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Im Glauben an ein atomares Paradies?

Das Interesse tschechischer Firmen am Bau weiterer Blöcke in Temelín ist verständlich- Aber wo bleibt die Ökonomie?

Der Präsident des tschechischen Industrieverbandes, Jaroslav Hanak, sagte vor kurzem auf einem Energiekongress, dass tschechische Unternehmen ein unvorstellbar großes Interesse am Fertigbau des AKW Temelín hätten. Erhalten sie die damit verbundenen lukrativen Aufträge? Das muss nicht nicht so sein.

Das Interesse der tschechischen Firmen am Bau von weiteren zwei Blöcke in Temelin ist verständlich. Bedingt duch die europäische wirtschaftliche Krise treten viele von ihnen auf der Stelle und das Erlangen eines Teils der Aufträge im Wert von etwa 200 Milliarden Kronen würde für Sie eine sichere Arbeit weit in die Zukunft hinein bedeuten.

Sie sollten sich nämlich nicht nur an der Errichtung der neuen Blöcke beteiligen, sondern dann auch am Service und an den Wartungsarbeiten während des gesamten für 60 Jahre geplanten Betriebes. Logisch nachzuvollziehen sind auch die Äußerungen des Präsidenten des Industrieverbandes Jaroslav Hanak , dass das auch ein Impuls für die Entwicklung der technischen Ausbildung in Tschechien wäre.

Einen hohen Grad der Einbindung tschechischer Unternehmen versprechen auch beide Bewerber um den Mammutvertrag. Die amerikanisch-japanische Firma Westinghouse und das tschechisch russische Konsortium MIR.

Eine andere Frage ist jedoch, inwieweit der Weiterbau Temelins ökonomisch überhaupt argumentierbar ist. Seit längerer Zeit sinken die Preise des sogenannten Kraftstroms in Europa und mehrmals sackten sie sogar in den Minusbereich ab.

Sind daran die in Tschechien verschmähten erneuerbaren Energiequellen schuld, welche ganz minimale Betriebskosten haben und deren Produktionskapazität weiter wächst?

In einer ein Jahr alten Studie der Firma Candole Partners zeigte sich klar, dass der ‘Fertigbau’ Temelins ökonomisch unvertretbar ist und dass sich die beabsichtigte Investition im Umfang von 200 Milliarden Kronen niemals rentieren wird.

Dabei ist eher wahrscheinlich, dass diese Summe nicht die Endsumme wäre und sich noch um das Mehrfache erhöhen könnte. Dessen sind sich auch die Chefs des Konzerns CEZ, welcher der Investor des Baues sein soll, bewusst. Generaldirektor Daniel Benes verlangt, dass die Regierung beim neuen Temelín feste Einspeisetarife garantiert, denn die heutigen Preise auf dem Markt würden angeblich keine Motivation zum Bau neuer Kraftwerke darstellen. Etwas Ähnliches erlebt derzeit auch Großbritannien, wo die französische EDF für 40 Jahre im voraus staatlich garantierte Einspeisetarife für den Strom aus dem geplanten AKW Hinkley Point fordert.

Experten der City Bank haben geschätzt, dass das die britischen Haushalte umgerechnet um bis zu 6400 Kronen jährlich mehr kosten könnte.

Das rüttelte auch Tschechiens Industrieminister Martin Kuba auf, der noch im Vorjahr beteuerte, dass der ‘Fertigbau’ von Temelín nicht ausschließlich aus einem ökonomischen Gesichtspunkt bewertet werden könne. Vor einigen Tagen aber meinte er, dass er weder garantierten Einspeisetarifen noch einer staatlich zu garantierenden Rentabilität der Investition zustimme.

Die tschechischen Politiker hielten fast fanatisch am Glauben an ein atomares Paradies fest, welches uns Reichtum bringen und um welches uns alle rundherum beneiden würden. Enorme Erwartungen erweckten sie auch bei den heimischen Industriekapitänen. Einzugestehen, dass sich eine Fata Morgana aufgelöst hat, ist sicher eine schwere Aufgabe. Das ändert aber nichts daran, dass 200 Milliarden Kronen anderswo sinnvoller investiert werden könnten.

Tschechisches Original veröffentlicht als:
Zajem ceskych firem o stavbu dalsich dvou blokuv Temelíne je pochopitelny
20.3.2013 CRo Plus str. 7 18:30 Nazory a argumenty



Übersetzung: Gerlinde Aumayr, Bernhard Riepl

GastautorIn: Jakub SISKA, Redakteur für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /