© BMI Bundesministerium für Inneres www.bmi.gv.at
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„Es war alles angemessen! Ich sage dazu nichts mehr!“

Oberst Rudolf Gollia, Pressesprecher des Innenministeriums, sprach mit Gerd Maier (oekonews) über das Eindringen der vermummten Spezialeinheit WEGA in die Wohnungen von Tierschützern

GM: Am 21. Mai hat die WEGA etliche Wohnungen von Tierschützern gestürmt, ist maskiert mit Waffen im Anschlag in die Wohnungen eingedrungen, etliche Tierschützer wurden verhaftet. Ich würde Sie um einige Auskünfte zu diesem Thema ersuchen

Gollia: Den Akt bearbeitet die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt. Die machen auch, haben wir ausgemacht, die gesamte Pressearbeit. Sämtliche Auskünfte zu den Vorwürfen gegen die Tierschützer gebe nicht ich, sondern die Staatsanwaltschaft.

GM: Aha, aber Sie können mir vielleicht sagen, warum fünf Vereinen die gesamten Spenderlisten weggenommen wurden? Man wolle ja, heisst es, nur gegen Einzelpersonen vorgehen und die Tierschutzorganisationen nicht in ihrer Arbeit schädigen. Mit dieser Vorg

Gollia: Alle diese Fragen soll die Staatsanwaltschaft beantworten.

GM: Eine Alarmabteilung ist doch dazu da, gegen Terroristen vorzugehen. Ist es nicht höchst problematisch, wenn so eine Gruppe gegen Tierschützer eingesetzt wird? Sind dann Umweltschützer, Oppositionelle oder demonstrierende Ärzte vielleicht als nächste

Gollia: Ich möchte betonen, dass die Spezialeinheit WEGA eingesetzt wurde, und nicht die Antiterrorspezialeinheit COBRA, die gegen Terroristen eingesetzt wird. Es waren also Einheiten der Polizei, die etwa auch gegen Suchtgiftkriminelle eingesetzt werden. Und ich möchte betonen, dass nicht gegen Tierschützer generell, gegen Tierschutzorganisationen vorgegangen wurde, sondern dass sich ein Tatverdacht gegen konkrete Personen gerichtet hat, dass sie kriminelle Handlungen vorgenommen haben.

„Nehmen Sie mich eigentlich auf Tonband auf??“

GM: Es scheint ja so zu sein, dass ein konkreter Tatverdacht für eine Hausdurchsuchung nötig ist, und ein dringender Tatverdacht für eine Inhaftierung. Nun sind zehn Leute in Untersuchungshaft, aber im Akt gibt es, wurde mir berichtet, keinerlei konkrete

Gollia: Das muss die Staatsanwaltschaft beurteilen, nicht wir. Nehmen Sie mich eigentlich auf Tonband auf??? Das hat jetzt so eigenartig im Telefon geknackt!!

GM: Keine Angst, ich schreibe bloß am Computer mit, ich nehme Sie nicht auf Tonband auf. Mein Ohrhörer-Mikrofon vom Handy knackt, wenn es den Hemdkragen berührt. Aber Sie sagen das doch offiziell, da wäre es ja doch nicht schlimm, selbst wenn ich das Ges

Gollia: Hmmm, ja.

GM: Die Dinge, die den Fall und die Beschuldigungen betreffen, über die Sie nicht reden wollen, wissen Sie diese Dinge, und wollen nicht darüber reden? Oder dürfen Sie darüber nicht reden?

Gollia: Ich bin für das alles nicht zuständig.

„Nach unseren Richtlinien ist alles angemessen durchgeführt worden!

GM: Gut, dann reden wir über die Amtshandlung der WEGA. Warum wurde nicht geläutet? Warum schlagen die Leute wie eine Verbrecherbande die Tür ein? Die Wohnungsinhaber lagen teilweise im Bett und glaubten, es sei ein Raubüberfall, als bewaffnete Vermummte

Gollia: Erstens war die Hausdurchsuchung gegen 6 Uhr in der Früh und nicht mitten in der Nacht.

GM: Ja, eh. Ich hab nichts anderes behauptet. Warum wurde bei bisher völlig unbescholtenen Menschen, anscheinend ohne dass ein konkreter dringender Tatverdacht besteht, die Tür mit einem Rammgerät eingeschlagen und mit gezückten Waffen vermummt die Wohnu

Gollia: Es ging darum, dass keine Beweismittel vernichtet werden. Das war der Grund für die gewaltsame Öffnung der Wohnungstür.

GM: Aber warum wurde nicht zuerst geläutet? Man hätte ja läuten können und laut rufen, man werde die Tür einschlagen, wenn nicht binnen einer Minute geöffnet wird? Das wäre doch irgendwie stilvoller gewesen.

Gollia: Nach unseren Richtlinien ist alles angemessen durchgeführt worden.

„Vielleicht haben sie die Daten ja auf einem USB-Stick!?“

GM: Noch einmal: Warum wurde nicht geläutet?

Gollia: Das war notwendig, um zu verhindern, dass Beweismittel vernichtet werden.

GM: Wie soll ich mir das vorstellen? Es geht doch um Aktenordner und um Computerfestplatten. Soll man sich vorstellen, dass die Leute, wenn es um sechs Uhr früh an der Tür läutet, und sie nicht wissen, wer draussen ist, dass die Leute nichts besseres zu

Gollia: Vielleicht haben sie die Daten ja auf einem USB-Stick, und den hätten sie nach dem Läuten ins Klo spülen können.

GM: Große wichtige Datenmengen hat man doch normalerweise am Computer, auf einen USB-stick geht ja nicht wahnsinnig viel drauf!

Gollia: Ja, aber wir haben auch einen USB-Stick gefunden. Ich will aber über all diese Sachen nicht reden. Die Amtshandlung war angemessen, das muss Ihnen genügen.

GM: Schauen Sie, wenn ein Journalist von Ihnen hört, es sei angemessen, und von einem Anwalt der Verhafteten, es sei nicht angemessen, kann er natürlich einfach die Zitate aufschreiben, und das war es dann. Aber es ist doch wesentlich interessanter, der

Gollia: Ich sage dazu jetzt gar nichts mehr. Das muss Ihnen genügen. Ob Ihnen die Antwort passt, weiß ich nicht. Man kann ja dann eine Beschwerde einlegen, wenn man glaubt, die Amtshandlung sei nicht in Ordnung gewesen.

„Das Foto wurde nämlich später gelöscht!“

GM: Warum bekommen unbescholtene Leute eine Pistole ins Genick, obwohl es laut Aussage eines Anwalts im Akt keine Hinweise auf einen dringenden Tatverdacht gab?

Gollia: Es war alles angemessen.

GM: Sollte man die Sache nicht doch ein wenig transparenter behandeln, im Interesse des Rufes der Polizei? Da gibt es ja in der Polizei eine enorme Anzahl an Leuten, die ihren Job mutig und korrekt ausführen, und wenn solche krassen Aktionen wie diese da

Gollia: Es war angemessen. Ich sage dazu nichts mehr.

GM: Stimmt es, dass sich eine Frau bei der WEGA-Aktion nackt hinlegen musste und nackt am Boden liegend gegen ihren Willen fotografiert wurde? Das ist doch irgendwie respektlos?

Gollia: Das sind falsche Berichte. Es gibt tatsächlich Fotos, die Amtshandlung ist dokumentiert worden. Jedoch sind nirgends nackte Personen zu sehen. Also es gibt schon manchmal verhältnismäßig nackte Leute, etwa ein nackter männlicher Oberkörper. Aber die Leute sind nie wirklich richtig nackt. Das betreffende Foto, von dem Sie reden, wurde nämlich später gelöscht. Ich habe ja alle Fotos gesehen, da war niemand wirklich nackt drauf.

„Dazu gibt es keine Veranlassung!“

GM: Und es gibt Berichte, dass eine der Personen, für die ja die Unschuldsvermutung gilt, halbnackt, also in Unterhose, bewacht von WEGA-Leuten im Stiegenhaus stehen musste, in einem Mehrfamilienhaus, wie ein gefasster Schwerverbrecher. Das schadet ja ma

Gollia: Da gibt’s dann Instanzen, die Person kann sich ja an die Instanzen wenden.

GM: Zahlt das Innenministerium oder die Polizei von sich aus eine solche Entschädigung, wenn die WEGA die Tür eintritt, vermummt Waffen auf jemand richtet, ihn verhaftet, und sich dann womöglich herausstellt, dass ein Irrtum vorliegt und die Person völl

Gollia: Dazu gibt’s überhaupt keine Veranlassung. Überhaupt, das ist ja kein richtiges Interview. Ich möchte jetzt Schluss machen und das Gespräch beenden

GM: Aha, hmmm, darf ich dann in den Artikel hineinschreiben, dass Sie das Gespräch abbrechen möchten? Es wäre doch besser, angesichts der gravierenden Vorwürfe gegen das Ministerium und die Polizei hier etwas mehr Transparenz walten zu lassen?

Gollia: Sie reden ja nicht wie ein richtiger Journalist. Vielleicht sind Sie auch so ein Aktivist?

GM: Keine Angst, ich bin promovierter Biologe, bin ein richtiger Journalist und bin kein Tierschutzaktivist

Gollia: Aber sehr wissenschaftlich reden Sie nicht mit mir.

GM: Aha?? Eine Frage hätte ich dann noch zur Entnahme von DNA-Proben. Ist es beim Verdacht auf Verletzung des Paragraphen 278a zulässig, von den Tierschützern DNA-Proben zu entnehmen? Der Anwalt einiger Inhaftierter sagt, es sei unter diesen Umständen ni

Gollia: Die Entnahme von DNA-Material war zulässig. Es ist nach unserer Beurteilung korrekt gewesen, die Staatsanwaltschaft denkt da genauso.

„Ich werde nicht sagen, wer das entschieden hat.“

GM: Von wem, welchem Beamten oder Politiker ging die Entscheidung aus, diese Amtshandlung unter Einbeziehung der WEGA Spezialeinheit durchzuführen? Wurde die Aktion von Innenminister Platter angeordnet?

Gollia: Das ist eine Amtshandlung, die schon seit mehreren Jahren läuft. Da ist eine eigene Sonderkommission eingerichtet worden. Und für die Erteilung der Genehmigung zur Hausdurchsuchung ist das Gericht zuständig. Übrigens gibt es im Ministerium nur einen einzigen Politiker, nämlich Minister Platter. Alles andere sind Beamte.

GM: Das heisst, die Staatsanwaltschaft hat angeordnet, dass bei der Hausdurchsuchung die WEGA Spezialeinheit eingesetzt werden soll?

Gollia: Nein, das ist Sache der Polizei.

GM: Wo ist also diese umstrittene Entscheidung gefallen?

Gollia: Das entscheidet jedenfalls kein Minister.

GM: Also hat das die Sonderkommission beschlossen??

Gollia: Das habe ich nicht gesagt. Ich werde nicht sagen, wer das entschieden hat.

GM: Sie können mir doch sagen, wer die verantwortliche Person ist??

Gollia: Nein. Das ist nämlich irrelevant, wer das angeordnet hat.

GM: Ich glaube nicht, dass das irrelevant ist, zumal die Aktion ja äußerst umstritten ist und von vielen als höchst unangemessen gewertet wird. Sie dürfen also nicht bekannt geben, wer die Aktion angeordnet hat?

Gollia: Sie werden von mir keine Namen hören.

„So ein Interview hab ich bisher noch nicht erlebt.“

GM: Wusste Minister Platter im Vorhinein von der Aktion?

Gollia: Sie wollen offenbar unbedingt den Herrn Minister Platter irgendwie anschwärzen?

GM: Mich interessiert eigentlich nur, wer für die Aktion verantwortlich ist. Aber das wollen Sie offenbar geheim halten!?

Gollia: Also so ein Interview hab ich bisher noch nicht erlebt. Was wollen Sie überhaupt??

GM: Als Journalist ist es doch legitim, den Dingen auf den Grund zu gehen! Ich glaube auch, dass es für das Innenministerium durchaus sinnvoll sein könnte, eine gewisse Transparenz zu zeigen, was die Informationen über diese umstrittene WEGA-Aktion betri

Das ist Ihre Ansicht!

GM: Herr Oberst Gollia, herzlichen Dank für das Gespräch.

P.S.: Weitere Recherchen ergaben, dass Oberstleutnant Josef Böck von der Kriminaldirektion 3 bezüglich der erwähnten Sonderkommission anscheinend Leiter der erwähnten Sonderkommission sein dürfte. Ob er die SOKO auch leitet, konnte nicht geklärt werden.

Link zum VGT-Emailappell



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Weitere Infos: Linktipp: Gerd Maiers Homepage - www.gerdmaier.com
GastautorIn: Gerd Maier für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Lukas Pawek /