. Peter Huber, Geschäftsführer von Viessmann Österreich. Der österreichische Energiehandel hat außerdem eine Studie bei der Österreichischen Energieagentur in Auftrag gegeben. Diese zeigt, dass der Energieträger Hydrotreated Vegetable Oil die Klimaziele unterstützt und eine wichtige Rolle im Energiesystem der Zukunft einnehmen kann und wird. Konkret kann "die Beimischung von HVO-Brennstoffen zu Heizöl Extraleicht in kurzem Zeitraum einen relevanten Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten."

"Der Ausstieg aus dem fossilen Heizöl ist beschlossene Sache. HVOs bieten die Möglichkeit, marktübliche Heizölbrennersysteme weiterzuverwenden und mit diesen klimafreundlich zu heizen", sagt Peter Traupmann, Geschäftsführer der Österreichischen Energieagentur. "Würde man das gesamte in Österreich zum Heizen verwendete Öl durch HVO ersetzen, könnte man die Treibhausgasemissionen um 2,4 bis 3,7 Millionen Tonnen senken. Doch selbst wenn lediglich fünf Prozent beigemischt werden, ließen sich die Treibhausgasemissionen über den Lebenszyklus je nach Rohstoffquelle um etwa 100.000 bis 186.000 Tonnen CO2-Äquivalente jährlich reduzieren. Die dafür benötigten Mengen von rund 47.000 Tonnen HVO entsprechen in etwa der Größenordnung, die 2016 in Österreich im Verkehrssektor verwendet wurde", macht Traupmann die Dimensionen klar. "Die ökologische Performance von HVO hängt stark von den eingesetzten Rohstoffen ab und ist am günstigsten, wenn Reststoffe verwendet werden. Je nach eingesetztem Rohstoff können über den Lebenszyklus gesehen gegenüber fossilen Produkten hohe Treibhausgaseinsparungen erzielt werden: Werden Pflanzenöle eingesetzt sind es etwa 60 Prozent, bei der Verwendung von Altspeisefetten bis zu 90 Prozent."

Die Produktion von HVO-Brennstoffen aus nachhaltigen Rohstoffen aus Österreich sei Traupmann zufolge zudem ein wichtiger Schritt bei der Umsetzung der in der Klima- und Energiestrategie #mission2030 angestrebten Bioökonomie. Ziel dieses Wirtschaftskonzeptes ist es − auch abseits des Energiesystems − fossile Ressourcen in möglichst allen Anwendungen durch nachhaltige Rohstoffe zu ersetzen. "Bioökonomie senkt Österreichs Abhängigkeit von fossilen Importen drastisch, schafft Innovation und Arbeitsplätze und setzt positive Impulse für Klima- und Umweltschutz", so Traupmann weiter. Dem folgend werden in Zukunft das Ressourcenthema im Bereich Biomasse und die Frage, in welchen Wirtschaftsbereichen flüssige Energieträger eingesetzt werden, von großer Bedeutung sein.

Der Weg zum grünen Heizen mit erneuerbarer Energie

Und wie sieht nun der Weg in Richtung green liquid fuels wie HVO aus? Nach dem Abschluss der bereits erwähnten Echttests kann mit dem Einsatz von HVO als hundertprozentigem green liquid fuel gestartet werden. Die sozial verträgliche Umstellung (ohne Zwang) von bestehenden rein fossilen Heizkesselanlagen auf neueste, besonders effiziente Brennwertkesseln mit HVO ab dem Jahr 2025 ist ein weiterer Schritt. Der flächendeckende Einsatz von Heizkesselanlagen mit erneuerbaren synthetischen Energieträgern auf Basis von HVO und weiteren synthetischen erneuerbaren flüssigen Brennstoffen soll ab 2040, spätestens aber 2050 erreicht sein.

Diese synthetischen erneuerbaren Brennstoffe werden gerade weltweit intensiv erforscht und getestet. Es handelt sich dabei um alle unter Einsatz von klimaneutralem Kohlenstoff und erneuerbaren Strom erzeugten flüssigen Brennstoffen, wobei Wasserstoff als Ausgangsbasis besonders relevant ist.

Wenn der komplette Umstieg aus fossilem Heizöl bis 2050 gelingt, bedeutet dies eine jährliche Reduktion von 3,7 Mio. Tonnen CO2, was einem Minus von 4,6 Prozent an den gesamten CO2-Emissionen Österreichs entspricht.
Einen Aspekt der Studie heben Roth, Traupmann und Huber unisono hervor: "Das langfristige Ziel sollte sein, green liquid fuels wie Hydrotreated Vegetable Oil möglichst aus heimischen Rohstoffen herzustellen. Das schafft und sichert unter anderem neue heimische Arbeitsplätze und Absatzmöglichkeiten für die österreichische Landwirtschaft."

"Wir versuchen mit den relevanten österreichischen Entscheidungsträgern die notwendigen Schritte einzuleiten, um das skizzierte Szenarium umzusetzen", so Roth.

Durchsichtiges Ablenkungsmanöver darf Energiewende in Österreich nicht gefährden!

