©  Bosch/ District Enery Storage and Supply System 2020+
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Neue Speichertechnologie für „grünen“ Strom

Bosch und Fraunhofer ISE erforschen dezentrale Energieversorgung mit Brennstoffzellen - Sektorenübergreifende Versorgung von Haushalten und Fahrzeugen

Stuttgart – Eine zuverlässige, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung, die den Klimaschutz in den Fokus nimmt, ist eine der größten Aufgaben des 21. Jahrhunderts. Erneuerbare Energien sind hier von besonderer Bedeutung, wobei deren wirtschaftliche Speicherung noch eine Herausforderung darstellt. Genau hier setzt das Forschungsprojekt DESS2020+ (District Energy Storage and Supply System 2020+) an: Hauptziel ist es, den ‘grünen’ Strom künftig nicht mehr über weite Strecken zu transportieren. Dafür sollen dezentrale Speichermöglichkeiten für regenerativ erzeugte Energie entwickelt werden. In dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten Vorhaben arbeitet die Robert Bosch GmbH als Koordinator mit dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) zusammen.

In ihrem Energiekonzept aus dem Jahr 2010 sieht die deutsche Bundesregierung einen weitreichenden Umbau der Energieversorgung in Deutschland bis zum Jahr 2050 vor. Wesentliche Ziele sind, den Primärenergieverbrauch um 50 Prozent zu reduzieren sowie den Anteil erneuerbarer Energien auf 80 Prozent des Strombedarfs und auf 60 Prozent des Bruttoendenergieverbrauchs (Verbrauch aller Energieträger einschließlich Wärme und Treibstoffe) zu erhöhen. Eine Herausforderung ist insbesondere die Speicherung erneuerbarer Energien aus Sonne oder Wind, deren Menge je nach Wetterlage stark schwankt.

Speichermöglichkeit im Fokus

‘Wir untersuchen ein weitgehend geschlossenes System für Wohnquartiere, in dem Strom regenerativ erzeugt, vor Ort gespeichert und dort auch verbraucht wird. Das soll nicht nur in den angeschlossenen Haushalten funktionieren, sondern auch bei wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen’, sagt Annika Utz. Die Ingenieurin leitet das Projekt DESS2020+ am Bosch-Forschungscampus in Renningen. Die Forscher setzen dabei auf ein System aus drei Kernkomponenten: einem Protonen-Austausch-Membran-Elektrolyseur (PEM-Elektrolyseur), einer Festoxidbrennstoffzelle (SOFC – solid oxide fuel cell) und mehreren Wasserstoff-Speichertanks. Durch diese Kombination soll das Problem der Speicherung und damit der Versorgungssicherheit bei der Nutzung von erneuerbaren Energien gelöst werden.

Wasserstoff als Energieträger

Die Forscher gehen von einem Wohngebiet mit etwa 100 Haushalten aus, in dem Strom beispielsweise über eine Photovoltaikanlage gewonnen wird. Ein PEM-Elektrolyseur nutzt diesen Strom, um Wasser in die Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zu spalten. Der Wasserstoff wird in Tanks gespeichert und unabhängig vom Erzeugungszeitpunkt zum Betrieb der Brennstoffzelle genutzt. Diese liefert bedarfsgerecht Strom sowie Energie zur Wassererwärmung und Raumheizung der angeschlossenen Gebäude. ‘Die Festoxidbrennstoffzelle eignet sich besonders, weil sie sowohl mit Wasserstoff als auch mit Erdgas läuft und somit optimal für den Übergang von fossiler zu regenerativer Energieversorgung geeignet ist. Dies ist ein entscheidendes Kriterium für die Versorgungssicherheit. Sollte tatsächlich einmal nicht genügend Wasserstoff zur Verfügung stehen, kann kurzfristig auf Erdgas umgestellt werden’, erklärt Utz. Der Vorteil dieses Speichersystems: Bei bisher üblichen Batteriespeichern gehen größere Kapazitäten stets einher mit erheblich höheren Kosten. Wasserstoff hingegen kann auch in großen Mengen vergleichsweise günstig und damit wirtschaftlicher gespeichert werden.

Treibstoff auch für Fahrzeuge

Außer der Energieversorgung der Haushalte soll das System auch zur umweltfreundlichen Mobilität beitragen. So könnte im Quartier eine Wasserstoff-Zapfsäule installiert werden, an der brennstoffzellenbetriebene Fahrzeuge innerhalb weniger Minuten effizient betankt werden. Dafür muss der Wasserstoffdruck jedoch auf etwa 800 bar erhöht werden – für die Energieversorgung von Gebäuden genügt ein Druck von 50 bar. Zur stärkeren Komprimierung untersuchen Bosch und das Fraunhofer ISE das Potenzial eines wartungsarmen, hocheffizienten elektrochemischen Kompressors für den Verkehrssektor.

Dreijährige Forschung

Für das Forschungsprojekt DESS2020+ wurde eine Laufzeit von drei Jahren – bis Oktober 2018 – festgesetzt. Es ist Teil des sechsten Energieforschungsprogramms ‘Forschung für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung’ des deutschen Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /