© kai Stachowiak - pixabay.com
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Umweltdachverband: „Standortentwicklungsgesetz ist der größte Gesetzesunfug der 2. Republik“

Umweltdachverband kritisiert im Schulterschluss mit namhaften RechtsexpertInnen massive Völker-, EU- und Verfassungsrechtswidrigkeit des Gesetzesentwurfs

Wien - Das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort wird dringend aufgerufen, den Entwurf in der vorliegenden Form zurückzuziehen.

Der Entwurf des Standortentwicklungsgesetzes, dessen Begutachtungsfrist am 17. August endet, sorgt bereits seit Wochen für Diskussionen. In der Kritik stehen nicht nur unvorhersehbare Risiken für Umwelt und Natur, die das Gesetz mit sich brächte, sondern auch seine offensichtlich grundlegende Rechtswidrigkeit. Der Umweltdachverband bezieht klar Stellung gegen den Entwurf: „Das sogenannte Standortentwicklungsgesetz entpuppt sich eher als Standortzerstörungsgesetz und birgt nicht nur fatale Umweltrisiken, sondern ist auch aus wirtschaftlicher Sicht ein Schuss ins eigene Knie: Die Genehmigungen, die das geplante Gesetz durch einen gesetzlichen Automatismus beschleunigen soll, werden in vielen Fällen nicht haltbar sein und erst recht zu langwierigen Rechtsprozessen und öffentlichen Querelen führen. Statt schlanker Prozesse bedeutet dies einen Bärendienst für Unternehmen und Gerichte“, sagt Mag. Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes.

Standortentwicklungsgesetz widerspricht in mehrfacher Weise grundlegenden Rechtsprinzipien

Der Entwurf sieht vor, sogenannte „standortrelevante Vorhaben“, denen das besondere Interesse der Republik Österreich bestätigt wurde, mittels eines Genehmigungsautomatismus im Schnellverfahren zu bewilligen. Große Bau- und Infrastrukturvorhaben, die nicht innerhalb der Frist eines Jahres zurück- oder abgewiesen wurden, sollen künftig automatisch als genehmigt gelten. Eine Prävention wesentlicher nachteiliger Auswirkungen auf Umwelt und Natur hebelt der Gesetzesentwurf damit weitestgehend aus. Fest steht: „Grotesker geht es kaum – es gibt keine ernst zu nehmende Institution dieser Republik, die sich zustimmend oder wohlmeinend zu diesem Gesetzesentwurf geäußert hätte. Das ist der größte Gesetzesunfug der 2. Republik“, so Maier. Die Kritik des Umweltdachverbandes teilen auch zahlreiche namhafte RechtsexpertInnen. Zusätzlich zur umweltpolitischen Brisanz des Entwurfes stehen auch offensichtlich vorliegende Verstöße gegen Völker-, Unions- und Verfassungsrecht im Fokus.

Rechtsschutz wird ausgehebelt – UWD fordert: Entwurf zurückziehen, Lösungen erarbeiten

In der heute abgegebenen Stellungnahme des Umweltdachverbandes gemeinsam mit einer Reihe seiner Mitgliedsorganisationen an das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) wird der Entwurf des Standortentwicklungsgesetzes in vollem Umfang dezidiert abgelehnt. „In Summe konterkariert der Entwurf sämtliche Bemühungen zum Beitrag und Erhalt eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt und hebelt den Rechtsschutz in einer nie dagewesenen Art und Weise aus. Will man Verfahren ernsthaft beschleunigen, müssten unter anderem die Einzelprojektebene durch strategische Umweltprüfungen entlastet, Amtssachverständige aufgestockt und Beteiligungsprozesse auf Augenhöhe geführt werden. Besonderes Augenmerk ist auch auf die Qualität der Einreichunterlagen zu legen, denn bis zur Auflagereife geht erfahrungsgemäß die meiste Zeit verloren. Hier kann ein klarerer Gesetzesrahmen, wie er nun in Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie mit der UVP-G Novelle 2018 kommen soll, verfahrensbeschleunigende Effekte bringen“, betont Dr.in Barbara Weichsel-Goby, Umweltrechtsexpertin im Umweltdachverband.



Stellungnahme des Umweltdachverbandes zum Entwurf eines Standortentwicklungsgesetzes

Link Begutachtungsverfahren und Stellungnahmen Standortentwicklungsgesetz


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /