© IG Passivhaus
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Raus aus dem fossilen Energiezeitalter! Handeln ist notwendig!

Ambitionierte Energiestrategie Österreich notwendig - 45% weniger Energiebedarf und 45% Erneuerbare bis 2020 - Sanierungsmilliarde für Umrüstung auf Passivhausqualität gefordert - Passivhaustage von 6. - 8.11.2009 zeigen realisierte Beispiele

Wien - Derzeit wird die ‘Energiestrategie Österreich’ ausgearbeitet, die die Schritte für die Erreichung der EU-Energieziele bis 2020 vorgeben und die großen klima- und energiepolitischen Herausforderungen der nahen Zukunft bewältigen soll: Der Klimawandel muss gebremst, die Energiewende eingeleitet, der Weg in eine nachhaltige Energiezukunft bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Ressourcen für unsere Kinder geebnet werden. ‘Der Hut brennt bereits. Wir befinden uns auf einem Emissionspfad, der die schlimmsten Szenarien des Weltklimarats weit übertrifft, gleichzeitig ist unsere Energierechnung für fossile Energieträger in nur wenigen Jahren auf 9,9 Mrd. Euro explodiert. Machen wir weiter wie bisher, zerstören wir nicht nur unser Klima, sondern werden uns Energie auch bald nicht mehr leisten können. Der Umweltdachverband hat ein Positionspapier erarbeitet, das die wichtigsten Eckpunkte für ein Gelingen der Energiewende aufzeigt’, sagt Gerhard Heilingbrunner, Präsident des Umweltdachverbandes im Rahmen der Pressekonferenz ‘Passivhaus on tour’.
‘Die Nachfrage nach fossilen Energieträgern steigt mittelfristig stärker als das Angebot. Die Internationale Energieagentur warnt vor einer Energie(preis)krise nach der Wirtschaftskrise und fordert eine ‘Energierevolution’. Energieeffizienz ist daher das Gebot der Stunde, insbesondere im Baubereich verfügen wir mit dem Passivhaus über entsprechende Technologien und Konzepte, die einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende leisten können’, so Herbert Greisberger, Generalsekretär der ÖGUT.

Energieeinsparungen im Gebäudesektor

Um Treibhausgase zu reduzieren, sind umfassende Energieeinsparungen im Gebäudesektor das Um und Auf. ‘Bis zu 90 % des Energieeinsatzes können bei Sanierung auf Passivhausqualität gespart werden’, betont Günter Lang, Geschäftsführer der IG Passivhaus Österreich. Eine rasche Trendwende bei Neubau und Sanierung zu höchster Energieeffizienz ist dringendst erforderlich, wie eine neue Studie deutlich macht. Sie zeigt auf, dass die tatsächlichen gesamten Endenergieverbräuche in Gebäuden für Österreich bisher um rund 35% unterschätzt wurden! Dies bedeutet, dass Österreichs künftige Energiestrategie weit ambitionierter als bisher angedacht ausfallen muss, um die erforderlichen Klimaschutzziele zu erfüllen.

‘Es reicht nicht, die thermische Sanierungsrate entscheidend zu erhöhen, sondern bei jeder Sanierung ist das wirtschaftliche und technisch machbare Maximum an Energieeffizienzsteigerung umzusetzen. Werden nur 30 bis 50% des möglichen Einsparungspotentials ausschöpft, so kommt es für die Bewohner bald wieder zur Energiepreisfalle und Abhängigkeit von fossilen Energieträgern’, meint Günter Lang. Auf Grund der derzeitigen Konzentration der Fördermittel auf eine Basisförderung, und zu geringen Anreizen für eine erhöhte Energieeffizienz kommt es in vielen Bundesländern noch nicht zu den gewünschten Einsparungseffekten. Ein neuer Sanierungsscheck muss nach Energieeffizienzstufen geregelt sein, wenn entsprechende Beiträge zum Klimaschutz realisiert werden sollen.

Realisierte Beispiele zeigen wie es geht

Im Neubau zeigen über 5.500 erfolgreich realisierte Passivhäuser, dass die österreichische Bauwirtschaft hier bereits gut aufgestellt ist. Das Passivhaus hat sich als der wirtschaftlichste Baustandard, bei maximaler Ressourcenschonung und Nutzung erneuerbarer Energieträger, herauskristallisiert. In der Energiestrategie Österreich sollte dies weiter forciert werden, bei gleichzeitiger Nutzung erneuerbarer Energieträger. Somit wäre Österreich bestens gerüstet für die künftigen Anforderungen gemäß Europäischer Gebäuderichtlinie, wonach ab 2018 alle Neubauten nur noch einen Energieverbrauch gegen Null aufweisen sollten.

Damit die Ziele der österreichischen Klimaschutzstrategie erreicht werden können, muss die Sanierungsrate von 1 auf 3 % gehoben werden. Dafür sind Investitionen von 1 Mrd. Euro pro Jahr notwendig. ‘Wir fordern daher eine Sanierungsmilliarde. Durch Umschichtung der Finanzmittel vom Neubau zur Sanierung und das Abstellen der Zweckentfremdung der Wohnbauförderung könnte bereits der Löwenanteil bereitgestellt werden’, sagt dazu Gerhard Heilingbrunner vom Umweltdachverband.

Ziel: Nullenergiehausstandard 2015 Ziel: Nullenergiehausstandard 2015

Der Neubau von 40.000 bis 50.000 Wohnungen pro Jahr belastet unsere Treibhausgasbilanz massiv, weil noch immer nicht nach dem Stand der Technik gebaut wird und nach wie vor Öl- und Gasheizungen gefördert werden. ‘Was wir brauchen ist der Passivhausstandard ab 2012 und der Nullenergiehausstandard ab 2015. Fossile Heizsysteme dürfen nicht mehr gefördert werden. Auch nicht von der Erdölwirtschaft direkt, wie dies die OMV mit ihrem Erdölkesseltauschprogramm in unverantwortungsvoller Weise macht. Hier sind vor allem der Bund und die Länder gefordert’, sagt Heilingbrunner.

Naturverträglich und erneuerbar

Der naturverträgliche Ausbau erneuerbarer Energien ist ein Eckpfeiler einer wirkungsvollen Klima- und Energiepolitik. Wird in der Energiestrategie eine ambitionierte Effizienzstrategie verfolgt und der Energieverbrauch drastisch um mindestens 45 % reduziert, ist es möglich, bis spätestens 2020 mindestens 45 % des Energieverbrauchs aus erneuerbaren Quellen zu decken. ‘Langfristig muss es das Ziel sein, Energie zu 100 % aus erneuerbaren Quellen zu gewinnen’, erklärt Johannes Kislinger, Obmann der IG Passivhaus Ost.

Ökologische Steuerreform muss kommen

‘Energieeffizienz ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Energiewende und eine wirksame Klimaschutzpolitik. Eine ökologische Steuerreform, die fossilen Ressourceneinsatz verteuert und Arbeitseinkommen insbesondere in Zeiten der Krise steuerlich deutlich entlastet, stellt das zentrale Instrument dar, um die Energiewende voranzutreiben und den Arbeitsmarkt anzukurbeln’, erklärt Heilingbrunner.

Nachhaltigkeit als Prinzip

Eine gelungene Energiewende verringert unseren ökologischen Fußabdruck, bringt langfristig gesicherte Arbeitsplätze, hohe regionale Wertschöpfung und Exportchancen durch technologisches Leadership. ‘Die Energiestrategie Österreich muss darauf abzielen, den Endenergieverbrauch massiv zu reduzieren und eine Effizienz- und Energierevolution in Angriff zu nehmen’, so Heilingbrunner.

6. Internationale Passivhaustage von 6.-8.11.2009

‘Die 6. Internationalen Tage des Passivhauses von 6. – 8.11.2009 bieten österreichweit und darüber hinaus die Gelegenheit, sich von den Qualitäten des Passivhausstandards selbst vor Ort zu überzeugen.’ meint Johannes Kislinger. Heuer werden in Österreich über 155 Passivhäuser zu besichtigen sein, und an die 20 Exkursionen angeboten. Mittlerweile hat sich der Passivhausstandard bestens in Österreich etabliert. Ein Großteil der Wohnbauträger haben erkannt, welch umfangreiche Vorteile ihnen und ihren Kunden der Passivhausstandard bietet. Gemeinden und Betriebe schätzen die enorme Budgetentlastung bei ihren Betriebskosten, und für den Eigenheimbesitzer geht damit der Traum von hohem Wohnkomfort bei gleichzeitiger Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern in Erfüllung.

Passivhaus am besten Weg zum Baustandard

Mit insgesamt 354 Wohneinheiten wurde 2009 das weltweit größte Passivhausobjekt – die Wohnhausanlage ‘Lodenareal’ in Innsbruck - den Bewohnern übergeben. Damit ging im Oktober bereits der 3.000.000ste m² Passivhausstandard in Österreich in Betrieb. Auf Grund der sehr positiven Erfahrungen der letzten 13 Jahre in Österreich mit insgesamt 8.000 Wohnungen in Passivhausstandard, sind derzeit weitere 5.000 neue Wohnungen in diesem Standard in Bau. Daran lässt sich gut erkennen, wie sehr sich der Trend rasch allgemein verbreitet. In Vorarlberg kann man zwei Jahre nach Einführung der Passivhausverpflichtung für gemeinnützige Bauträger ebenfalls ein sehr positives Resümee ziehen, und dies sowohl bei Neubauten wie Altbausanierungen. ‘Mit über 3,0 Mio. m² Passivhausfläche in Österreich sparen wir jährlich bereits rund 32 Millionen Liter Heizöl gegenüber konventionellen Gebäuden ein’, freut sich Günter Lang, Geschäftsführer der IG Passivhaus Österreich. Hatte 2008 das Passivhaus österreichweit einen Anteil am Neubau von rund 6 %, waren es in Vorarlberg bereits 22 %, und 2009 werden es über 30% sein. In Tirol und Wien werden 2009 rund 24% aller Neubauwohnungen in Passivhausstandard errichtet.

Immer häufiger werden auch öffentliche Gebäude und Gewerbebauten in ganz Österreich in Passivhausstandard errichtet. Dies gilt mittlerweile gleichermaßen für Neubauten wie Altbausanierungen. Wels unterzeichnete 2008 beispielsweise als erste Stadt Österreichs eine Deklaration, Gebäude in ihrem Wirkungsbereich nur noch in Passivhausstandard zu errichten. Ein Jahr später kann man schon sieben öffentliche großvolumige Bauten in diesem Standard besichtigen. Wolfurt und Weiz können wiederum als erste Städte in Österreich auf mehr als einen Quadratmeter Passivhausstandard je Einwohner verweisen.

Passivhäuser sind aber nicht nur Weltmeister der Energieeffizienz, sondern auch vorbildlich beim Einsatz Erneuerbarer Energieträger. So besitzen bereits 12% aller Passivhäuser eine Photovoltaikanlage, 37% thermische Solarkollektoren, und 25% einen Kleinst-Biomasseofen. 67% aller Passivhäuser setzen auf die Umweltenergie einer hocheffizienten Kleinstwärmepumpe, und 5% werden über Fernwärme versorgt. Lediglich 4% setzen noch auf eine Gasversorgung, und gar nur 0,4% auf eine Ölheizung. Alle miteinander vereint aber, dass sie jeweils nur rund 5 – 20% der Energie von herkömmlichen Gebäuden benötigen, also am sorgsamsten mit den begrenzt verfügbaren Ressourcen umgehen. Damit hat das Passivhaus einmal mehr bewiesen, dass es im Gebäudesektor der nachhaltigste Baustandard für die Energiewende ist, und zudem auf das beste Kosten-Nutzen Verhältnis verweisen kann.

‘In den letzten 10 Jahren wurde durch das Programm Haus der Zukunft des BMVIT die Entwicklung von Technologien vorangetrieben, eine Vielzahl von Demonstrationsprojekten umgesetzt und der breite Know-how-Aufbau ermöglicht. Breitenprogramme wie klima:aktiv haus des BMLFUW unterstützen die Verbreitung von Passivhaus- und klima:aktiv-Gebäuden in Österreich. Die ÖGUT leitet – nicht zuletzt aufgrund der Vorreiterrolle Österreichs - das Europäische Netzwerk zur Verbreitung von Passivhäusern und Niedrigstenergiehäusern (Pass-net) im Auftrag der Europäischen Union. ‘Durch das Programm Haus der Zukunft hat Österreich eine internationale Vorreiterrolle im Bereich der Energieeffizienz im Baubereich übernommen. Die Österreichische Wirtschaft ist daher für den Passivhaus- und Niedrigstenergiehausstandard bestens gerüstet’, meint Greisberger.

Die Tage des Passivhauses finden genau ein Monat vor der UNO Klimakonferenz in Kopenhagen statt und zeigen deutlich auf, dass Energieeffizienzsteigerungen um 80 bis 95 Prozent im Gebäudesektor schon heute technisch, ökonomisch und sozial verträglich großflächig umsetzbar sind. Damit entspricht der Passivhausstandard exakt den Forderungen der UNO und der EU-Umweltminister, den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent zu senken.

Weitere Info: www.igpassivhaus.at


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /