© Michael Sigmund – Cradle to Cradle® bei gugler*
© Michael Sigmund – Cradle to Cradle® bei gugler*

Wie würde die Natur drucken?

Interview zur weltweiten Neuheit: Cradle to Cradle® Drucksorten von gugler*

© Michael Sigmund – Frau Mag.a Teresa Distelberger mit dem Bio-Mittagessen der Kantine
© Michael Sigmund – Frau Mag.a Teresa Distelberger mit dem Bio-Mittagessen der Kantine
© Michael Sigmund – Die "heiligen Hallen" der Öko-Druckerei
© Michael Sigmund – Die "heiligen Hallen" der Öko-Druckerei
© Michael Sigmund – Begrünte Dächer des gugler* Hauptgebäudes in Melk.
© Michael Sigmund – Begrünte Dächer des gugler* Hauptgebäudes in Melk.
© Michael Sigmund – Am idyllischen Grundstück von gugler* werden derzeit Windmessungen für eine mögliche zukünftige Kleinwindanlage durchgeführt.
© Michael Sigmund – Am idyllischen Grundstück von gugler* werden derzeit Windmessungen für eine mögliche zukünftige Kleinwindanlage durchgeführt.
© Michael Sigmund – An der LEIHRADL Staion von Nextbike können beispielsweise geborgte Fahrräder vom Bahnhof abgegeben werden.
© Michael Sigmund – An der LEIHRADL Staion von Nextbike können beispielsweise geborgte Fahrräder vom Bahnhof abgegeben werden.
© Michael Sigmund – Auch ein Nützlingshotel für Insekten gehört zur gugler* Philosophie
© Michael Sigmund – Auch ein Nützlingshotel für Insekten gehört zur gugler* Philosophie

Cradle to Cradle® ist ein neues Öko-Konzept. Erdacht und entwickelt wurde es vom Verfahrenstechniker und Chemiker Prof. Michael Braungart, zusammen mit dem Architekten William McDonough.

Von der Wiege zur Wiege – Nährstoffe statt Abfall

Herkömmliche Produkte sind im Sinne von "Cradle to Grave" – von der "Wiege zur Bahre" konzipiert. D.h. nach ihrem Produkt-Lebenszyklus werden sie zu Abfall.

Cradle to Cradle® bedeutet von der "Wiege zur Wiege". Cradle to Cradle®-Produkte sind nach der Verwendung kein Abfall, sondern Nährstoffe. Hierbei muss allerdings zwischen technischen und nicht-technischen Produkten unterschieden werden.
Technische Produkte, wie Computer, Fernseher, oder Waschmaschinen sollen nach der Cradle to Cradle® Idee am Ende ihrer Lebensdauer vollständig zerlegbar sein. Die Einzelteile müssen komplett zu "Nährstoffen" für neue technische Produkte werden. Alles muss zu 100 % recyclebar sein.
Nicht technische Produkte, wie Decken, T-Shirts, oder Drucksorten sollen so gestaltet werden, dass sie als Nährstoffe wieder in den biologischen Kreislauf zurückfließen können.

Die Firma gugler* hat nun als erste Druckerei weltweit – zusammen mit Prof. Braungart und seinem Umweltforschungsinstitut EPEA – Cradle to Cradle®-Drucksorten entwickelt, die auch nach diesem neuen Standard für Öko-Effektivität zertifiziert wurden.

oekonews.at führte dazu ein Interview mit der Hauptverantwortlichen bei gugler* – Frau Mag.a Distelberger.

oekonews.at: Wie kam es zur Idee, bei gugler* Cradle to Cradle® in der Drucktechnik einzuführen?

Distelberger: Cradle to Cradle® war für gugler* ein logischer Schritt nach dem bisherigen Weg. Das Unternehmen hat in der Branche immer schon um eine Vorreiterrolle in Bezug auf ganzheitliche Nachhaltigkeit eingenommen. Ernst Gugler war zum Beispiel auch Aktivist beim WWF, bevor er 1989 die kleine Druckerei und Setzerei in Melk übernommen und zu einem ökologischen Vorzeigebetrieb umfunktioniert hat.
Dies ging los mit der Zertifizierung nach dem Österreichischen Umweltzeichen und FSC, darauf folgte die Einführung des Umweltmanagementsystems EMAS. Doch während FSC die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder betrachtet und EMAS einen starken Fokus auf die Öko-Effizienz der Produktion legt, geht Cradle to Cradle® deutlich weiter. Es geht hierbei um ein Produkt-Design, welches den gesamten Lebenszyklus beachtet. Am Ende soll keinerlei Abfall übrig bleiben. Statt bloß um Ökoeffizienz geht es um hier um Ökoeffektivität. Dies bedeutet Produkte so zu gestalten, dass sie immer nützlich sind, auch am Ende der regulären Lebensdauer.

oekonews.at: Wie lang hat die Cradle to Cradle® Entwicklung bei gugler* gedauert?

Distelberger: Wir haben im Jahr 2009 mit einem Vorprojekt begonnen und 2010 mit dem Umweltforschungsinstitut EPEA von Prof. Michael Braungart die eigentliche Entwicklung gestartet.

oekonews.at: Was glauben Sie, warum gerade gugler* als erste Druckerei mit dem Thema begonnen hat?

Distelberger: Wie gesagt, wir bieten mit all unseren Produkten unseren KundInnen bereits seit langem nachhaltige Medienproduktion auf höchstem Niveau. Wir sehen Nachhaltigkeit einfach als ganzheitliches Prinzip.
Neben unseren Zertifizierungen legen wir Wert auf viele Details. Dies beginnt bei kleinen Dingen, wie unserem Nützlings-Hotel für Insekten. Unser ökologisches Gebäude hat den NÖ Holzbaupreis gewonnen. Es hat begrünte Dächer, Stampflehmwände, sowie eine innovative Gebäude-Kühlung mit Grundwasser. Wir verwenden nur Strom aus erneuerbaren Quellen. In unserer Bio-Küche wird großteils vegetarisch gekocht, nur dienstags gibt es wahlweise auch ein Fleisch-Gericht.

Außerdem haben wir gemeinsam mit anderen Betrieben, wie GEA/Waldviertler Schuhwerkstatt und Spreitzer Bau, "Momentum", den "Qualifizierungsverbund für Nachhaltigkeit" gegründet. Dieser bietet den MitarbeiterInnen gemeinsame Fortbildungsmaßnahmen in den Bereichen Nachhaltigkeit, Leadership, Persönlichkeit und Gesundheit.

oekonews.at: Apropos Nachhaltigkeit – die Lage mitten im Grünen ist zwar wirklich idyllisch, allerdings gestaltet sich die Anreise mit Öffis etwas schwierig, da der Bahnhof Melk über 4 km entfernt liegt.

Distelberger: Ja, das ist uns durchaus bewusst. Wir haben daher vergangenes Jahr direkt vorm Haus eine LEIHRADL Station von Nextbike aufgestellt. Wer möchte, kann sich ein Fahrrad hier ausborgen und am Bahnhof zurückgeben und umgekehrt. Außerdem haben wir eine Kooperation mit dem örtlichen Taxiunternehmen. Unsere MitarbeiterInnen aus Wien können auch auf Kosten von gugler* in Melk übernachten, wodurch wieder Wege gespart werden können.

oekonews.at: Zurück zu den Cradle to Cradle® Druckprodukten. Was unterscheidet diese im Detail von bisherigen Drucksorten?

Distelberger: Auch bisher druckten schon einige Druckereien mit Pflanzenöl-Farben, bei denen natürlich auch gesetzliche Schadstoff-Grenzwerte eingehalten werden. Trotz Einhaltung der Grenzwerte sind aber immer noch problematische Stoffe enthalten. In herkömmlichen Druckfarben wird weiterhin ein Gelbpigment verwendet, welches in China's Textilindustrie bereits verboten ist. Dieses haben wir unter anderem ausgetauscht. Wie auch die gesamte Petrochemie.

Diese gelungene Entwicklung mit dem Farblieferanten war die Grundlage für die Zertifizierung. Damit ist schon mal der wichtigste Meilenstein erreicht worden.

oekonews.at: Was ist für die Zukunft geplant?

Wir wollen zukünfig noch stärker mit den Papier-Herstellern zusammenarbeiten, um auch hier gemeinsam weitere Optimierungen zu schaffen. Das wird eine Herausforderung, denn im Bereich Papier können wir nicht so leicht sagen "Wir hätten gerne eine Sondermischung". Da geht es um ganz andere Dimensionen. Außerdem wollen wir zukünftig auch diverse Bindearten entsprechend dem Cradle to Cradle®-Standard anbieten können.

Den wichtigsten Meilenstein haben wir bereits erreicht. Doch der Weg ist das Ziel. Um noch weiterzugehen brauchen wir jetzt natürlich die Unterstützung unsere KundInnen. Jedes bei uns gekaufte Produkt – egal ob Cradle to Cradle® oder nicht – hilft uns, diesen Standard weiter zu verbessern und auch in unseren Zulieferbranchen ein Umdenken im Sinne von diesem ganzheitlichen Ansatz zu erreichen.

oekonews.at bedankt sich für das interessante Gespräch und wünscht Alles Gute für die generelle Verbreitung von Cradle to Cradle®!

Das Interview führte Michael Sigmund für oekonews.at

Links:

EPEA
Cradle to Cradle® von gugler*

Videos:





www.youtube.com/guglerdenktweiter


Artikel Online geschaltet von: / sigmund /