Die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 sieht die präsentierten Vorschläge als nicht geeignet, um die Energiewende in Österreich umzusetzen und fordert stattdessen einen konsequenten Ausstieg aus der Ölheizung in Österreich: "Was heute als Lösungsvorschlag präsentiert wurde, ist nicht mehr als ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver der Ölindustrie. Ob die angedachten synthetischen Kraftstoffe zur Verfügung stehen werden, ist völlig offen, die Gefahr ist, dass Ölheizungen unnötig lange in Betrieb gehalten und KonsumentInnen in der Ölpreisfalle gefangen gehalten werden. Kostengünstige Alternativen sind jetzt schon vorhanden. Es geht deshalb darum, den Ausstieg aus der Ölheizung rechtlich zu fixieren und gute Förderbedingungen für einen Umstieg auf saubere Energie für die Bevölkerung zu schaffen", fordert Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000.

GLOBAL 2000 hat selbst ein Studie in Auftrag gegeben, die zeigt, dass die Umstellung auf 100 Prozent erneuerbare Energie in Österreich machbar ist.* Auch die Herstellung synthetischer Kraftstoffe wurde dabei berücksichtigt. An einem Ölheizungsausstieg führt aber dennoch kein Weg vorbei, weil die begrenzten naturverträglichen Potenziale für Bereiche reserviert werden müssen, wo keine anderen technologischen Lösungen greifen, wie Treibstoffe für den Flugverkehr, die Herstellung von Wasserstoff für die Stahlindustrie oder die Bereitstellung industrieller Prozesswärme. Sollen unnotwendigerweise Ölheizungen mit diesen Kraftstoffen betrieben werden, dann bremst das dazu die Energiewende in allen anderen Bereichen aus. Auch das Potenzial für biogene Kraftstoffe ist eng begrenzt und die Herstellung an die Voraussetzung geknüpft, durch weniger Lebensmittelverschwendung und Reduzierung des Fleischkonsums, den hohen Druck von landwirtschaftlichen Flächen zu nehmen. Schon jetzt sieht man die negativen ökologischen Folgen von Agrotreibstoffen. Die Umweltschutzorganisation warnt daher eindringlich vor einer Ausweitung, das würde höhere Importe von Palmöl bedeuten und damit die Zerstörung von Regenwäldern noch weiter anheizen. Im Wärmebereich ist deshalb ein Ausstieg aus Ölheizung erforderlich, sowie eine Ankurbelung der thermischen Sanierung und höchste Effizienz bei allen Bauvorhaben. GLOBAL 2000 hat ein Hintergrundpapier erstellt, das die notwendigen politischen Schritte dazu aufzeigt.

"Damit der Ausstieg aus fossiler Energie gelingen kann, braucht es eine gesamtstrategische Herangehensweise und daraus abgeleitet, die richtigen Schlussfolgerungen. Diese kann in dem Fall nur lauten, dass für die veraltete Technologie der Ölheizung in einem modernen Energiesystem kein Platz mehr ist. Wien hat bereits den Schritt gemacht und lässt Ölheizungen auch in der Sanierung nicht mehr zu, jetzt braucht es ähnliche Regelungen in allen Bundesländern", fordert Wahlmüller.

Ölheizungen seit Jahrzehnten massive Umweltbelastung

Technologisch ist das zwar möglich, hat aber eine Reihe von Begrenzungen, die einen Einsatz in der Raumwärme nicht sinnvoll machen, so Peter Püspök, Präsident des Dachverbandes Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ). Aktuelle Studien zeigen, dass die Herstellungskosten von HVO deutlich über erneuerbaren Wärmetechnologien liegen, daher jedenfalls eine wesentliche Verteuerung bei derartigen Ölheizungen zu erwarten ist. Eine Verwendung dieses synthetischen Öls wäre nur dann sinnvoll, wenn neue und effiziente Kessel verwendet würden. In diesem Falle ist es aber besser, gleich auf günstigere Erneuerbare umzusteigen. Die Idee, alte, ineffiziente Ölheizungen ohne Kesseltausch mit "HVO" zu füttern, wäre in hohem Maße eine Ressourcenverschwendung. Für die Erzeugung von "HVO" werden große Mengen von erneuerbarem Strom benötigt. Derzeit muss Österreich noch Strom aus Kohle- und Atomländern importieren. Das heißt, der erneuerbare Strom würde an anderen Stellen fehlen. Der Einsatz von "HVO" und ähnlichen Technologien muss dorthin gelenkt werden, wo es keine alternativen erneuerbaren Technologien gibt. Das sind vor allem der Flugverkehr und Teile des Schwerverkehrs.

"Aus all diesen Gründen ist das Versprechen von "sauberen Ölheizungen" €˜ eine Irritation der KonsumentInnen. Für die Abdeckung des Heizbedarfes mit erneuerbaren Energien gibt es zum Beispiel in Form von Pellets, Hackschnitzel, Solarenergie oder Wärmepumpen ausreichend Lösungen, die auch kostengünstiger sind", so Peter Püspök. "Wir sind zuversichtlich, dass die ExpertInnen in der Politik dieses Ablenkungsmanöver vom Ölheizungsausstieg als untauglichen Rettungsversuch einer auslaufenden Technologie erkennen werden."



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /