© Peter Dargatz / Windkraft
© Peter Dargatz / Windkraft

Umstieg auf Elektrifizierung für die Energiewende: Österreich als Modell

Oesterreichs Energie-Präsident Leonhard Schitter sieht "Riesenschritt zur Dekarbonisierung" - Europas E-Wirtschaft setzt auf Elektrifizierung des gesamten Energiesektors

"Mit der Klima- und Energiestrategie kann Österreichs E-Wirtschaft Role-Model für Europas Energiewende werden", so Leonhard Schitter, Präsident von Oesterreichs Energie und Vorstandssprecher der Salzburg AG anlässlich des Jahreskongresses von Eurelectric, der Interessenvertretung der europäischen Elektrizitätsbranche in Ljubljana. Die europäische E-Wirtschaft selbst beginnt in Ljubljana mit einer Neuausrichtung der Branche, die sich auf eine völlige Elektrifizierung des gesamten Sektors einrichtet, wie Kristian Ruby, Generalsekretär von Eurelectric, der den Kongress unter das Motto "Changing Times ... Changing Minds" gestellt hat.

Die integrierte Klima- und Energiestrategie der Bundesregierung sieht vor, dass Österreich seinen Strombedarf 2030 im Jahresschnitt bilanziell zu hundert Prozent mit Strom aus erneuerbaren Energien decken kann. Schitter sagt: "Unser Strombedarf wird von derzeit rund 72 Milliarden Kilowattstunden (1 Mrd, kWh = eine Terawattstunde, TWh) in den nächsten zwölf Jahren auf rund 88 TWh steigen. Das bedeutet eine Steigerung der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien bis 2030 um 35 TWh."
Um das zu erreichen ist der Zubau von Windenergie mit einer installierten Leistung von 5700 MW und von Photovoltaik mit einer installierten Leistung von 13.500 MWpeak sowie 1500 MW Wasserkraft erforderlich. Damit steigt die installierte Leistung der Stromerzeugungsanlagen in Österreich von 17,9 Gigawatt auf 38,5 Gigawatt.

Konkret heißt das für Schitter einen Ausbau der Wasserkraft um 6 bis 8 TWh. 1.700 neue Windkraftanlagen müssten gebaut, beziehungsweise Teile der bestehenden 1.200 einem Repowering unterzogen werden. Die Photovoltaik müsste vervierzehnfacht werden. Das bedeutet einen Zubau von rund 200.000 Photovoltaikanlagen a  5 KWpeak pro Jahr. Das ist zu schaffen, aber eine große Herausforderung. Schitter: "100 Prozent erneuerbare Energie bedeuten bis 2030 jeden zweiten Tag ein neues Windrad und alle 80 Sekunden ein neues PV-Dach." Österreichs E-Wirtschaft komme damit dem Ziel der Dekarbonisierung des Wirtschaftssektors einen Riesenschritt näher und werde zum Role-Model für Österreich und die gesamte europäische E-Wirtschaft, so Schitter.

Er erwartet in Zukunft im Sommer und an Tagen mit viel Wind hohe Stromüberschüsse, die zur Erzeugung von Gas genützt werden können, das bei Bedarf in thermischen Kraftwerken eingesetzt wird. Schitter: "Mit einer weiteren Steigerung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wäre dann der gesamte Stromsektor in Österreich dank "grünem Gas" klimaneutral. Bei optimaler Nutzung der Speicher ist Klimaneutralität der E-Wirtschaft schon bald nach 2030 erreichbar. Österreichs E-Wirtschaft wäre dann bereits in gut einem Jahrzehnt der erste große dekarbonisierte Wirtschaftssektor." Gelingt es, das Ziel von 2030 zu erreichen, kann Österreich bis 2050 insgesamt eine Dekarbonisierung von 90 bis 95 Prozent erreichen. Schitter: "Elektrizität wird zum entscheidenden Faktor der Entwicklung, aber wir stehen vor einer gewaltigen technischen und auch politischen Herausforderung."

Dafür sind die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, auf europäischer Ebene der Abschluss des Clean Energy Package, auf nationaler Ebene die integrierte Klima- und Energiestrategie inklusive Energiegesetz neu sowie die Beseitigung von Investitionsblockaden und Gold Plating. IInsgesamt erforderlich ist, so Schitter: "Ein gemeinsames Bekenntnis zur Energiezukunft, getragen von einer neuen gemeinsamen Story, die die Menschen für die Energiewende begeistert."

Europas Energiebranche auf Dekarbonisierungs-Kurs


Mit der Anpassung ihres Vision Statements steuert die Europäische Energiebranche in Richtung vollkommener Dekarbonisierung bereits vor dem Jahr 2050. "Da Strom unaufhaltbar immer sauberer wird, wird der Schlüssel zum Erfolg die Einbeziehung anderer Wirtschaftssektoren wie Transport, Wärme und Industrie in den Umbau des Energiesystems sein", erklärte Kristian Ruby, Generalsekretär von Eurelectric. "Wir brauchen erhebliche Investitionen in saubere Energiegewinnung aus unterschiedlichen Quellen", so Ruby. Energieunternehmen, Dienstleister, aber auch Konsumentinnen und Konsumenten werden zunehmend auf eigene Produktion und Speicherung setzen und sich dabei untereinander in lokalen Energie-Communities austauschen. Für den Energiesektor hat ein Wirtschaftssystem, das von Nachhaltigkeit und Digitalisierung getrieben wird, enormes Potential. Ruby: "Wir sind bereit, unsere Rolle für eine nachhaltige Energiezukunft zu übernehmen und es ist unabdingbar, dass politische Entscheidungsträger die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, damit wir dieses Ziel auch wirklich erreichen können."


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /