SELTENHEITSWERT: Deutsche Bank fordert Enteigung der Stromkonzerne
Eine Oekonews-Ansichtssache von Dr. Fritz Binder-Krieglstein
Superlative sind vorsichtig zu gebrauchen. Aber hin und wieder verschlägt es einem doch die Rede und diesmal sogar im positiven Sinn.
Wenn nämlich eine Bank, an sich der Hort des Kapitalismus, nach Enteignung schreit, ist das wirklich bemerkenswert. Nicht für Insider, die das schnöde Spiel der Stromkonzerne kennen: Kaum Wettbewerb und nur gesellschaftsrechtlich entflochtene Unterfirmen, die mit der Stromdurchleitung für den Konzern die Gewinne kräftig auffetten. Darin vermutet man auch zu Recht deren Rufe nach der 380 kV-Leitungen, die folglich viel mehr Stromdurchleitung und sgebühren nach sich ziehen würden.
Die Leitungsmonopole wären also am Wettbewerbsmangel schuld. Sie kennen meinen kürzest möglichen Nenner namens ‘Energiemonopolitik’ ja bereits aus vorherigen Emails, der beschreibt, warum wir heute dort sind, wo wir sind. Das Funktionsschema Energiemonopolitik wird also um ein weiteres Mal und in einer weiteren Facette bestätigt. Denn ohne politische Rahmenbedingungen, sprich gesetzlich fixierte Netzprivilegien für Stromkonzerne, wäre die gewinnmaximierende Wettbewerbseinschränkung nie möglich geworden, die für die Volkswirtschaften zum Kosten-Bumerang geworden ist.
Aber Enteignung für mehr Wettbewerb, das hat was an sich! Es wäre das Gegenteil von Marxismus, um falschen Assoziationen vorzubeugen.
Nach den tatsächlichen Kosten der Stromdurchleitung in Österreich befragt, hatte ein E-Control-Vertreter im Vorjahr erklärt: Derzeit wären die Gebühren nach wie vor um ca. 100 % überhöht. Passt ins Bild, nicht wahr? Ein Zufall?
In Österreich geht es im Hintergrund auch um eine Auseinandersetzung zwischen Industrieminister Bartenstein (er ist für wenig Wettbewerb, weil gut für die Stromindustrie) und WKO-Chef Leitl (er ist für viel Wettbewerb, weil strompreissenkend). Anlass ist wohl eine bevorstehende EU-Richtlinie zur Trennung von Netzbetreibern von ihren Mutterkonzernen, die auch Produzenten sind, und oft auch noch Stromverkäufer. Bartenstein reicht die so genannte gesellschaftsrechtliche Scheintrennung, die bisher in Österreich den Wettbewerb nicht angekurbelt hat. Die EU und Leitl streben die eigentumsrechtliche, also die totale Trennung an. Der neue Eigentümer des Stromnetzes nach einer kompletten Trennung ist in manchen EU-Ländern schon heute der Staat wie einstmals vor der EU-Stromliberalisierung.
Das ist marktwirtschaftlich vernünftig: Denn warum soll freier Warenverkehr, der auf Straßen beruht, die alle benützen dürfen, nicht auch beim Strom gelten? Hat dieses Straßensystem der Marktwirtschaft geschadet? Nein! (auf die Kostenprivilegien für LKWs, die auf der Macht der Transportlobby in Brüssel und nicht auf dem freien Zugang zu Straßen basieren, sei hier nicht weiter eingegangen).
Was uns die Stromkonzerne vorführen, da die Netze noch in ihren Händen liegen, wissen wir ausreichend: weit überhöhte Kosten!
Dahinter steckt ein Prinzip, dass schon Dr. Herman Scheer in seinem Buch ‘Energieautonomie’ beschrieben hat. Er fordert daher zu Recht und konsequent auch die Trennung der Treibstoffnetze/-distribution, also der Tankstellen, von den Anbietern. Weil die Macht über die Distribution automatisch die Lenkung beinhaltet, welche Produkte auf den Markt kommen und vor allem auch, welche nicht.
Kostenwahrheit und Transparenz im Energiesektor, auch bei den Stromnetzen, anstatt Fortsetzung der Energiemonopolitik muss das Ziel lauten. Jede und jeder, die dabei mitmachen, sind willkommen. Denn unter Kostenwahrheit wären wir bei der Energieautonomie und der Klimarettung bereits ein gutes Stück weiter gekommen.
Den entsprechenden Artikel des Nachrichtenmagazins SPIEGEL finden Sie unter www.spiegel.de/wirtschaft
Zum Abschluss wird Al Gore zitiert (anlässlich seiner Dankesrede bei der Oskarverleihung für seinen Dokumentarfilm über die Klimaerwärmung):
‘Wir müssen das Weltklima retten! Das ist keine politische Frage, sondern eine moralische.’ Dem ist nichts hinzuzufügen, meint
mit herzlichen und sonnigen Grüßen
Dr. Fritz Binder-Krieglstein
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /