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GLOBAL 2000: Atom-Schizophrenie der EU beenden - EURATOM-Vertrag jetzt auflösen

GLOBAL 2000 begrüßt Berufung Österreichs gegen Subventions-Genehmigung für AKW Hinkley Point C

In der heutigen Ausgabe der Kronen Zeitung wurde der Beschluss der Österreichischen Bundesregierung für den kommenden Ministerrat angekündigt, gegen die Abweisung der Klage gegen die Genehmigung von Subventionen für das britische Atomkraftwerk Hinkley Point C durch die Europäische Kommission zu berufen.

"Die komplexe Rechtsmaterie betrifft im Grunde die Förderwürdigkeit von Atomkraftwerken, also ob diese aus Steuergeldern hohe Subventionen erhalten sollen, nicht nur wie ohnehin geschieht für die Atom-Unfall-Haftung, den Abriss und die Endlagerung des hochradioaktiven Mülls für Jahrtausende, sondern nach Willen der Europäischen Kommission eben auch für den Neubau von Atomkraftwerken in Europa", erklärt Dr. Reinhard Uhrig, Atomsprecher der österreichischen Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000. "Längst ist klar, dass die Atom-Technologie unsicher und unwirtschaftlich ist - durch einen der Gründungsverträge der Europäischen Union, den EURATOM-Vertrag von 1957, genießt sie aber immer noch eine unverdiente Sonderstellung - und soll weiter gefördert werden."

Hinkley Point: das teuerste Kraftwerk der Welt

Bereits vor Baubeginn des eigentlichen AKW im britischen Hinkley Point kam es zu zwei Kostensteigerungen, derzeit um mehr als ein Viertel (26,88 Prozent) auf 18 Milliarden Pfund gegenüber dem ursprünglich veranschlagten Preis von 16 Milliarden Pfund. Das geplante Startdatum des Reaktors wurde bereits um 15 Monate nach hinten verschoben auf 2027, weitere Kostensteigerungen sind bei Atom-Projekten die Regel. Für dieses Projekt genehmigte die Europäische Kommission 2014 drei Beihilfen, einen Fixabnahmevertrag über 35 Jahre zum überhöhten Strompreis von 92,5 Pfund pro Megawattstunde, einer Kreditgarantie über 17 Milliarden Pfund sowie der Entschädigungszusage, falls zukünftige Regierungen das Kraftwerk früher schließen lassen wollten. Gegen diesen Entscheid legte die Republik Österreich 2015 Nichtigkeitsklage ein.

Fehlerhafte Klagsabweisung und Berufung

Die RichterInnen des Europäischen Gerichts (EuG) argumentierten in ihrer Begründung der Abweisung der österreichischen Klage, dass die Subventionierung grundsätzlich durch den EURATOM-Vertrag gerechtfertigt sei, dessen Ziel die "Förderung der Atomkraft" ist. Da - wie sowohl die Europäische Kommission wie auch das Gericht bestätigen - Investitionen in Atomkraftwerke rein marktwirtschaftlich nicht darstellbar, weil viel zu riskant und gleichzeitig unwirtschaftlich sind, sei eine einseitige Förderung von neuen Atomkraftwerken gerechtfertigt, auch wenn diese keinerlei technologische Innovation zeigten, da es ja in "öffentlichem Interesse" sei, diese Technologie weiter künstlich am Leben zu erhalten.

"Die Berufung der Republik Österreich ist wichtig: dem Irrglaube der Kommission, dass der EURATOM-Vertrag genauso für eine Wettbewerbsprüfung heranzuziehen sei wie der Lissaboner Vertrag, unter dessen Wettbewerbsrecht Kommission und Gericht den Fall eigentlich prüfen sollten, zeigt aber die fundamentale Atom-Schizophrenie der Europäischen Union: Während ab nächstem Jahr nur noch 13 EU-Länder Atomkraftwerke betreiben, haben 14 entweder von vornherein die Finger von der Nukleartechnologie gelassen oder sind bereits ausgestiegen", sagt Uhrig. "Eine Reform des EURATOM-Vertrages und eine Überführung der sicherheitsrelevanten Teile in den viel neueren Arbeitsvertrag der Europäischen Union ist nötig. Hier sind umgehende Schritte der Bundesregierung erforderlich."

EURATOM-Reform im Regierungsprogramm

Im Österreichischen Regierungsprogramm wird eine Überarbeitung des obsoleten EURATOM-Vertrags im Zuge der Brexit-Verhandlungen und dem Austritt Großbritanniens aus EURATOM als Ziel genannt ("Im Zuge der Brexit-Verhandlungen für eine Überarbeitung des EURATOM-Vertrags eintreten - mit dem Ziel einer finanziellen Besserstellung jener Staaten, die vollständig auf Atomkraft verzichten oder in Zukunft verzichten wollen").

"Dieses knappe Zeitfenster bis März 2019 ist nun zu nutzen: Auch die deutschen Regierungsparteien haben sich im Koalitionsabkommen zu einer Reform des EURATOM-Vertrags bekannt, sind aber derzeit nicht aktiv. Nur durch Initiative Österreichs während der Ratspräsidentschaft kann dieser Koalitionspunkt noch erfüllt werden", betont Uhrig.

Nur die Auflösung von EURATOM sowie eine Integration der notwendigen Kontrollinstanzen in die ohnehin existierenden Strukturen der Europäischen Kommission bzw. in den EU-Vertrag (EUV) und den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) können das unsägliche Primat der postulierten Förderung von Atomkraft beenden.

GLOBAL 2000 wird gemeinsam mit seinen internationalen Partnern Initiativen der Zivilgesellschaft vorbereiten.



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /