U-Boote sind ein wesentlicher Teil im britischen Atomkraft-Puzzle
Warum ist Hinkley Point C trotz hoher Kosten und massiver öffentlicher Kritik bewilligt worden?
Dr. Phil Johnstone fasst in einem Bericht unter dem Titel ‘Understanding the Intensity of UK Policy Commitments to Nuclear Power’ (‘Das starke Engagement der britischen Politik für Atomkraft verstehen’) die Hintergründe dazu zusammen. Er hinterfragt dabei die in Großbritannien herrschende Transparenz und Demokratie.
Im Zusammenhang mit dem Ok für die Errichtung des AKW-Projekts Hinkley Point C zeigen uns Forschungsergebnisse, die von der ‘Science Policy Research’-Abteilung der Universität von Sussex veröffentlicht wurden, wie sehr die britische Regierung ein Interesse an atomaren U-Booten hat, und wie das innerhalb der britischen Energiepolitik zu einer starken Tendenz in Richtung Atomkraft führt.
Und das, obwohl man in den Regierungsreihen nach eigenen detaillierten Analysen folgendes erkennt: Atomkraft ist teuer und auch sonst unattraktiv, wenn man sie mit anderen CO²-arm produzierten Energieformen vergleicht.
Der oben erwähnte Bericht ‘Understanding the Intensity of UK Policy Committments to Nuclear Power’ belegt die in der britischen Verteidigungspolitik dominante Meinung, dass atombetriebene U-Boote erheblich zur militärischen Kapazität des Landes beitragen. Aber möglicherweise sind diese Boote weltweit die kompliziertesten Artefakte überhaupt, was wiederum für ein Land mit schwindender Herstellungsbasis bezüglich Bau und Instandhaltung solcher Boote schwer zu bewerkstelligen ist.
Auf militärischer Seite bestehen ausgeprägte Ängste, dass ohne das weitere Engagement im Bereich der zivilen Atomkraft, das Vereinigte Königreich in Zukunft unfähig sein würde, die notwendigen industriellen Kapazitäten für den Bau und Betrieb von U-Booten aufrecht zu erhalten.
‘Wir haben systematisch eine Reihe verschiedener Gründe untersucht, warum Großbritannien offiziell an der Atomkraft festhält’, berichtete die Co-Autorin der Studie, Emily Cox. ‘Keiner dieser Gründe erklärt ausreichend, warum es eine so starke Unterstützung für die Atomkraft gibt, die seit langem von verschiedenen britischen Regierungen beibehalten wird’. Es scheint, dass der Druck, Atom-U-Boote bauen zu müssen, eines der zentralen fehlenden Teile in diesem Puzzle darstellt.
Die eigenen Daten der Regierung zeigen deutlich, dass Großbritannien mit erneuerbaren Energiequellen, die sicher und wirtschaftlich konkurrenzfähig sind, überreich gesegnet ist’, berichtet der Co-Autor der Studie, Andy Stirling. ‘In einer Welt, die sich mittlerweile weitaus stärker diesen Energien zuwendet als der Atomkraft, sollte von Großbritannien wohl auch erwartet werden können, dass es bei diesen neuen Technologien eine führende Rolle einnimmt’.
Und dennoch scheint es, als ob die britische Regierung mehr Wert darauf legen würde, weiterhin die Einsatzfähigkeit atomarer U-Boote garantieren zu können. Berichten parlamentarischer Ausschüsse und auf militärischer Seite vieler weiterer Strategiedokumente zufolge, steht die Regierung unter einem starken Druck, im Zusammenhang mit der zivilen Nutzung der Atomkraft spezifische Kompetenzen und Trainingsprogramme, Designalternativen und deren Herstellung sowie die Forschung bei Fragen der Regulatorstandards samt deren Durchsetzung zu unterstützen.
Der Bericht zeigt auch auf, dass dieses Aufbauen eines militärischen Drucks seinen Höhepunkt in den entscheidenden Jahren zwischen 2003 und 2006 hatte. Daraufhin folgten allerdings zahlreiche neue politische Maßnahmen, deren Ziel offenbar die Verknüpfung des zivilen mit dem militärischen Sektor war. Während dieser Zeit kam es in Großbritannien zu einer dramatischen Kehrtwende in der Energiepolitik, die bis heute unerklärbar blieb zu einer Wende, die von Atomkraft als ‘unattraktiver Energiequelle’ hin zur Position einer ‘nukleare Renaissance’ reichte.
Diese Untersuchung stellt klar, dass die britischen Energiestrategien, die sich vorgeblich um niedrige Kohlendioxyd-Emissionswerte bemühen sie erhalten die britische atomare Infrastruktur aufrecht teurer sind als nötig. Und ohne die Weiterführung dieser extrem teuren zivilen Atomindustrie, wären die Kosten des Trident-Programmes vermutlich erheblich höher anzusetzen.
Der Bericht wirft auch ein Licht auf die vielen wichtigen Schnittstellen zwischen den britischen U-Booten und den zivilen Versorgungsketten. Ein Dokument aus dem Verteidigungsministerium zieht sogar offen die Möglichkeit in Betracht, manche der Kosten der atomaren U-Boot-Kapazitäten zu ‘maskieren’, indem man sie hinter den Kosten für die zivile Atomkraft verbirgt.
‘Was so bemerkenswert an diesem Druck zugunsten der Atomenergie ist’, sagte Andy Stirling, ist die Tatsache, dass ‘die militärische Seite ihn sehr gut dokumentiert hat. In den energiepolitischen Dokumentationen findet er jedoch offiziell bisher nirgendwo einen Niederschlag. Hier stellen sich ernste Fragen nach der Transparenz und Verantwortlichkeit bei der Entscheidungsfindung auch was die Qualität der britischen Demokratie anbelangt’.
Der Bericht ‘Understanding the Intensity of UK Policy Commitments to Nuclear Power’ ist hier abrufbar.
Autor: Phil Johnstone Universität von Sussex
Dieser Artikel wurde im englischen Original ursprünglich auf der Webseite der Universität von Sussex veröffentlicht und danach im Nuclear Monitor Nr. 832.
Übersetzung und Bearbeitung: Ina Conneally, Bernhard Riepl, www.sonneundfreiheit.eu
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /