© zgV
© zgV

Workshop: Trade of Biomass in Central Europe

Ein Rückblick

Im Workshop ‘Trade of Biomass in Central Europe” werden verschiedene Aspekte des Handels und Transportes von Biomasse angesprochen, wobei der zentraleuropäischen Region besonderes Augenmerk gilt.

Die besondere und wachsende Bedeutung erneuerbarer Energieträger resultiert aus einer Reihe von Problemen, die das derzeitige, hauptsächlich auf fossilen Energieträgern beruhende Weltenergiesystem verursacht. Die beiden gegenwärtig meistdiskutierten sind die Klimaproblematik und die nahende Erschöpfung bestimmter fossiler Energieträger – Stichwort ‘peak oil’.

‘Erneuerbare’ Energieträger sind solche, die sich im Kreislauf der Natur, im Wesentlichen durch das Energieangebot der Sonne, ständig erneuern, im Prinzip also (zumindest im menschlichen Maßstab) unerschöpflich sind.

Warum ein eigener Schwerpunkt für das Thema„Transport von Biomasse“?

Die EU hat sich nicht zuletzt deshalb ehrgeizige Ziele für ihre zukünftige Energieversorgung gesetzt: bis 2020 sollen 20% der Endenergie aus erneuerbaren Ressourcen stammen (Directive 2009/28/EC). Mit diesem Ziel sind nicht nur gewaltige wirtschaftliche Anstrengungen und Investitionen verbunden, sondern auch logistische Herausforderungen. Eine davon ist der Transport steigender Mengen von Biomasse

Die World Biomass Association präsentierte im Mai 2010 eine Studie, derzufolge der gesamte prognostizierte Primärenergiebedarf der Welt in 2050 aus Biomasse sichergestellt werden könnte . Unter diesen Voraussetzungen geht es also nur darum, den erneuerbaren Energieträger Biomasse zu den Verbrauchern zu bringen.
Die energetische Nutzung der Biomasse steht international im Spannungsfeld zwischen Nachhaltigkeitsaspekten, begrenzter Ressourcenverfügbarkeit, notwendigen Änderungen des Energiesystems und verschiedenen technologischen Nutzungsoptionen. Und: Biomasse ist global nicht gleichmäßig verfügbar. Um die zu erwartende wachsende Nachfrage der Energiemärkte nach Biomasse zu befriedigen, wird es daher in zunehmendem Maße notwendig sein, Biomasse über immer größere Distanzen zu transportieren.
Der internationale Handel mit Bioenergie hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Eine Umfrage unter 141 Experten ergab 2009, dass der Handel mit Bioethanol (Alkohol) und, in geringerem Ausmaß, von Biodiesel durch Zollschranken und Nachhaltigkeitskriterien behindert wird. Logistische Probleme begrenzen den Handel von Holzpellets, während technische Normen eher als Chance für die Ausweitung des Handels gesehen werden. Steigende Ölpreise und politische Unterstützung für die Senkung der Treibhausgasemissionen und den Einsatz von Bioenergie zum Heizen, zur Elektrizitätsproduktion und als Treibstoff wurden als wichtigste unterstützende Faktoren für den internationalen Biomassehandel identifiziert.

Einige Highlights aus den Präsentationen und der Diskussion

Carina Lemke stellte eingangs das Projekt 4Biomass vor.
Dieser Workshop fand im Rahmen des Central Europe Projektes 4Biomass statt, vgl. www.4biomass.eu . Das Projekt 4Biomass soll dazu dienen, die Möglichkeiten und Potenziale, die in der energetischen Biomassenutzung stecken, vor dem Hintergrund sich rasch ändernder globaler Rahmenbedingungen darzustellen. Die Projektregion Zentraleuropa bildet dabei Länder mit sehr unterschiedlichen Ausgangspositionen ab. Durch das Projekt soll die zentraleuropäische Region zu einer gemeinsamen Wahrnehmung und Darstellung ihrer aktuellen Nutzung und noch zu nutzenden Potenziale im Bioenergiebereich finden, wobei dabei Nachhaltigkeitskriterien besonders beachtet werden.

Florian Kraxner von der IIASA in Laxenburg präsentierte nicht nur globale Daten zur Waldbedeckung und deren zukünftiger Entwicklung, sondern auch einige überraschende Ergebnisse zum Handel mit Biomasse. So zeigt sich ein starker Zusammenhang zwischen illegaler Abholzung und den jeweiligen nationalen Korruptionsindizes der betroffenen Staaten, sowie in der Modellierung eine stärkere Entwaldung ohne internationalen Handel als mit (bei Betrachtung von Biotreibstoffen der zweiten Generation).

Lukas Kranzl von der TU Wien präsentierte den Schwerpunkt Bioenergiehandel der Internationalen Energieagentur IEA. Bioenergie steht demnach im Spannungsfeld zwischen nachhaltiger Sicherstellung der Ernährung, materiellen Nutzungserfordernissen (Holz) und dem Energiemarkt. Im Vergleich der zentraleuropäischen Staaten hat Österreich den größten prozentuellen Bioenergieanteil in seiner Primärenergieversorgung, während der Absolutwert in Deutschland am größten ist. Die Handelsströme zeigen eine eindrucksvolle dynamische Entwicklung und einen Nettostrom von Ost nach West, wobei Italien und Dänemark neben Deutschland die größten Importmengen aufweisen. Kranzl sieht steigenden Bedarf nach starken und bindenden politischen Rahmenbedingungen, die auch Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen, einfach nur fossile durch erneuerbare Energieträger zu ersetzen, wird nicht genügen.
Aktuell existieren 67 verschiedene Zertifizierungssysteme für Biomasse, wobei sich vor allem die Industrie um diese bemüht.

Hans-Jürgen Fröse vom deutschen Umweltministerium bezifferte den Importbedarf an Biomasse Deutschlands in 2020 mit 400 PJ. Zusammen mit 1.000 PJ an heimischer Biomasse soll somit die Biomasse ihren Beitrag zu den deutschen Erneuerbarenzielen leisten. Für 2050 ist in Deutschland ein Anteil von 60% Erneuerbaren geplant, was weitere Importe zur Folge haben wird.

Christian Rakos, Geschäftsführer von propellets Austria und Präsident des Europäischen Pelletsverbandes stellte eingangs das eindrucksvolle Wachstum des Pelletverbrauchs in Österreich dar, der derzeit noch gut durch inländische Produktion abgedeckt werden kann. Der Pelletverbrauch in Europa wuchs zwischen 2003 und 2008 um 14 bis 45%, er geht 2008 etwa je zur Hälfte in den Strom- (3,6 Mio. Tonnen) und den Wärmemarkt (3,2 Mio. Tonnen). Für die Zukunft sieht Rakos zunehmende Bedeutung agrarischer Biomasse wie Stroh und von Plantagen schnellwüchsigen Holzes als Rohstoffe für die Pelletproduktion, während die Bedeutung von Sägenebenprodukten im Verhältnis abnehmen wird.
Die Verwendung von Pellets in Kraftwerken sieht Rakos als Zwischenlösung, dadurch entstehe eine Versorgungs- und Produktionsbasis für Pellets, die in Zukunft für den Wärmemarkt genutzt werden könne.

Matthias Edel vom Deutschen Biomasse-Forschungszentrum sprach über Nachhaltigkeitskriterien für den Transport von Biotreibstoffen. Es geht dabei im Wesentlichen um drei Aspekte:
• Um nachhaltige Landwirtschaft, die auf Boden, Lebewesen und Wasser Rücksicht nimmt und einen verantwortungsvollen Einsatz von Pestiziden pflegt,
• um den Schutz ausgewiesener Flächen, die ökologisch und sozial besonders schützenswert und wichtig erscheinen und
• um die Netto-Treibhausgasreduktionen bei der Nutzung von Biomasse.

Tetiana Zheliezna von SEC-Biomass in der Ukraine bezifferte in ihrer Präsentation das technische Potenzial der Bioenergie in der Ukraine mit 47,65 Millionen Tonnen Öleinheiten, das sind umgerechnet knapp 2 EJ (Exajoule) und damit etwa das 1,4-fache des jährlichen österreichischen Primärenergieverbrauches. Mit dem derzeit ökonomisch realisierbaren Potenzial könnte der österreichische Primärenergiebedarf immerhin noch fast zur Gänze abgedeckt werden.
Die aktuelle Pelletproduktion von jährlich ca. 500.000 Tonnen (davon ca. 105.000 Tonnen Holzpellets) liegt allerdings noch weit hinter jener Österreichs (ca. 800.000 Tonnen pro Jahr); 80 bis 90 % der Produktion gehen in den Export Richtung EU (Polen).
Wie auch bei den wenigen Biodieselproduzenten bestehen bei den Pelletsherstellern Qualitätsprobleme. Die EU-Normen (z.B. ÖNORM M7135 für Pellets) werden im allgemeinen nicht erfüllt. Auch 90% des produzierten Rapses gehen in den Export Richtung EU, eine Veredelung im Inland findet kaum statt.
Veredeltes (gereinigtes) Biogas, das über die bestehenden Erdgaspipelines in die EU transportiert werden könnte, sei ebenso wie Ethanol als Zukunftsmarkt zu betrachten. Der Heimmarkt befinde sich hingegen noch in einem frühen Stadium seiner Entwicklung.

Zoltan Elek von Landwärme GmbH aus München stellte Möglichkeiten vor, gereinigtes Biogas in die bestehenden Erdgaspipelines einzuspeisen und diese als Transportsystem zu nutzen. Derzeit in Europa produzierten 50 TWh (Terawattstunden) pro Jahr an Biogas stehe ein Potenzial von 1.000 TWh/Jahr gegenüber, immerhin ein Drittel der in Europa derzeit pro Jahr verbrauchten 3.000 TWh and Erdgas. Die Rahmenbedingungen in Deutschland unterstützten die Reinigung von Biogas auf Erdgasqualität. Die Kosten für die Reinigung betragen abhängig von den Kosten für das Ausgangsmaterial 5 bis 9 Cent pro kWh, im Vergleich zu Kosten für fossiles Erdgas von 2 bis 6 Cent pro kWh. Mit einer Rohstoffbasis, die die Mittel- und Osteuropäischen Länder mit einbezieht (Anbau von Energiepflanzen auf 10% der Ackerfläche), erhöht sich das Potenzial um weitere knapp 900 TWh pro Jahr.

Sandy Ferguson von BC Bioenergy aus British Columbia, Kanada referierte über den Bioenergiemarkt in der westkanadischen Küstenprovinz, der in einem sehr frühen Stadium der Entwicklung steht, und über die Exporte von Pellets und anderen biogenen Rohstoffen nach Europa. British Columbia hat 417 Millionen ha an Forsten. 65% der Pelletproduktion Kanadas (Kapazität von 1,3 Millionen Tonnen) ist in British Columbia angesiedelt, 90 % der Produktion gehen in den Export in die EU, hauptsächlich nach Belgien, den Niederlanden, Dänemark und Großbritannien. Aktuelle Trends sind
• die beginnende Entwicklung des Marktes in den USA und in Kanada und
• der verstärkte Austausch mit Europa insbesondere auf technologischem Gebiet (beispielsweise werden die österreichischen TÜV-Prüfungen für Biomasse-Heizkessel seit kurzem auch in British Columbia anerkannt)

Adam Gula begründet mit Kosten- und Treibhausargumenten, dass im Falle Polens die vorhandene Biomasse wesentlich rationeller im Wärmemarkt – in kleinen lokalen Heizanlagen auf der Basis von Stroh und Holz – verwendet werden sollte als in den großen bestehenden Kohlekraftwerken. Mit lediglich 2% der öffentlichen finanziellen Unterstützung könnte so zumindest derselbe Grad an Einsparung von Treibhausgasen erreicht werden.
Damit wirft er zugleich die prinzipielle Frage auf, ob nicht lange Transportwege zu großen Verbrauchern, die sich über offene und versteckte Subventionen rechnen, oft die ökologisch und gesamtökonomisch falsche Lösung sein könnte.

Johan Vinterbäck von der Universität in Uppsala, Schweden, stellte die Ergebnisse des europäischen Gemeinschaftsprojekte EUBionet 3 vor (vgl. http://www.eubionet.net), das sich mit Barrieren des Bioenergiehandels befassten. Die wesentlichen Barrieren sind demnach zumeist länderspezifisch zu unterscheiden: Rohstoffversorgung, Transportlogistik, die fehlende Unterstützung seitens der Politik und unfaire Wettbewerbsbedingungen im Vergleich zu fossilen Energieträgern. Auch die Brennstoffqualität und die zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeitskriterien wurde als Hindernis gewertet, in einigen Ländern werden diese aber durchaus auch als Chancen gesehen, sich von der Konkurrenz abzuheben.
Wichtigste Barriere in 10 von 17 betrachteten Ländern ist allerdings die begrenzte Rohstoffbasis.

Diskussion

• In der abschließenden Diskussion wurde der Transport von Biomasse unter Nachhaltigkeitskriterien durchaus auch kritisch gesehen: Die Entwicklung der Heimmärkte sei vorrangig vor den Exporten.
• Dem setzte Sandy Ferguson entgegen, dass der Transport per Schiff konkurrenzlos günstig sei. So sei der Transport von Biomasse mit LKW innerhalb von British Columbia in Kanada teurer als der Transport derselben Menge von Biomasse durch den Panamakanal nach Westeuropa.
• Allgemein scheint sich aber ein Trend zu zeigen (Kanada, Ukraine), dass sich die Brennstoffmärkte vor den jeweiligen Heimmärkten entwickeln, weil dies technologisch und logistisch offenbar der einfachere Teil des Marktes ist. Die Produktion wird dann hauptsächlich exportiert.
• Die Nachfrage nach Nachhaltigkeitskriterien seitens der Import- und Abnehmerländer werde die nachhaltige Produktion in den Herkunftsländern befördern. Hier scheint Deutschland eine führende Rolle einzunehmen.
• Ein einheitliches Zertifizierungssystem steht weiterhin aus, es gibt zahlreiche Bemühungen und Vorschläge, die zu einem guten Teil aus der Industrie kommen.
• Welche Märkte die für die Biomasse bevorzugten sein sollen, ist weiterhin Gegenstand intensiver Diskussionen. Die Diskussion zeigte eine starke Tendenz für den Wärmemarkt und gegen die Verstromung von Biomasse.
• Durch die Betrachtung globaler Zusammenhänge können Überraschungen und contra-intuitive Ergebnisse zu unerwarteten Resultaten führen, in deren Licht auch lokale Kreislaufwirtschaft als suboptimale Lösung erscheinen könnte (Kraxner).

GastautorIn: Dipl.-Ing. Johannes Schmidl für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /