© Anka Friedrich -wikipedia
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Kritiker warnen vor Strangelet-Risiko bei eben beginnendem Schwerionen-Experiment am LHC des CERN

Schwerionen-Experimente an der Urknallmaschine 1 Million mal heißer als die Sonne

Gegenüber den bisherigen Protonenkollisionen werden hierbei noch höhere Dichten erreicht. Auch die eben gemeldeten Temperaturrekorde – eine Million mal heißer als im Zentrum der Sonne - sind die höchsten jemals künstlich erreichten.

Das von Kritikern artikulierte und physikalisch seit einigen Jahren diskutierte hypothetische Risiko von Schwerionen-Experimenten betrifft vor allem die mögliche Produktion von ‘Strangelets’. Am CERN erhofft man sich mitunter die Entdeckung von Strangelets, welche man allerdings für instabil und daher für ungefährlich hält. Auch der Physik-Nobelpreisträger Frank Wilczek hatte das Starangelet-Risiko (’ICE-9-Reaction’) an Teilchenbeschleunigern für höher als das allgemein bekanntere Risiko von Mikro-Schwarzen-Löchern eingestuft, um dies später aber - wie CERN - als extrem gering bzw. offiziell als ‘Null-Risiko’ auszugeben.

Das Strangelet-Risiko bleibt jedoch weiterhin umstritten. Ein Strangelet ist eine bislang noch nicht beobachtete, hypothetische Materieform, in welcher sich die Quarks durch die extremen Bedingungen umgruppieren und eine einförmige, überaus dichte Materie entsteht: ‘strange matter’. Würde ein Strangelet stabil bleiben, könnte es - im Falle einer Bestätigung dementsprechender Theorien - jegliche andere Materie, mit der es in Berührung kommt,in einer Kettenreaktion in strange matter umwandeln. Im worst case scenario wäre die Materie der Erde in eine dichte Kugel von 20 km Durchmesser umgewandelt.




Dennoch fehlt in dieser neuen Kategorie von physikalischen Hochenergieexperimenten an gigantischen subnuklearen Versuchsreaktoren wie dem LHC bislang eine unabhängige, multidisziplinäre Risikoevaluierung - als Mindestvoraussetzung der Verantwortbarkeit. Weiterhin liegt die Risikobeurteilung wesentlich beim Betreiber selbst, dem außerdem eine weitreichende juristische Immunität zugebilligt wurde, was exemplarisch in Studien des Risikoforschers und Ethikers Dr. Mark Leggett oder in Publikationen des Experten für internationales Recht Prof. Eric E. Johnson heftig kritisiert wurde.

Dem nicht genug, wurde im Oktober 2010 ein weiteres Milliardenprojekt eines Schwerionen-Beschleunigers auf den Weg gebracht, FAIR in Darmstadt. (neben dem russischen NICA, der 2015 gebaut werden soll). Auch in Anbetracht der Kosten erscheint dieses Projekt überaus fragwürdig, zumal der LHC gerade erst mit Schwerionen-Kollisionen beginnt und im Jahre 2012 für den Betrieb mit noch höheren Energien sehr kostspielig aufgerüstet werden soll.Eventuelle konkrete Anwendungen stehen dabei in den Sternen und erscheinen äußerst risikoreich, eine Spitze hiervon ist wohl ein eingereichtes Patent eines FAIR-Physikers für einen rein theoretischen Reaktor mit hypothetischen Schwarzen Löchern. Der Lobbyismus der Physik ist derzeit in Europa offenbar einer der effektivsten.

Die Kritikergruppe ‘Heavy Ion Alert’ widmet sich in einem umfangreichen Report und unter Hinzuziehung zahlreicher wissenschaftlicher Quellen dem Strangelet-Risiko und fordert unter den derzeitigen Umständen einen Stopp der Experimente:
How CERN’s Documents Contradict its own Safety Assurances: Plans for ’Strangelet” Detection at the LHC

Englischsprachiger Artikel hierzu (Cosmic Log on MSNBC): Physicists get set off for little big bangs

Auf der Fachtagung SciCom 10 mit dem Generalthema ’Risikokommunikation” an der TU Wien werden sich diese Woche zwei Vorträge mit dem LHC des CERN beschäftigen:

MI, 10.11., 11:15:
Wolfgang Kromp (Institut für Sicherheits- und Risikoforschung): Zur Rolle der UVP in der Risikokommunikation - Von Kraftwerken bis zur Welt(untergangs)-Maschine

MI, 10.11., 15:30
Markus Goritschnig (LHC-Kritik Wien): Neuartige Risiken zwischen Medienhype und Verantwortungsdiffusion - am Beispiel der ‘Urknallmaschine" am CERN

Weitere Info:
LHC-Kritik / LHC Critique
info {at} lhc-concern(.)info
Tel.: 0043 650 629 627 5

GastautorIn: Mag. Markus Goritschnig für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /