Österreichs "Klimaschutzgemeinden" 2008 gekürt

Vorzeigegemeinden Munderfing, Großschönau und Güssing als Sieger

"Österreichs Gemeinden zählen beim Klimaschutz zu den wichtigsten Vorbildern. Sie zeigen, wie man mit kleinen und großen Investitionen, durch Bewusstseinsbildung und durch die Nutzung nachwachsender Energieträger das Klima schützen und dabei auch noch Energie und Geld sparen kann. Um besonders aktive Gemeinden zusätzlich zu stärken wurde dieser landesweite Wettbewerb durchgeführt," so Umweltminister Josef Pröll gestern abend bei einem Galaabend im Wiener Konzerthaus, bei dem die Siegergemeinden von Gemeindebundpräsident Bgm. Helmut Mödlhammer, Verbund Vorstandsvorsitzendem Michael Pistauer und Umweltminister Josef Pröll eine neue, grün umrandete Ortstafel mit Schriftzug "Klimaschutzgemeinde 2008" und einen Scheck für neue Klimaschutzprojekte überreicht bekamen. Moderiert wurde der Abend von Barbara Stöckl, die als Stargast den beliebten Schauspieler Tobias Moretti begrüßen konnte.

Mehr als 80 Städte und Gemeinden aus ganz Österreich sind dem Aufruf gefolgt und haben ihre Klimaschutzprojekte eingereicht. Von der Jury wurden in einem mehrstufigen Verfahren die Gemeinde Munderfing (Sieger in der Kategorie Bewusstseinsbildung, Preisgeld 10.000 Euro), die Gemeinde Großschönau (Sieger in der Kategorie Energieeffizienz, Preisgeld 20.000 Euro) und die Stadtgemeinde Güssing (Sieger in der Kategorie Erneuerbare Energie, Preisgeld 20.000 Euro) als Österreichs "Klimaschutzgemeinden 2008" ermittelt.

In der Kategorie Bewusstseinsbildung landete die Stadtgemeinde Amstetten (Preisgeld 5.000 Euro) auf dem zweiten und die Gemeinde Münzbach (Preisgeld 3.000 Euro) auf dem dritten Platz. Zweiter in der Kategorie Energieeffizienz wurde die Stadtgemeinde Wieselburg (Preisgeld 10.000 Euro), den dritten Platz belegte die Stadtgemeinde Hallein (Preisgeld 6.000 Euro). Der zweite Platz in der Kategorie Erneuerbare Energie ging an die Gemeinde Euratsfeld (Preisgeld 10.000 Euro) und Platz drei belegte die Marktgemeinde Gutau (Preisgeld 6.000 Euro).

"Die österreichischen Gemeinden haben gerade im Bereich des KIimaschutzes eine Vorbildwirkung für die Bevölkerung. Seit vielen Jahren sind die Gemeinden höchst innovativ bei der Errichtung von Anlagen zur Erzeugung alternativer Energien. In Gemeinden, die selbst etwas in diese Richtung tun, steigt auch die Zahl jener Bewohner, die auf umweltfreundliche Technologien setzen, massiv an. Dieser Wettbewerb ist ungeheuer wichtig, um viele dieser Projekte endlich auch einmal vor den medialen Vorhang zu holen", so Gemeindebund-Präsident Bgm. Helmut Mödlhammer.

"Wir befinden uns in einem Paradigmenwechsel in der gesamten Energieversorgung: Wir müssen überwiegend auf erneuerbare Ressourcen, auf massives Energiesparen und deutlich höhere Energieeffizienz setzen. Der Verbund nimmt seine gesellschaftliche Verantwortung in diesem Zusammenhang sehr ernst. Daher unterstützen wir die Klimaschutz-Aktivitäten der Gemeinden", erläutert Dr. Michael Pistauer, Vorstandsvorsitzender des Verbund die Motivation des Unternehmens, den Wettbewerb zu unterstützen.

Munderfing - Mit Energiebaukasten zum Sieg bei Bewusstseinsbildung

Die oberösterreichische Gemeinde Munderfing hat in Zusammenarbeit mit der Energiewerkstatt GmbH. einen Energiebaukasten entwickelt und umgesetzt, der in sechs Modulen die Gemeinde bei der Erstellung eines lokalen Energiekonzepts unterstützt. Wichtiger Bestandteil ist die Motivation und Beteiligung der GemeindebürgerInnen. Treibende Kraft ist die "Energiegruppe", in der sich Vertreter sämtlicher Munderfinger Branchen vereinen. Baumeister, Banken, Dachdecker, Elektriker, Installateure, Landwirte, Lehrer und Tüftler, arbeiten gemeinsam an einer klimafreundlichen Energiezukunft.

Munderfing setzt sich ehrgeizige Ziele. Bis 2010 soll der Wärmeverbrauch um ein Prozent pro Jahr reduziert werden. Darüber hinaus sollen 2.000 m2 Solarkollektorfläche neu errichtet und so 10.000 Wp Photovoltaik erzeugt werden. Zudem sollen Kleinwasserkraftwerke optimiert und dadurch die Energieeffizienz gesteigert werden. Ein Biomasseheizwerk soll die Schule, die ISG Bauten und das Gewerbegebiet mit Wärme versorgen. Auf 1,3 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche will die Gemeinde Energiegras zur energetischen Nutzung auspflanzen und auf 5 Prozent der AgrarflächenÖlpflanzen zur Versorgung mit Biotreibstoffen ausbringen. Abgerundet wird der Maßnahmenkatalog durch die Errichtung eines eigenen Windparks und das Ziel, bis 2010 in der Gemeinde mindestens zehn Klimabündnisbetriebe zu haben.

Ein wichtiger Teil des Energiekonzeptes ist die Energieeinsparung. Dazu wurden viele Info-Veranstaltungen zu Themen wie "Isolierung der obersten Geschoßdecke", "Kesseltausch", "Solar- u. Photovoltaik-Tage", "Strom sparende Elektro-Geräte", "Aktion Energiesparlampen", etc. durchgeführt. Auf der Gemeinde-Homepage und in jeder Ausgabe der ca. 15x/Jahr erscheinenden Gemeindezeitung werden "EnergieNews" veröffentlicht. Der Energiebaukasten Munderfing war für das Land Oberösterreich Anlass, das Projekt EGEM (Energiegemeinden) einzuführen. Inzwischen haben bereits viele Gemeinden in Oberösterreich davon Gebrauch gemacht und auch für ihre Gemeinden ein Energiekonzept erstellt. Im Mai dieses Jahres wurde der Energiebaukasten auch vom Land Niederösterreich übernommen und soll im Zuge der Dorferneuerung umgesetzt werden.

Großschönau - Mit "Probewohnen im Passivhaus" zum Sieg in der Kategorie Energieeffizienz

Das Projekt "Sonnenplatz Großschönau" wurde in drei Schritten ganzheitlich durchdacht: ein ökologisches Siedlungsentwicklungskonzept als Basis, Passivhäuser zum Probewohnen als Schwerpunktthema und ein Forschungs- und Kompetenzzentrum für Bauen, Sanieren und Energie als Herzstück und verbindendes Element einer ganzen Siedlung.

Für die wichtigste Entscheidung im Leben hat der "Häuselbauer" bis dato lediglich die Möglichkeit, Gebäude in einem Musterhauspark zu besichtigen oder Interessantes aus einer Flut von Informationsmaterial herauszufiltern. Seit 12. Mai .2007 haben potenzielle Baufamilien die Möglichkeit, durch Probewohnen am Sonnenplatz Großschönau die Funktionstüchtigkeit und Behaglichkeit des Passivhauses hautnah zu erleben. Über 150 Unternehmen errichteten dazu in der ersten Bauphase gemeinsam 5 Passivhäuser unterschiedlicher Ausführung (Holz-, Massiv- und Mischbauweise), Architektur und Technik, die alle zum Probewohnen zur Verfügung stehen. Über die Jahre hinweg entstehen in der Nachbarschaft immer wieder neue Passivhäuser, wodurch immer Gebäude auf dem neuesten Stand der Technik getestet werden können und kontinuierlich ein einzigartiger neuer Ortsteil entsteht.

Interessierte können mit der ganzen Familie die Häuser zwischen zwei und sieben Tage lang testen. Je nach Ausführung der Passivhäuser stehen den Probewohnern 75 m2 bis 150m2 zur Verfügung. Um das Angebot abzurunden werden auch Urlaubs- und Informations-Packages angeboten. Durch die zahlreichen nachhaltigen Aktivitäten und den Sonnenplatz Großschönau steigt die Attraktivität der gesamten Gemeinde. Die Wirkung des Projekts geht weit über die Region und das Land hinaus.

Güssing - Mit Erneuerbarer Energie an die Spitze der Klimaschutzgemeinden

In der Kategorie Erneuerbare Energie konnte sich die Stadtgemeinde Güssing durchsetzen. In der strukturschwachen Region Güssing wurden in der Vergangenheit große Mengen fossiler Energieträger für die Energieerzeugung (Heizung, Strom, Treibstoffe) zugekauft, was zu einem Geldabfluss in der Höhe von 36 Millionen Euro im Bezirk Güssing geführt hat. Durch die Nutzung regionaler, erneuerbarer Roh- und Reststoffe (Biomasse, Sonne) in eigenen Energieerzeugungsanlagen (Kraftwerke und Heizwerke) und den Verkauf der produzierten erneuerbaren Energie an die eigene Bevölkerung zirkuliert das Geld nun zum Großteil innerhalb der Region und fließt nicht ab. Durch die Eigenversorgung mit Wärme, Treibstoff und Strom erreicht die Stadt Güssing eine regionale Wertschöpfung von jährlich rund 13 Millionen Euro. Im gesamten Bezirk Güssing liegt die aktuelle Wertschöpfung durch eine bereits 45 %ige Eigenversorgung mit erneuerbaren Energieträgern bei rund 18 Millionen Euro. Bei einer 100 %igen Eigenversorgung würde sie sogar bei 37 Millionen Euro liegen. Diese Entwicklung in und um Güssing wurde im Jahr 1991 gestartet und mit einem grundlegenden Energieeinsparungskonzept seitens der Gemeinde eingeleitet.

1996 nahm die Fernwärme Güssing den Betrieb auf und sämtlicheöffentlichen Gebäude der Stadt, private Haushalte sowie die Vielzahl der Betriebe in Güssing an das Fernwärmenetz angeschlossen. In den darauf folgenden Jahren entstanden in Zusammenarbeit der Gemeinde Güssing mit dem EEE (Europäisches Zentrum für erneuerbare Energie Güssing) Energieerzeugungsanlagen in und um Güssing (Biomassekraftwerk, Biogas, Photovoltaik etc.), was schlussendlich zur Energieautarkie der Stadt Güssing geführt hat.

Durch diese Strategie der dezentralen, lokalen Energieerzeugung mit allen vorhandenen Ressourcen einer Region hat es die Stadt nicht nur geschafft, sich selbst mit Energie zu versorgen, sonder zudem zahlreiche Betriebe durch günstige Energieversorgung angelockt (2 große Parkettwerke, die erste Photovoltaikfabrik Österreichs etc.). Mehr als 1.000 Arbeitsplätze sind so entstanden und über 50 neue Firmen haben sich in Güssing angesiedelt. Die CO2-Emissonen konnten von 35.000 Tonnen im Jahr 1995 auf 5.000 Tonnen im Jahr 2007 reduziert werden. Viele Menschen im In- und Ausland sind auf diese Entwicklung aufmerksam geworden und besichtigen im Zuge desökoEnergietourismus das "Modell Güssing".

Derzeit arbeitet das EEE, das sich in den letzten Jahren vor allem auf die Entwicklung von Energiekonzepten für Gemeinden und Regionen spezialisiert hat, an der Ausdehnung des Modells auf den gesamten Bezirk Güssing, wodurch die Region und das ökoEnergieland - der Zusammenschluss des EEE mit 10 Gemeinden im Umland von Güssing - weiter gestärkt werden sollen.



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /