© Antiatom
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Bürgerinitiative deckt auf:Atommüll kommt viel teurer als der Bau des AKW

Die Sicherung eines kleinen Teils des Atommülls aus dem Gundremminger AKW Block A im Versuchsendlager Asse kostet mehr als der Bau des AKW

Die meisten Kosten zahlen die deutschen Steuerzahler. Von den Karlsruher Abbruchkosten entfallen auch über 100 Millionen Euro auf Gundremmingen.

Ab Dezember 1966 lieferte RWE Strom aus dem AKW Block A in Gundremmingen. Dies war das erste deutsche kommerzielle Großkernkraftwerk. Es kostete 350 Millionen Mark, hatte eine elektrische Leistung von 250 Megawatt und wurde durch einen Unfall mit Totalschaden - auf den Tag vor 33 Jahren - am 13. Januar 1977 für immer abgeschaltet.

In seiner zehnjährigen Betriebszeit erzeugte das AKW nach eigenen Angaben 15 Milliarden Kilowattstunden Strom und laut Bundesamt für Strahlenschutz 120.000 Kilogramm hochradioaktiven Brennelementmüll. Von diesem wegen seiner tödlichen Strahlung rund 1 Million Jahre sicher zu isolierenden Müll ist noch kein Kilo entsorgt worden. Alles ist an verschiedenen Orten zwischengelagert.

Gundremminger Atommüll im Versuchsendlager Asse II

In den 1970er Jahren wurde schwach- und mittelradioaktiver Atommüll aus Block A zum kleinen Teil direkt und zum größten Teil über das Karlsruher Kernforschungszentrum in das ‘Versuchsendlager’ Asse II östlich von Braunschweig gebracht. Gundremmingen ist nach unseren Berechnungen der drittgrößte Atommülllieferant der Asse gewesen. Knapp acht Prozent der in das ehemalige Salzbergwerk eingelagerten Radioaktivität stammen aus Gundremmingen. Da aus Gundremmingen auch radioaktive Abfälle über Atomfirmen wie Transnuklear oder die KWU zur Asse verschoben wurden, kann der Gundremminger Anteil auch noch etwas höher sein.

Wenn also eine Milliarde Euro Kosten in der Asse anfallen, müssen von uns Steuerzahlern 80 Millionen Euro allein für den aus Gundremmingen in der Asse lagernden Müll bezahlt werden. Zum Himmel stinkende Verträge und Bundestagsbeschlüsse haben die Atommüllverursacher weitgehend freigestellt und die Kosten auf uns Steuerzahler abgewälzt.

Da Wasser in die Asse läuft und in einigen Jahrzehnten dieses Wasser auch die Radionuklide in das Grundwasser der Region zu transportieren droht, wird die Asse II mittlerweile als größter deutscher Umweltbrennpunkt bezeichnet. Um den gefährlichen Atommüll wenigstens zeitweilig zu sichern, will man entweder den Strahlenmüll innerhalb des Bergwerks in die tiefsten Bereiche in rund 700 Meter umlagern oder den Atommüll aus dem Bergwerk wieder herausholen oder als dritte Option, das Bergwerk mit Beton und Schutzflüssigkeiten verschließen. Dabei macht viel Kopfzerbrechen, dass bei Umlagerung oder Herausholen die Arbeiter radioaktiv belastet würden. Wenn man sich jetzt zum Herausholen entschlösse (das Bundesamt für Strahlenschutz wird am 15.1. seine Optionsentscheidung öffentlich machen) muss man fragen: wohin dann mit dem Atommüll?

Kosten

Für Umlagern, Herausholen oder Verschließen werden Kosten von 2 bis 2,2 Milliarden Euro genannt. Gundremminger Anteil somit 160 bis 176 Millionen Euro (320 bis 350 Millionen DM). Die Baukosten des 1966 fertig gestellten Block A betrugen 350 Millionen Mark. Die Kosten für die zeitweilige Sicherung des in die Asse verbrachten Gundremminger Atommülls erreichen also schon die Höhe der Baukosten.

Jahrelang redete man den BürgerInnen ein, Atommüll würde in Wiederaufarbeitungsanlagen (WAA) recycelt – dabei wird dort der Atommüll nur in drei Fraktionen getrennt. Nicht ein Gramm wird in einer WAA entsorgt!

Aus Gundremmingen wurden verstrahlte Brennelemente zur Versuchswieder­aufarbeitungsanlage Karlsruhe gebracht. Anfangs bestehen die Brennelemente nur aus Uran. Erst beim Reaktorbetrieb entstehen die extrem strahlenden Spaltprodukte wie Cäsium, Strontium, Technetium oder radioaktives Jod. Zum zweiten bildet sich im Reaktor das gefährliche Plutonium und zum dritten bleibt viel Uran über. In einer WAA werden die verstrahlten Brennelemente in diese drei Atommüllfraktionen geteilt. Die Technik wurde entwickelt, um das erst im Reaktor entstehende Plutonium abzutrennen und für Atombomben zu verwenden.

Es wird also kein Gramm Atommüll in einer WAA entsorgt und man muss fragen, wo die drei Müllfraktionen Uran, Spaltprodukte und Plutonium zur Zeit zwischengelagert werden.

Gundremminger Atommüll in der Karlsruher „Atomsuppe“

Aus dem Gundremminger Block A wurden die verstrahlten Brennelemente (BE) in vier verschiedene Plutoniumfabriken (‘WAA’) gebracht: La Hague (Frankreich) 652 BE, Sellafield (England) 162 BE, Mol (Belgien) 124 BE und Karlsruhe 90 BE.

Betrachten wir nur die nach Karlsruhe gebrachten Brennelemente. In der dortigen Anlage wurden von 1971 bis 1990 insgesamt 209 Tonnen verstrahlte Brennelemente in die drei Müllfraktionen zerlegt. Dabei wurde auch viel Radioaktivität über die Luft und das Wasser in die Karlsruher Umwelt abgegeben. Noch hat niemand gerechnet, wie viele Krebstodesfälle dies schleichend verursacht haben wird.

10,5 Tonnen der 209 Karlsruher Tonnen, also fünf Prozent, stammen aus Block A in Gundremmingen.

Von der 1990 still gelegten Karlsruher Plutoniumfabrik sind sechzig Kubikmeter ‘Atomsuppe’, rund 80 Tonnen schwer, mit tödlichen Spaltprodukten, Uran und sogar 16,5 Kilogramm Plutonium in Karlsruhe übrig geblieben. Wissenschaftsjournalisten haben schon vor Jahren diese ‘Atomsuppe’ als wohl gefährlichste Chemikalienmischung in Deutschland bezeichnet. Seit dem Jahr 2009 bis voraussichtlich Ende 2010 wird diese extrem gefährliche ‘Atomsuppe’ verglast. Hierdurch wird insbesondere die Gefahr eines Kritikalitätsunfalls gemindert. Anschließend sollen die ca. 130 Glaskokillen a 400 Kilogramm in Castoren verpackt und in einem Zwischenlager abgestellt werden.

Kosten

Die Verglasung der ‘Atomsuppe’ und der Rückbau der ehemaligen Karlsruher Wiederaufbereitungsanlage sollen 2,6 bis 3 Milliarden Euro kosten. Das Geld zahlen der Bund zu 55 Prozent, das Land Baden-Württemberg zu 5 Prozent und die Industrie zu 40 Prozent. Dann ist dieser Atommüll allerdings nicht entsorgt sondern erst verglast und zwischengelagert.

Wie viel hiervon entfällt auf das AKW Gundremmingen Block A?

Da Gundremmingens Block A für rund fünf Prozent des im Kernforschungszentrum Karlsruhe behandelten Atommülls verantwortlich ist, steht es für mindestens 130 Millionen Euro. Das meiste hiervon zahlen wiederum die Steuerzahler.

Es ist ein Skandal, wie Steuerzahler für die Atommüllsicherung zur Kasse gebeten werden! Wenn die Deutschen wüssten, dass der Atommüll nicht recycelt werden kann und Milliarden Euro Steuergelder nur zu seiner zeitweiligen Sicherung – nicht Entsorgung! – ausgegeben werden, würden sie eine bessere Energiepolitik wollen!


Raimund Kamm ist Vorstand des FORUM Gemeinsam gegen das Zwischenlager und für eine verantwortbare Energiepolitik e.V.
www.atommuell-lager.de

GastautorIn: Raimund Kamm für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /