©  Berger
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Unermüdlich für die Schöpfung verantwortlich

Isolde Schönstein, unsere Heldin des Monats!

© Simone Hofstädter
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© StadtGraz FISCHER
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Isolde Schönstein ist Leiterin der ARGE Schöpfungsverantwortung. Sie macht seit über 20 Jahren aktive Umweltarbeit im Rahmen der katholischen Kirche Österreichs, und des Europäischen Christlichen Umweltnetzwerkes (ECEN), bei der es ganz stark um das soziale Miteinander und das ökologische Gestalten und Bewahren unseres Planeten als Lebensraum geht. Sie ruft dazu auf, die Erde den nachfolgenden Generationen verbessert zu hinterlassen und die Zerstörung/Ausbeutung zu beenden.

Chronik

1989 ergriff Isolde Schönstein, unmittelbar nach der I. Europäischen Ökumenischen Versammlung von Basel, die Initiative zur Umsetzung der kirchlichen Erklärungen für ‘Friede-Gerechtigkeit-Bewahrung der Schöpfung" und gründete mit christlichen AktivistInnen eine ökosoziale Bewegung in der katholischen Kirche, welche 1992 in die Gründung der ARGE Schöpfungsverantwortung mündete. Seit mehr als 20 Jahren ist sie seither unermüdlich für die kirchliche Umweltarbeit mit nationalen und internationalen Projekten/Aktionen und Kampagnen im Einsatz. Die Umweltschwerpunkte bei ihrer Arbeit sind

• Klimaschutz, erneuerbare Energie
• Atomgefahren
• Mobilität ‘sanfte Mobilität – das ganze Jahr über’
• Lebensstil: ‘Bilanzen der Gerechtigkeit’
• Ökologische Landwirtschaft
• ‘Arche Noah’ - Kinderrechte
• Tierschutz
• Gesundheitsvorsorge
• Ökopraktika, Ausbildungs- und Beschäftigungsprogramm
• Umweltbildung
• Gentechnikaufklärung, Schutz der Biodiversität
• Umfragen und Studien
• Theologie & Ökologie, Schöpfungsethische Impulse
• Projektunterstützung in postkommunistischen Ländern

Von 1996 - 2000 stand die Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus Leitung, Leitungsteam, Wissenschaftlichem Beirat, Theologischem Beirat, Mitarbeitern, Ordentlichen Mitgliedern, Fördermitgliedern und Kooperationspartnern der österreichischen Bischofskonferenz zur Verfügung und trat für eine ganzheitliche Umweltarbeit und die Umsetzung kirchlicher und staatlicher Handlungsempfehlungen ein. In diese Zeit fielen große an internationale Netzwerke angebundene Initiativen, wie die Protestaktion ‘kein Patent auf Leben’ und das Gentechnik-Volksbegehren und die Klimapetition an die UNO.

1997 ergriff die ARGE SVA, gemeinsam mit Vertretern bewährter kirchlicher Umweltarbeit Europas, die Initiative für die Zusammenarbeit auf Europaebene und ist Mitgründer und Mitträger des EUROPÄISCHEN CHRISTLICHEN UMWELTNETZWERKES (ECEN).
Isolde Schönstein und Bischof Alvaro Ramazzini erhielten 2005 den ‘Konrad-Lorenz-Preis’ für den Einsatz für das Unwiederbringliche in der Natur und in der Umwelt, Generationenverantwortung und Schöpfungsethik.

2007 erreichte Isolde Schönstein die Anerkennung der Schöpfungszeit als Impuls für das gesamte Kirchenjahr. Die III. EUROPÄISCHE ÖKUMENISCHE VERSAMMLUNG in Sibiu richtete folgende Handlungsempfehlung an die christlichen Kirchen Europas:

‘Wir empfehlen, dass der Zeitraum zwischen dem 1. September und 4. Oktober dem Gebet für den Schutz der Schöpfung und der Förderung eines nachhaltigen Lebensstils gewidmet wird, um den Klimawandel aufzuhalten.’
Unterzeichnet von den Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) und der Konferenz der Christlichen Kirchen Europas (CEC)

ARGE Schöpfungsverantwortung

Der Großteil der wissenschaftlichen- und Kampagnen-Arbeit erfolgt durch ‘freiwillige Leistungen’ als Dienst an Gesellschaft und Kirche.
Organisation: Leitung: 1 Laie, 1 Priester
Leitungsteam/Vorstand (5 Personen)
Naturwissenschaftlichen Beirat (24 Personen)
Theologischer Beirat (10 Personen)
Nucleusteam (14 Personen)
a.o. Mitarbeiter (18 Personen)
Wirkungskreis: 6.000 Personen/Institutionen

Schöpfungszeit

Für die 34 Tage der Schöpfungszeit zwischen dem 1. September und 4. Oktober werden Impulse zu den wichtigsten Umweltbereichen wie Klima, Energieversorgung, Mobilität, Gentechnik, Atomgefahren, Kinderrechte, Biodiversität, Wasser, Abfall u.a. herausgegeben, die es leicht ermöglichen die Sinnhaftigkeit für Haltungsänderungen zu erfassen und selbst aufzugreifen. In diese Zeit fällt der ‘Europaweite Autofreie Tag’ am 22. September, den wir seit Jahren mit vielen anderen auf der Straße zubringen.
Während der Schöpfungszeit steht außerdem der Information-, Beratungs- und Behelfsdienst der ARGE Schöpfungsverantwortung mit folgenden Behelfe/Arbeitsunterlagen zur Verfügung:

• Dossier "Zeit der Schöpfung" (deutsch und englisch), Basisdokument
• Fachkommentare zu den o. g. Umweltbereichen u. a. von Chrsitine von Weizsäcker, Peter Weish, Hermann Knoflacher, Helga Kromp-Kolb …
• Literaturempfehlung und Fachbibliothek
• Informationsfolder "Zeit der Schöpfung"
• Aktionen zum jeweiligen UN-Jahresthema (heuer sind es die Wälder)
• Informationsfolder "Rund um das SOJA", (gentechnikfrei) ‘Bilanzen der Gerechtigkeit’, Anleitungen für einen ökosozialen Lebensstil
• Solarkocher, Transparente
• Predigten, Lieder, Texte, Liturgische Feiern

Beispiel aus der Liturgie: Rhytmus der Schöpfung - Rhytmus des Lebens:

Herr, du hast uns die Erde anvertraut - sie war in allem gut !
Wir haben den Plan verloren, nach dem du alles geordnet hast.
Durchbrich die Sperren von Angst und Verzweiflung,
damit wir die nächsten Schritte in Zuversicht tun können.
Darum bitten wir dich durch Jesus Christus.

oekonews: Genesis 1,28: "Macht Euch die Erde untertan" ?

Ja, diese Interpretation kam einem anthropozentrischen Weltbild entgegen, das sich verschiedentlich über lange Zeit hielt und der Bildung eines ökologischen Bewusstseins hinderlich war, entspricht aber nicht dem biblischen Grundansatz für die ökologische Verantwortung des Menschen.

Die Problematik der Interpretation dieser Bibelstelle heute hängt mit der Gewalt der industriellen Technik zusammen, die auf die physische Lebenserleichterung der Menschen zielt. Damit verfehlt sie aber die Aussagen über die wahre Bestimmung des Menschen innerhalb der fortdauernden Schöpfung, deren Ziel die Förderung des Lebens ist.

oekonews: Gilt der Mensch für Sie als die Krone der Schöpfung?

Der Mensch ist ein Teil der Welt, er ist in und mit der Welt. Seine Sonderstellung bezieht er aus der Geistbegabung mit der er gestalterisch in die Wirklichkeit eingreifen kann und genau hier beginnt auch seine Verantwortung. Künftig wird sich der Mensch mehr mit der Reparatur der von ihm verursachten Schäden zu befassen haben und hoffentlich allen Schöpfergeist dafür aufwenden.

oekonews: Hat sich viel im Bewusstsein der Glaubensgemeinschaft verändert in den letzten 22 Jahren Ihrer Tätigkeit?

Die Aufbruchsstimmung in der Umweltbewegung in den 70-er Jahren hatte damals eine enorme Kraft und ist in alle Bereiche der Gesellschaft vorgedrungen – auch in die Kirche. Die Bewegung ging von der Basis aus, wurde von Bischof Florian Kuntner und dem Salzburger Erzbischof Berg unterstützt. Die ökologische Bedrohung war zumindest im Waldsterben, den verschmutzten Gewässern erkennbar (nicht zuletzt auch im Reaktorunfall von Tschernobyl), was dazu führte, dass sich Menschen in der Kirche zu engagieren begannen und die Vernetzung mit Umweltorganisationen suchten. Da war die ARGE Schöpfungsverantwortung ein willkommener Ansprechpartner, wo man sich auch weltanschaulich wiederfand. *)
1989 fanden sich die christlichen Kirchen Europas erstmals zu den Fragen von Gerechtigkeit-Frieden und Bewahrung der Schöpfung in einer groß angelegten Versammlung ein und gaben für die Gläubigen Handlungsempfehlungen heraus.
Unmittelbar darauf begann ich meine Tätigkeit und gründete die ARGE Schöpfungsverantwortung um diese Anleitungen in die Tat umzusetzen. Der Leitspruch der ARGE lautet: ‘was zählt ist die Tat’. Siehe auch Zitat von Martin Luther King!

Unsere Mission ‘wir machen Schöpfungsverantwortung zum Thema’ zeigt bis heute Wirkung, wenngleich das Engagement in der Kirche sehr unterschiedlich ist. Abgelenkt durch die binnenkirchlichen Auseinandersetzungen, haben oft andere Unternehmungen Vorrang. Mehr denn je ist es notwendig, dass sich die ARGE Schöpfungsverantwortung als unabhängige Organisation in der Kirche, für eine andere Prioritätensetzung engagiert. Die Thematisierung hat stattgefunden, wie weit sie in das Bewusstsein vorgedrungen ist und sich auf eine Umsetzung vorbereitet, kann ich zur Zeit nicht beurteilen.



*) die ARGE SVA als Mitträger des Gentechnik Volksbegehrens konnte viele Katholiken dazu bewegen mit ihrer Unterschrift ein Zeichen der Ablehnung der Gentechnik in der Landwirtschaft zu setzen. Unsere Kampagne
gegen die Patentierung von Lebewesen brachte zwar keinen politischen Erfolg, schaffte aber Einblick in die Gefahr, in die Hintergründe der Begehrlichkeit, nach Besitz des gemeinsamen Gutes aller Menschen für einzelne Interessensgruppen.
In knapp 2 Monaten unterzeichneten die Christen Österreichs den Appell, der auch vom damaligen Umweltbischof, Dr. Paul Iby, mitgetragen wurde.


Persönlich hatte ich das Glück teilweise auf dem Land aufzuwachsen, was mir Naturerfahrung ermöglichte und mir eine in Kreisläufen funktionierende Landwirtschaft täglich vor Augen führte. Viele KollegInnen aus der damaligen Umweltbewegung bestätigten diese Voraussetzung als maßgeblich für Ihr Engagement.

oekonews: Ich habe gelesen, Sie führen Ihr Umweltengagement auf Naturerfahrungen am Leithagebirge zurück?

Ich wuchs in der Wechselwirkung von Stadt und Land auf. Mein Landleben ermöglichte mir zu jeder Jahreszeit ausgiebige Streifzüge durch Wald und Wiesen, durch die ‘Wüste’ ein Juwel des Leithagebirges, begleitet von meiner Schäferhündin (die mich wiederholt zur Pflegerin von Welpen machte). Ich erlebte im Haus meiner Großeltern eine funktionierende Kreislaufwirtschaft, den Umgang mit Tieren und viele Handgriffe zur Alltagsbewältigung. Der Kräutergarten der Großmutter barg etwas geheimnisvoll Berauschendes. Das erste, noch milchige Korn vom Feld des Großvaters wurde mit Ehrfurcht zwischen den Zähnen zermahlen.

Doch auch die nahegelegene Zementfabrik gehörte zur Alltagsrealität. Natur und Mensch waren davon stark betroffen. Wiesen und Felder hatten einen Grauschleier und die Lungenkrebsrate war signifikant angestiegen. In den 60-er Jahren entwickelte sich eine Bürgerinitiative die Maßnahmen forderte – ich schloss mich der Bewegung an. Es galt viele Hürden zu nehmen und das eine oder andere Abenteuer zu bestehen. Schließlich wurde eine politische und technische Lösung (für einige Zeit) gefunden. Damals befand ich, dass sich Engagement lohnt!

oekonews: Österreich – Europa – Philippinen - Weißrussland? In punkto globale Vernetzung hat die Kirche da sicher einen Vorteil.

Die Kirche hat weltweit hervorragende Informationsstrukturen, sie ist auch nahezu überall niedergelassen und gut organisiert. Wäre zu wünschen, dass auch Umweltnachrichten, die der Beurteilung durch die Kirchenleitung bedürfen, rechtzeitig ans Ziel kommen.
Dank Internet ist auch die ARGE SVA gut vernetzt. Austausch und Entscheidungen z. B. mit Kollegen, Pater Georg Ziselsberger SVD, auf den Philippinen erfolgen auf diesem Weg. Pater Ziselsberger SVD ist Steyler Missionar und seit vielen Jahren auf den Philippinen im Einsatz. Neben seiner Lehr- und Ausbildungstätigkeit legt er den Schwerpunkt auf Umsetzungsprojekte in der Landwirtschaft, wozu die Rückführung in einen ökologischen Reisanbau (wo wieder Fische und Krebse den Eiweißbedarf der Reisbauernfamilien decken), der Einsatz für die Kultur der indigenen Bevölkerung und das derzeit laufende Wiederbewaldungsprojekt für 400 Familien, zählen. Die Entwaldung der Philippinen lässt Taifunen über dem Land freien Spielraum für Zerstörung.

Für junge Menschen mit ökologischen/sozialen Interessen gibt es gute Möglichkeiten sich in an Entwicklungsprogrammen in den Ländern der sogen. ‘Dritten Welt’, im Rahmen eines Volontariats zu engagieren. Dazu muss man kein Kirchenmitglied sein.

Auf Einladung des Orthodoxen Metropoliten von Belarus, Filaret, werden Pater Ziselsberger SVD und ich heuer zum zehnten Mal Impulse im kirchlichen Ökologisierungsprozess, inhaltlich und in der Förderung von Projekten, geben. Die Offenheit der Kirchen in postkommunistischen Ländern für Schöpfungsverantwortung als primäre Aufgabe in der Welt von heute, führt uns aber auch in andere Regionen Europas, was uns selbst immer wieder Auftrieb gibt.

oekonews: Ich habe immer mehr das Gefühl, dass zwischen blindem Ausbeutertum und extremem Naturbewahren oft die Vernunft verloren geht. Wie sehen sie das?

Ich finde nicht nur die Vernunft geht verloren, sondern vor allem auch die Kenntnis über Lebenszusammenhänge. Erst wenn sich die Menschen darauf besinnen worauf Leben beruht, und dass Eingriffe in Ökosysteme verheerende Folgen haben, wird sich Vernunft einstellen. Dafür ist eine unabhängige Wissenschaft, eine Politik der Gerechtigkeit notwendig, wie Aufklärung seitens der Kirchen, der Glaubensgemeinschaften, in einem annehmbaren Stil.
Der Gegenwind kommt von verantwortungslosen Marktinteressen, denen auch viele Medien nicht gewachsen sind. Extreme Naturbewahrer haben den Auftrag zur Fortführung der Schöpfung nicht verstanden.

Unser begrenzter Lebensraum steht im Widerspruch zu unbegrenztem Wachstum.
Und dafür steht die Energiegewinnung aus Atomkraft, die eine schier unversiegbare Quelle für Wohlstand vorgaukelt. Wir erleben das ‘Ende der Nacht’, gehen wir durch Städte und Dörfer. Und draußen in der Natur verhindern zusätzlich ‘nachtleuchtende Wolken’ (Al Gore) die Regeneration von Lebewesen.


In den frühen 70er Jahren habe ich mich den AktivistInnen aus verschiedenen Anti-Atom Gruppierungen, u. a. den rund um Freda Meissner Blau, angeschlossen. angeschlossen. Als junge Mütter stand ich der Gruppierung ‘Müttern gegen Atomkraft’, besonders nahe. Generationenverantwortung war zu dieser Zeit wirklich ein Thema, und es galt die Ausweitung der Atomkraft, zumindest in Österreich, zu verhindern. Wir waren gut informiert und konnten uns daher auch auf die Strasse begeben.

Anlässlich einer Demonstration vor dem Parlament, wie waren eine kleine Gruppe junger Frauen, wurden wir rüde angepöbelt. Das Parlament war damals ein hartes Pflaster. Abhalten konnte uns dies von weiteren Aktivitäten nicht.

Wenn wir heute zu öffentlichen Auftritten einladen, gibt es wenig Echo und wir fragen uns was noch geschehen muss ….

oekonews: Welche Zielgruppen sprechen Sie mit Ihrer Arbeit an?

Grundsätzlich wenden wir uns an alle Gesellschaftsschichten (an die ‘Zeitzeugen’) und ganz besonders die Kirchen. An ihre Amtsträger, Verbände und Organisationen, die Orden, die Evangelischen und Orthodoxen Christen, und auch, seit 3 Jahren an die Vertreter der in Österreich anerkannten Religionsgemeinschaften. Über das EUROPEAN CHRISTIAN ENVIRONMENTAL NETWORK (ECEN), das wir 1998 mit gegründet haben und das wir im Leitungsteam mittragen, erreichen wir mehr als 100 Multiplikatoren der kirchlichen Umweltarbeit. Darüber hinaus gibt es Ansprechpartner in Südkorea, Australien und den USA, die an unserer Arbeit partizipieren können.

In den letzten Jahren stieg das Interesse von Menschen aus nahezu allen Bevölkerungskreisen an unserer schöpfungsorientierten Arbeit. Das Interesse an christlichen Werten ist auch in manchen Managerkreisen gestiegen. Die Sinnfrage ist akut.

oekonews: Was hat das Thema erneuerbare Energie für Sie mit Schöpfungsverantwortung zu tun?

Energieversorgung und Klimaschutz waren die ersten Schwerpunkte unserer Arbeitsgemeinschaft. Dort wo es um einen Anspruch mit irreversiblen Folgen geht, wie der unbegrenzten Energieverwendung, sehen wir unsere Aufgabe darin für einen zukunftsfähigen Lebensstil einzutreten.

Als Beauftragte der Bischofskonferenz in den Jahren 1996 – 2000, sind wir mit einer Informations- und Beratungskampagne aufgebrochen und haben erstmals auf Kirchenebene mit dem Klimasymposium ‘Jeder Pfarre ihre Solaranlage’ im Erzbischöflichen Palais, weite Kreise kirchlicher Entscheidungsträger aus dem In- und Ausland erreicht. Hier kamen auch die heute noch bestehende Kontakte und Kooperationen, wie z. B. mit Eurosolar, Armin Themessl, Klimabündnis u. v. m. zustande.

Hermann Scheer war Hauptredner bei diesem ersten Klimasymposium, der Kontakt blieb weiter bestehen. Was ihn neben seiner Kompetenz auszeichnete war die rasche Reaktion auf unsere Anfragen und Hilferufe. Sie kamen immer prompt und mit einem freundlichen Nachsatz. Wir vermissen ihn sehr!

In der weiteren Folge erreichten wir eine 30 %-ige Förderung für kirchliche Energieprojekte. In jeder Diözese sollten pro Jahr zumindest 5 Anlagen verwirklicht werden, so das vorgegebene Plansoll des damaligen Umweltbischof, Dr. Paul Iby, Wenn man von einzelnen hervorragenden Umsetzungsprojekten absieht ist eine generelle Aufnahme der Energieversorgung aus Erneuerbarer Energie in der Kirche noch nicht erfolgt.

oekonews: Hat die Kirche eine umweltgerechte Vision für die Zukunft, die uns allen Mut machen könnte?

Die Kirche ist immer die eine und die andere. Schon in den Ämtern sind die Handelnden sehr unterschiedlich. Von der Basis her gibt es zahlreiche engagierte Gruppierungen, die auf hohem Niveau ganzheitlich tätig sind, für die es aus ihrem christlichen Selbstverständnis heraus ganz klar ist an der Gestaltung der Zukunft mitzuwirken. Beispielhaft ist der Einsatz von Katholiken im Bischofamt, wie Bischof Kräutler, Bischof Ramazzini und vielen anderen Amtsträgern in allen christlichen Kirchen, die selten eine Medienpräsenz erreichen.
Die Deutsche Bischofskonferenz, gemeinsam mit dem Rat der Evangelischen Kirchen ist seit vielen Jahren an politischen Entwicklungsprozessen wie ‘Zukunftsfähiges Deutschland , beteiligt. Der Weltkirchenrat (WCC) hat 1983 die Trias von Gerechtigkeit-Frieden-Bewahrung der Schöpfung (beispielgebend für die Präambel der Rio Konferenz 1992), als untrennbare Trias herausgegeben. Dennoch wird diese Trias im Alltag der Kirchen häufig auf Iustitia et Pax reduziert.


Als Teil der Gesellschaft vertritt die Kirche eine Vision des friedlichen Zusammenlebens aller Geschöpfe. Da die christlichen Kirchen ein Drittel der Menschheit ausmachen, könnten sie im Weltgeschehen eine entscheidende Rolle spielen ….

Die SCHÖPFUNGSZEIT (Intensivzeit vom 1. September bis 4. Oktober eines jeden Jahres) kann ein entscheidender Impuls für das gesamte Kirchenjahr sein. Die Synergie von Agenda 21 und dem Konziliaren Prozess (für Frieden-Gerechtigkeit-Bewahrung der Schöpfung) und die zahlreichen großen und kleinen Initiativen, die es bereits überall auf der Welt gibt, ermutigen und geben Hoffnung.


Der Begriff der Nachhaltigkeit ist im Alten Testament grundgelegt:

Leben und Tod
Leben und Tod lege ich dir vor
Segen oder Fluch
Ergreife das Leben
Damit du lebst, du und deine Kinder
(Deut. 29.30)

oekonews: Was sind Ihre Erfahrungen mit jungen Menschen? Werden diese bereit sein, unsere heutigen Ideen von Überfluss und Wohlstand über Bord zu werfen?

Ich kann da nur über meine Erfahrung mit vielen PraktikantInnen sprechen, welche unseren Praktikumsplatz, Einsatzstelle unter all den Angeboten von Umweltorganisationen, gewählt haben.
Ihre Entscheidung haben sie im Vertrauen auf den Arbeitstitel ‘Schöpfungsverantwortung’ gefällt. Sie alle sehen den sogenannten Wohlstand sehr kritisch, mit der Konsequenz es selbst anders zu machen, sich durch ihren Lebensstil und ihr gesellschaftspolitisches Engagement eine Unabhängigkeit zu schaffen und an der Gestaltung der Zukunft mitzuarbeiten. Auf dem Weg dorthin waren ihre Praktika und Einsätze bei der ARGE SVA hilfreich, ein Rüstzeug für Beruf und gesellschaftspolitisches Engagement, wie sie selbst betonen Da unserer Ausbildungskapazität Grenzen gesetzt sind, bemühen wir uns im Rahmen des ARCHE NOAH – Kinderprojektes, Kindern schon früh Umwelterfahrungen zu vermitteln und sie zu Wort kommen zu lassen - siehe Appell an die Klimakonferenz von Kopenhagen. Die ‘Plant fort he Planet’ Kinderinitiative, von Felix Finkbeiner zum Schutz des Klimas hält uns vor Augen, dass auch die Kinder die Dringlichkeit des Handelns erkannt haben.

oekonews: Wie erklären Sie immer mehr armen Menschen die „neue“ Umweltmoral?

Man kann nur immer wieder darauf hinweisen, dass rund 20% der Erdbevölkerung 80% der Ressourcen für sich in Anspruch nehmen, bewusst oder unbewusst.
Das ist in jedem Fall ein kompletter Wahnsinn, der nicht wirklich erklärbar ist.
Auf der anderen Seite muss man den Standard der Armut genau ansehen, Armut liegt auch häufig darin begründet, dass es am Wissen im Umgang mit den Ressourcen fehlt und falsche Wertvorstellungen in einen Konsumismus münden,
der das Wohl gerade jener steigert, die für die ungerechte Verteilung verantwortlich sind.
Über die Soforthilfen zur Armutsbekämpfung hinaus, bedarf es auch eines Bildungsprogramms für das Überleben auf diesem Planeten. Dieses hätte die Aufgabe Lebenszusammenhänge herzustellen, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Lebensgrundlagen zu erklären und zu den vielen kleinen und doch wirksamen Möglichkeiten der Selbststeuerung von Entwicklungen hinzuführen, Vernetzung mit einschlägigen Bewegungen zu fördern. Ich denke, dass die Kirchen hier eine Möglichkeit haben, weitläufig über caritative Hilfe hinaus, nachhaltige Impulse zu geben.

oekonews: Ist es schwierig für die ARGE SVA sich in der Katholischen Kirche durchzusetzen?

Wir sind für kirchliche Verhältnisse eine eher radikale Organisation (eine Bewegung des prophetischen Protests) was angesichts der ökologischen Krise, auch notwendig ist. Wir waren über 4 Jahre im Auftrag der Bischofskonferenz tätig und haben in dieser Zeit auch vieles grundgelegt, wovon jedoch nur weniges fortgeführt wird. Die Trennung erfolgte wegen unterschiedlicher Auffassung über die Umweltsituation. Seit 2001 arbeiten wir ohne kirchliches Budget, aber nach wie vor im Rahmen von ‘Ersatzdiensten’ für die Kirche. Selbst so große erfolgreiche Projekte wie die SCHÖPFUNGSZEIT, finden bis heute keine Resonanz in der Kirche Österreichs, während wir im Ausland seit 1998 als Vortragende sehr gefragt sind. Anfragen an die Bischöfe, Vorschläge, bleiben entweder unbeantwortet oder die Antwort geht an der Fragestellung vorbei.
Das schafft eine schwierige Situation, auch für verunsicherte Gläubige….

oekonews: In Ihrer Veröffentlichung „Schöpfungszeit“ geben Sie sehr praxisnahe Impulse und Anleitungen zum Schutz der Biodiversität für das gesamte Kirchenjahr. Wie sprechen die Menschen darauf an?

Im Moment ist es schwer über Biodiversität zu sprechen, wo sich alles um die Energieversorgung dreht und die Katastrophe von Fukushima noch nicht realisiert, aber als Bedrohung empfunden wird.

In der Schöpfungszeit fokussieren wir jeweils auf das UN-Jahresthema, führen aber die Themen der Vorjahre vom Reisanbau, Wüsten bis hin zum Klimawandel fort. Im Vorjahr stand der zunehmende Verlust der Biodiversität.im Zentrum der Recherchen und Studien, die eine Gegensteuerung durch eine entsprechend geänderte Lebenspraxis, nahelegen. Damit werden Produktionsweise, Stoffströme, Transfer und die Arbeitsbedingungen gesteuert – das ist vielen verständlich und die Frage nach dem Wie taucht sofort auf, weshalb wir einen ausführlichen Ratgeber herausgegeben haben, der eine schrittweise Umstellung fördern kann und soll. Aus diesem Programm kann man nicht mehr wirklich aussteigen, das wäre Handeln wider besseres Wissen. Wie die Erfahrung unserer Straßenaktionen im Biodiversitäts-Jahr zeigte, ist die öffentliche Aufklärung im Alltag der Menschen zielführend.
Doch das allein reicht nicht. Die Kirchen selbst haben die Möglichkeit über die Sonntagsgottesdienste hinaus, die Fragen in der Kinder- und Jugendarbeit, der Erwachsenenbildung aufzugreifen. Die Wirkung von Predigtbeiträgen, unterstützt von einem nachhaltigen Pfarr-Cafe, z. B., sollte nicht übersehen werden.

oekonews: Was lesen Sie gerade?

• Hans Kessler: Evolution und Schöpfung in neuer Sicht.
• Fjodor Michailowitsch Dostojewski: Der Jüngling.
• Thomas Bernhard: Gesammelte Gedichte.

oekonews: Was ärgert Sie momentan am meisten?

Ignoranz und Selbstgefälligkeit

oekonews: Was freut Sie momentan am meisten?

Die Entwicklungen im Dritten Sektor

oekonews: Was sind zukünftige Projekte?

Das ARCHE NOAH Kinderprojekt, eventuell in Kooperation mit Felix (www.plant-for-the-planet.org ).
Lebensstil stoppt Klimawandel

Danke für das Gespräch.

Fotos & Links

Fotos:
Perfekte Gastgeberin Isolde Schönstein,
Konrad Lorenz Preis Verleihung 2005 an Bischof Alvaro Ramazzini und Isolde Schönstein durch BM Josef Pröll
Isolde Schönstein im Einsatz in Graz

Links:
ARGE Schöpfungsverantwortung www.argeschoepfung.at
ECEN, Europäisches Christliches Umweltnetzwerk
OEKUOEKU, Arbeitsgemeinschaft Kirche und Umwelt
GeoChris, Phillippinen
GronkirkeGreen Church Project, Dänemark
ACK, Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland
CCFD, Katholisches Werk gegen Hunger und für Entwicklung, Frankreich
Pax Christi, Frankreich
MRJC, christliche Jugend in ländlichen Gebieten, Frankreich
USA: www.webforcreation.com
Norman Habel, Australien
www.plant-for-the-planet.org Kinderprojekte zur Baumpflanzung
Volontariat für junge Menschen/Jugend eine Welt
Literatur zum Thema

Zitat: WAS ZÄHLT IST DIE TAT!

Gott wird nicht handeln, wenn wir müßig bleiben

Martin Luther King


Wir dürfen nicht damit rechnen, dass Gott mit einem atemberaubenden Wunder das Böse aus der Welt vertreiben wird. Solange wir das glauben, können unsere Gebete nicht erhört werden; denn wir werden Gott um Dinge bitten, die er niemals tun wird.

Gott wird nicht alles für den Menschen tun, und der Mensch kann nicht alles allein tun.

Wir müssen erkennen, dass es Aberglaube ist, wenn wir annehmen, Gott werde handeln, wenn wir müßig bleiben.

GastautorIn: Dr. Elisabeth C. Berger für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /