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Effizienz auf andere Art

Dynamische Sonnenschutzsysteme könnten 42 Atomkraftwerke sparen

Wien – Natürlich sind derzeit die Stimmen laut, die gegen die Atomkraft wettern. Und natürlich haben sie Recht. Und natürlich ist die Suche nach alternativer Energiegewinnung enorm wichtig. Was aber, wenn wir einfach versuchen weniger Energie zu verbrauchen?

Dabei geht es nicht um autofreie Tage wie zur Zeit der Ölkrise in den 1970er-Jahren. Auch nicht um durchaus sinnvolle Einzelmaßnahmen wie das Licht nicht brennen zu lassen, keine halbvollen Waschmaschinen einzuschalten und Restwärme am Elektroherd zu nutzen. Denn all diese Aktivitäten sind vom Goodwill des Einzelnen abhängig und daher leider nur schwer steuerbar.

Was allerdings rasch und effizient umzusetzen und auch gut zu berechnen ist, sind sinnvoll konzipierte Gebäude mit ausgereiften Fassaden. Unverzichtbar dafür ist flexibler Sonnenschutz: Einerseits schützt er vor übermäßiger Überwärmung im Sommer, wird aber andererseits im Winter weggefahren und gibt die Fenster frei, die so zu solaren Heizkörpern werden. Ing. Johann Gerstmann, Sprecher des Bundesverbandes Sonnenschutztechnik: ‘Es ist unverständlich, dass auf dieses ökologische und ökonomische Potential im Großen und Ganzen schlichtweg verzichtet wird – und zwar sowohl von der Politik als auch von Planern und Betreibern!’ Dazu hat der Bundesverband Sonnenschutztechnik folgende außerordentliche Rechnung aufgestellt:

Wie hinlänglich bekannt verbrauchen Gebäude in Europa 40 % der Primärenergie. In der EU stehen derzeit ca. 190 Mio. Gebäude. Diese Häuser weisen in Summe eine Verglasungsfläche von rund 1 Milliarde m2 auf.

Der europäische Dachverband der Sonnenschutzindustrie, kurz ES-SO, hat in seiner ESCORP-Studie für diese Häuser ein Energie-Einsparpotenzial von ca. 500.000 GWh pro Jahr errechnet. Das entspricht in etwa 43 Mio. Tonnen Öl.

Allein für die Kühlung von Räumen könnten 72 % der Energie, also 360.000 GWh pro Jahr durch richtig eingesetzten, flexiblen Sonnenschutz eingespart werden. Wenn man davon ausgeht, dass die durchschnittliche Kernkraftwerkleistung bei 8.500 GWh jährlich liegt, kann allein durch passives Kühlen gut und gerne auf mindestens 42 der insgesamt 93 Atomkraftwerke in der Europäischen Union verzichtet werden!

Gerstmann: ‘Es geht nicht darum, alle Atomkraftwerke weltweit per sofort abzudrehen. Man wird nicht von heute auf morgen auf deren beträchtliche Beiträge zur Energieversorgung verzichten können. Aber ein Vierteljahrhundert nach Tschernobyl und rund 50 Tage nach Fukushima muss auch in Ländern, in denen kein Atomkraftwerk steht, ein Umdenken stattfinden. Bei jedem Einzelnen, bei den Politikern, aber vor allem auch bei den großen Energienetzwerken!’ Langfristig gesehen geht es also einerseits um die Suche nach dezentralen Möglichkeiten der Energiegewinnung mit Alternativenergien, andererseits um sinnvolle tägliche Energievermeidung. Denn auch das Wissen über die Lagerstätten von Atommüll ist enden wollend. Gerstmann: ‘Es ist einfach nicht tragbar, im Sommer die Sonne und damit die Hitze ins Gebäude zu lassen und sie anschließend wieder teuer, aufwändig und energiefressend wegzukühlen!’ Darüber hinaus kann mit intelligentem Sonnenschutz das Tageslicht gerade in Bürogebäuden sinnvoll gelenkt werden, wodurch ebenfalls jede Menge Energie vermieden werden kann. Gerstmann weiter: ‘ In Bürogebäuden entfallen 35 % und mehr des Primärenergiebedarfs auf künstliche Beleuchtung! Durch gezielte Tageslichtnutzung und Lichtmanagement lässt sich dieser Wert um bis zu 80 % senken!’


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /