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Energieeffizienzgesetz: "vorübergehend" gescheitert

Stromkennzeichnung ermöglicht rasche Umsetzung der Atomstromfreiheit in Österreich

Vorerst aus für das geplante Energieeffizienzgesetz in dieser Legislaturperiode. Die Grünen die für die dafür benötigte Zweidrittelmehrheit im Parlament notwendig gewesen wären, konnten sich nach zähen Verhandlungen nicht mit der ÖVP über einige noch strittige Punkte einigen. Damit wird dieser Bereich eine der Punkte sein, über den bei den Regierungsverhandlungen nach der kommenden Nationalratswahl zu verhandeln ist. Der ÖVP-Energiesprecher und Generalsekretär des Wirtschaftsbunds, Peter Haubner sieht die Forderungen der Grünen als unerfüllbar.

Die Kosten für Energieimporte steigen in Österreich. 2011 wurden dafür 15 Milliarden und 2012 bereits 17 Milliarden ausgegeben. "Diese Abhängigkeit ist eine massive Belastung nicht nur für die Umwelt sondern vor allem für die österreichischen Haushalte", meint Christiane Brunner, Energie- und Umweltsprecherin der Grünen. Daher mache es absolut Sinn, auf weit mehr Energieeffizienz zu setzen. Für die Grünen blieben zum Schluß ganz einfach Bereiche über, denen man nicht zustimmen wollte. Die FPÖ hatte bereits vor einiger Zeit eine Annahme des bisherigen Gesetzesentwurfes abgelehnt. Es verwundert nicht nur die Grünen, dass der Bund für sich selbst Ausnahmen für bei der Gebäudesanierung haben wollte, auch Förderungen für neue Öheizungen oder fossile Kraft- Wärme-Kopplungsanlagen sollten nach Wünschen der Regierung möglich sein, sowie eine Möglichkeit für Firmen, sich relativ billig von zu setzenden Energieeffizienz- Maßnahmen freizukaufen.

Haubner sieht die Forderungen der Grünen als ‘utopisch’- und meint, damit verbunden seien drohende Zusatzkosten für Haushalts- und Firmenkunden durch Energieeffizienz-Maßnahmen, die bis zu sechs Mrd. Euro bis zum Jahr 2020 hoch sein könnten.

Eines ist fix: Spätestens bis zum Sommer nächsten Jahres muss die EU-Vorgabe zur Energieeffizienz s umgesetzt werden. Immerhin ist man sich einig, das die neue Stromkennzeichnung noch davor durch das Parlament gebracht werden soll, um die Beschlüsse des Atomgipfels aus dem Vorjahr umzusetzen. Verhandelt werden soll darüber nächste Woche im Wirtschaftsausschuss des Parlaments.

"Die ÖVP hat es vorgezogen mit der fossilen Wirtschaft anstatt mit den Grünen zu verhandeln, wodurch das Gesetz immer weiter abgeschwächt wurde. Für uns Grüne ist klar: Energieeffizienz im Titel reicht nicht für eine Zustimmung", sagt Brunner.

Sie hofft auf eine Energieeffizienzgesetz mit grüner Handschrift in der kommenden Legislaturperiode und sieht verlorene wirtschaftliche Chancen für österreichische Unternehmen, für die sich am Energieeffizienz-Markt interessante Möglichkeiten geboten hätten.


"Energiepolitik ist heute mehr denn je Standortpolitik. Überhöhte Zielvorgaben würden Unternehmen vermehrt dazu zwingen ihre energieeffiziente Produktion ins Ausland zu verlegen und das würde weder dem Klima noch dem Standort nützen", kommt vom Vize-Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Mag. Peter Koren, ein Konter.

Die österreichische Industrie gehöre bereits zu den energieeffizientesten Industrien der Welt und habe in den letzten Jahren Milliarden Euro in energiesparende und emissionsmindernde innovative Produktionstechniken investiert. Weitere relative Veränderungen auf einem solch hohen Effizienzgrad wären daher eine große Herausforderung für die Unternehmen und mit hohen Kosten verbunden, die direkt die Wettbewerbsfähigkeit beeinflussen.

"Die SPÖ nimmt das Scheitern der Verhandlungen mit großem Bedauern zu Kenntnis. Aus unserer Sicht wäre das Gesetz ein wichtiger Schritt zur Steigerung der Energieeffizienz gewesen. In diesem Sinne finden wir es schade, dass die Standpunkte der ÖVP und der Grünen scheinbar so einzementiert waren, dass ein durchaus möglicher Kompromiss nicht zustande gekommen ist", kommentiert SPÖ-Energiesprecher Wolfgang Katzian.

Mit dem Energieeffizienzgesetz hätte eine langjährige SPÖ-Forderung und andererseits eine europäische Richtlinie, die im Wesentlichen seit 2011 offiziell diskutiert wird und seit Ende vergangenen Jahres in Kraft ist, umgesetzt werden sollen. "Außerdem würden wir damit einen einstimmigen Entschließungsantrag des Nationalrates aus 2011 endlich erfüllen", sagte Katzian. "Jede Kilowattstunde, die wir nicht verbrauchen, ist eine, die wir nicht erzeugen beziehungsweise die Haushaltskunden nicht bezahlen müssen", betont der SPÖ-Energiesprecher.

Die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 ist enttäuscht: "Seit zwei Jahren wird an einem Energieeffizienzgesetz gebastelt. Dass Minister Mitterlehner jetzt kurz vor dem Ziel die Flinte ins Korn wirft, ist zutiefst bedauerlich. Damit wird ein
wesentliches Gesetz für die österreichische Energiezukunft vorerst nicht umgesetzt", so Johannes Wahlmüller, Klimasprecher von GLOBAL
2000.

Schon im Vorfeld wurde von GLOBAL 2000 betont, dass Energieeffizienz ein
wesentlicher Eckpfeiler zur Umsetzung der Energiewende ist, aber das Energieeffizienzgesetz in der vorliegenden Form wesentliche Mängel hatte. So war vorgesehen, dass Ölheizungen förderbar sind, umfangreiche Ausnahmen für thermische Sanierung öffentlicher Gebäude hätten bedeutet, dass zwar Amtsstuben saniert worden wären, aber Kindergärten und Schulen weiter in schlechtem Zustand belassen worden wären. Dazu fehlte ein übergeordnetes Ziel für die Energieverbrauchsreduktion Österreichs, um eine klare Richtung vorzugeben. In einem weiteren Gesetz war vorgesehen, dass Haushalte und Betriebe mit Millionenbeträgen fossile Gaskraftwerke unterstützen sollten, während man gleichzeitig bei der Bekämpfung von Energiearmut viel zu vage blieb. "Aus unserer Sicht sollte Wirtschaftsminister Mitterlehner bald einen Neustart vornehmen und einen Gesetzesentwurf vorlegen, der sowohl den Energieverbrauch reduziert, als auch Energiearmut wirksam bekämpft", sagt Wahlmüller.

Wichtig ist für die NGOs, dass der von Peter Haubner angekündigte Schritt, die Atomstromkennzeichnung zu beschließen, rasch umgesetzt wird. Dabei soll es laut Wahlmüller keine Ausnahmen für Pumpspeicherkraftwerke geben - auch sie sollen zu 100 Prozent nachweisen müssen, woher ihr Strom kommt. "Mit einer zügigen und konsequenten Umsetzung der Atomstromkennzeichnung kann die Regierung jetzt zeigen, dass sie den Kampf gegen die Atomenergie ernst nimmt.
Pumpspeicherkraftwerke sollen dabei aber wie jeder andere Endverbraucher behandelt werden und keine Sonder-Privilegien erhalten", so Wahlmüller.

"Damit ist der halbherzige und bruchstückhafte Vorschlag vom Tisch und der Weg frei für einen großen Wurf für Energieeffizienz im kommenden Regierungsprogramm", begrüßt Greenpeace Geschäftsführer Alexander Egit die heutige Entscheidung.

Dass trotz des Kippens des Gesetzespakets die Stromkennzeichnung und damit der Stopp von Atomstromimporten nach Österreich ermöglicht werde, beweise laut Egit, dass Österreich die Verantwortung als Anti-Atom-Vorreiter wahrnimmt. "Die Umsetzung der Beschlüsse der Atomgipfel sind richtungsweisend für die zukünftige Energieversorgung unseres Landes", so Egit. Um jedoch wirklich glaubhaft zu sein, müsse eine vollständige Kennzeichnung, die ebenso für Pumpspeicherkraftwerke gelten müsse, vorgenommen werden.

Greenpeace hat in der Vergangenheit auf die massiven Schwachpunkte des Energieeffizienzgesetzes hingewiesen. So etwa fand der Verkehrssektor keinerlei Erwähnung in den im Entwurf vorgesehenen Maßnahmen. Auch wäre die Abhängigkeit Österreichs von Öl- und Gasimporten mit dem Gesetz nicht reduziert worden. Zudem wären völlig kontraproduktive Förderungen, wie etwa jene von Ölkesseln, vorgesehen gewesen. "Zielgerichtete gesetzliche Maßnahmen kombiniert mit einer ökosozialen Steuerreform ist die effizienteste Art, Energiesparen zu forcieren", betont Egit.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /