© photonews.at/Georges Schneider BMWFJ
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Ökostrom: Wirtschaftsminister für Investitionsförderung?

Nicht erneuerbare Energien, sondern Atom und Kohle verzerren den Markt!

In letzter Zeit erregte die Debatte über das deutsche Erneuerbare Energiegesetz (EEG) und die Energiewende in Deutschland die Gemüter. Das EEG radikal beschneiden, das ist der Wunsch mancher den erneuerbaren Energien nicht wohlgesonnener Politiker in Deutschland.

Aber nicht nur manche deutsche Politiker, auch Österreichs Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner will offensichtlich "andere" Wege gehen: Er will weg von Einspeisetarifen und spricht von Investitionsförderung- von einem nur einmaligen Zuschuss, obwohl alle jene, die sich mit dem Thema im Detail beschäftigt haben, wissen, dass es genau in jenen Ländern, die dieses System eingeführt haben, Probleme gab.

Bereits in der Vorwoche, beim Besuch bei der Stromboje in der Wachau, erklärte Mitterlehner dies, nun wiederholte er seine Idee am Mittwoch in Fuschl bei einer Energiekonferenz des Verbund. "Billige Energiekosten sind ein wichtiger Standortfaktor!" so das Argument des Wirtschaftsministers, das seiner Meinung nach für eine Änderung des Ökostromgesetzes spricht.

Bei den bisherigen Einspeisetarifen, die 13 Jahre lang fixe Einnahmen garantieren, wünscht sich der Minister "mehr Degression". Was bedeutet das für die erneuerbaren Energieerzeuger? Im Vorjahr wurden 9,5 Cent je Kilowattstunde (kWh) ans Netz gelieferten Windstrom vergütet, heuer sind es 9,45 Cent. In Zukunft könnte, wenn es nach dem Wirtschaftsminister geht, noch weit weniger bezahlt werden. "Das wäre das Ende für einen derzeit erfolgreichen Ausbau der erneuerbaren Energien!" ist von mehreren Vertretern aus dem erneuerbaren Energiebereich dazu auf Rückfrage zu hören.

Leider unverständlich!

‘Ein Einbremsen des Ausbaus erneuerbarer Energien ist eindeutig die falsche Antwort auf die aktuellen Herausforderungen’, erklärt Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft. Die Marktverzerrung am Strommarkt ist sehr stark vom nicht funktionierenden CO2-Handel getrieben. Allein dadurch hat der Stromsektor im vergangenen Jahr 12% mehr CO2 emittiert. ‘Große Anstrengungen, um dies rasch zu ändern, sind leider nicht zu sehen. Stattdessen werden die Erneuerbaren vorgeschoben und als Sündenbock abgestempelt,’ erklärt Moidl.

Seit Mitte 2012 ist das Ökostromgesetz in Österreich in Kraft. Durch dieses neue Gesetz ist der Ausbau erneuerbarer Energien in Österreich endlich wieder in Gang gekommen. Dies hat zu enormen positiven wirtschaftlichen Impulsen geführt und sichert saubere Stromversorgung für die Zukunft. ‘Es ist leider unverständlich und enttäuschend, dass durch Wirtschaftsminister Mitterlehner bereits nach so kurzer Zeit dieses bewährte Gesetz in Frage gestellt wird’, so Moidl.


Seit Inkrafttreten des Ökostromgesetzes wurden immer wieder Begehrlichkeiten nach Quotenmodellen oder Investitionsmodellen vorgebracht. ‘Aber nur weil Fördermodelle immer wieder in die Diskussion eingebracht werden, sind sie noch lange nicht sinnvoll’, erklärt Moidl und ergänzt: ‘Beide vorgeschlagenen Systeme habe einige Beispiele in der Vergangenheit, die deren Scheitern ganz klar dokumentieren. Der Wunsch, das Fördersystem in diese Richtung zu ändern, kann daher nur ein Ziel verfolgen, nämlich den Ausbau der erneuerbaren Energien zu bremsen. Es ist enttäuschend, dass Minister Mitterlehner diesen Zurufen nun nachzugeben scheint.’

Weit höhere Energiepreise ohne Erneuerbare

Durch die Stromproduktion durch erneuerbare Energien ist in den letzten Jahren der Strompreis an der Börse stark gesunken. Von diesem Merit-Order-Effekt profitieren die Stromhändler, weil sie Strom billig einkaufen können. ‘Interessant ist nur, dass diese Kosten nicht an den Endkunden weitergegeben werden. Die Strompreise sind auch durch Windräder und Co so tief wie schon lange nicht, die Kosten für den Konsumenten steigen aber ständig’, erklärt Moidl und ergänzt: ‘Es wird Zeit dass nicht nur die Branche der Erneuerbaren in Ihren Kosten transparent ist. Es muss klar im Auge behalten bleiben, dass der Strommarkt in Europa durch direkte und indirekte Förderungen an fossile und atomare Kraftwerke verzerrt wird und nicht durch die Erneuerbaren.’

Die Stromerzeugung in Europa ist durch den zusammengebrochenen CO2-Handel in Turbulenzen geraten. Die Kohlekraftwerke laufen auf Hochtouren und die CO2-Emmissionen sind um zwölf Prozent gestiegen.‘Es ist höchste Zeit, dass sich Europa von der Kohlestromerzeugung verabschiedet’, so Moidl. In einer Zeit, in der in ganz Europa die Treibhausgasemissionen aus der Stromerzeugung steigen braucht es nicht weniger sondern mehr Ausbau der erneuerbaren Energien.


‘Das österreichische Einspeisetarifmodell ist eines der effizientesten Fördersysteme in ganz Europa. Die Ankündigung der Änderung des Systems kann nur bedeuten, dass Erneuerbare offenbar nicht mehr gewünscht sind’, ergänzt Moidl.

Auch Josef Plank, Präsident des Dachverbandes Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ), kritisiert die Äußerungen des Wirtschaftsministers. Der Dachverband EEÖ spricht sich für eine sinnvolle Weiterentwicklung des jetzigen Systems aus, wehrt sich allerdings vehement gegen die Darstellung, dass der Ökostromausbau Verursacher von Wettbewerbsverzerrungen am Strommarkt sei. "So lange Atomenergie und Kohlekraft nicht für die Umweltschäden, die sie verursachen, zahlen müssen, und sogar großzügige direkte Förderungen lukrieren, ist die Diskussion über die Unterstützung für saubere Energie vollkommen fehl am Platz", meint Plank.

Erst vorgestern wurde eine Studie präsentiert, in der klar dargestellt wird, wie sehr die österreichische Wirtschaft vom Ausbau der erneuerbaren Energien profitiert: im Jahr 2011 betrug der Beitrag am Brutto-Inlandsprodukt mehr als 1,6 Milliarden Euro gegenüber einer Situation wo nicht in den Ausbau investiert worden wäre. Trotzdem wird europaweit immer noch mehr Geld in die Unterstützung von Atom- und Kohlekraft als in erneuerbare Energien investiert - saubere Energie wurde 2011 mit 30 Mrd. Euro unterstützt, während Atom- und Kohlekraft 35 Mrd. Euro Beihilfen bekamen.

"Nicht die Förderungen für erneuerbare Energien sondern die direkte und indirekte Unterstützung für Energie aus Atom- und Kohlekraft, und die Überkapazität aus Kohlekraftwerken verzerren den Markt", so Plank. "Wir verlangen von Minister Mitterlehner hier aktiv zu werden, statt den erfolgreichen Ausbau sauberer Energien einzubremsen."



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /