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Schweiz: Bundesrat für "Pseudo-Atom-Ausstieg?"

In der Schweiz läuft das älteste AKW der Welt

Der Schweizer Bundesrat hält am Ziel des schrittweisen Ausstiegs der Schweiz aus der Kernenergie fest. Anders als die Volksinitiative ‘Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)’ will er die bestehenden Kernkraftwerke "solange sie sicher sind", in Betrieb lassen und auf fixe Laufzeiten verzichten. Stattdessen setzt er auf die Energiestrategie 2050, um den Energieverbrauch der Schweiz zu senken und den Ausbau der erneuerbaren Energien zeitgerecht voranzutreiben. Der Bundesrat lehnt deshalb die Atomausstiegsinitiative ab und wird dem Parlament die Energiestrategie 2050 als indirekten Gegenvorschlag zur Atomausstiegsinitiative vorschlagen


Der Bundesrat hat heute beschlossen, dem Parlament die Energiestrategie 2050 als indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)» vorzulegen. Er will daran festhalten, die alten AKW «solange sicher» weiter zu betreiben. Damit nimmt das nukleare Risiko für die Schweizer Bevölkerung nach der Katastrophe in Fukushima perverserweise zu statt ab. Die Energiewende wird so auf Jahre hinaus behindert und verkommt zu einer Mogelpackung.

Gebaut wurden die Schweizer AKW ursprünglich für 30 Jahre Laufzeit. Mit jedem Jahr steigt das Unfallrisiko in den veralteten Reaktoren. Deshalb muss die Lebensdauer der Schweizer AKW auf maximal 40 Jahre beschränkt werden. Die Ausstiegs-Initiative bietet mit dem Vorschlag einer Laufzeitbeschränkung von 45 Jahren einen Kompromiss dazu. Eine Laufzeitbeschränkung bedeutet auch Planungssicherheit für alle betroffenen Akteure: Für die AKW-Betreiber, die Eigentümerkantone, die Aufsichtsbehörden, Investoren und die Politik. Und vor allem mehr Sicherheit für die Bevölkerung.

Die Sicherheit der Bevölkerung geht vor.

"Die Oldtimer-AKW Mühleberg, Beznau I und Beznau II müssen unverzüglich vom Netz! Ihre Mängellisten sind zu lang und das Reaktordesign entspricht nicht mehr heutigen Sicherheitsanforderungen. Mit zunehmendem Alter versprödet das Material - bei Atomkraftwerken beschleunigt die Strahlung diesen Alterungsprozess noch zusätzlich. Gwisse Komponenten können nicht ersetzt werden." meint die Schweizerische Energiestiftung in einer Aussendung.

Entschädigungspflicht für abgeschriebene AKW?

Der Bundesrat behauptet, der Bund könne für «nichtamortisierte Investitionen, die von den Betreibern im Vertrauen auf die heutige gesetzliche Regelung vorgenommen wurden», entschädigungspflichtig werden. «Es entsteht der Eindruck, die Regierung gewichte die Wirtschaftlichkeit stärker als die Sicherheit der Bevölkerung» erklärt Jürg Buri, Geschäftsleiter der SES. Warum der Bund für 40 Jahre alte abgeschriebene AKW entschädigungspflichtig werden soll, bleibt unklar.


Solange laufen lassen, bis etwas passiert?


"Ein «so lange laufen lassen bis es zu spät ist», können wir uns nicht leisten. Ein AKW Unfall in Mühleberg im Ausmass von Fukushima würde das ganze Schweizer Mittelland verseuchen. Bern, Olten, Zürich müssten evakuiert werden. Dieser Gefahr setzen wir uns unnötigerweise aus: Die drei uralten AKW sind klein und könnten morgen vom Netz – ohne, dass die Schweiz ein Stromversorgungsproblem bekäme. Die Regierung riskiert Unfallkosten, die um ein Vielfaches höher ausfallen würden als allfällige Schadenersatzforderungen." so die SES.

Die SES fordert den Bundesrat auf, in seiner Energiestrategie 2050 eine maximale Laufzeit von 40 Jahren vorzuschreiben. Zur Erinnerung: In Deutschland wurden alle AKW mit Baujahr älter 1981 aus Sicherheitsgründen abgestellt. Die durchschnittliche weltweite Lebensdauer eines AKW beträgt 23 Jahre. Beznau I ist mit 43 Jahren das älteste AKW der Welt.


Kaspar Schuler, Kampagnenleiter Klima & Energie von Greenpeace in der Schweiz, sagt:
"Der Bundesrat verpasste es heute, mit dem Atomausstieg ernst zu machen und sein Energie-Strategie-Paket in einem zentralen Schwachpunkt nachzubessern: Die bestehenden Atomkraftwerke müssen mit fixen Laufzeiten von maximal 40 Jahren versehen werden. Die gefährlichen Altreaktoren Mühleberg und Beznau I und II gehören sofort abgeschaltet, die neueren sind bis spätestens 2025 stillzulegen.
Nur mit einem solchen etappierten und terminierten Ausstiegskonzept entsteht Sicherheit: Planungssicherheit für die AKW-Betreiber, Investitionssicherheit bei der Umsetzung der Energiewende und Sicherheit vor radioaktiver Verseuchung für die Bevölkerung und die Umwelt. Ein Fukushima in der Schweiz auszuschliessen, heisst handeln. Bundesrätin Leuthard muss die Botschaft ans Parlament intensiv nachbessern, wenn sie ihrem Anspruch als 'Ausstiegsministerin' gerecht werden will."


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /