Neuer Greenpeace-Report über Tschernobyl enthüllt Atommüll-Desaster in der Ukraine

Russischer Nuklear-Experte warnt in Wien vor Atom-Renaissance

Greenpeace hat heute im Rahmen einer Pressekonferenz seinen neuesten Tschernobyl-Atommüll-Report vorgestellt. "Innerhalb und außerhalb der Todeszone gibt es 800 ungesicherte Atommülldeponien mit rund 20 Millionen Kubikmeter Abfall", warnt Greenpeace-Atomexperte Jan van de Putte. "Diese Deponien sowie die Kühlteiche des AKW Tschernobyl sind tickende Zeitbomben."

Der von Greenpeace präsentierte Atommüll-Report enthüllt dramatische Zustände in der Ukraine. Neben den 20 Mio. Kubikmeter Atommüll in den 800 Deponien stellen vor allem die 22 Quadratkilometer umfassenden Kühlteiche des AKW Tschernobyl große Umweltprobleme dar. Diese müssen weiterhin betrieben werden, da zwei Reaktoren auch heute noch mit Atombrennstoff geladen sind und gekühlt werden müssen. "Im Falle eines Dammbruchs der Tschernobyl-Kühlteiche, und ein solcher ist nicht unwahrscheinlich, würden der Pripyat-Fluss und in Folge der Dnjepr, das Hauptwasserreservoir der Ukraine, schwer kontaminiert werden", warnt van de Putte. Große Gefahren gehen darüber hinaus von der Atommülldeponie in Podlensky aus, wo 104 Tonnen hochradioaktiver Abfall in einem bröckelnden Betongebäude lagern.

Olexandr Konoplev, russischer Atom-Physiker und nach der Katastrophe "Liquidator" am AKW Tschernobyl, berichtet von erschütternden Erfahrungen: "Wir haben bereits Jahre vor der Katastrophe den Kreml vor einem schweren Unfall in Reaktoren wie Tschernobyl gewarnt. Doch dies blieb leider ungehört", berichtet der ehemalige Atomtechnik-Befürworter Konoplev. "Nach der Katastrophe bin ich von ‚Rot’ zu Grün gewechselt", schildert er seine persönlichen Erfahrungen. Heute beschäftigt sich Konoplev vor allem mit der unzureichenden Sicherheit des Tschernobyl-Sarkophags sowie den Umweltauswirkungen in der sogenannten "Todeszone" rund um die Reaktorruine. "Aufgrund 46-jähriger Erfahrung mit Atomtechnik macht mir vor allem die derzeit drohende Atomkraft-Renaissance sehr große Sorgen", so Konoplev. "Länder wie Russland und die Ukraine planen jeweils 22 neue Reaktoren, haben aber nicht genug Geld für Sicherheit."

Greenpeace kritisiert die derzeitige Atom-Politik der österreichischen Bundesregierung. "Die Regierung beschränkt sich auf reine Betroffenheitsrhetorik. Sämtliche Maßnahmen, die einen Atom-Ausstieg in Europa ermöglichen würden, werden peinlich gemieden", kritisiert Greenpeace-Atom-Experte Erwin Mayer. Greenpeace fordert, dass Österreich dem neuen 4 Mrd. Atom-Forschungspaket der EU nicht zustimmt. Darüber hinaus müsse die Bundesregierung mehr Ökostrom fordern, anstatt Atom-Strom-Importe weiter ansteigen zu lassen. "Österreich muss sich in der EU für verbindliche Ausbauziele für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz einsetzen. Dies ist der einzige Weg zum Atom-Ausstieg", so Mayer abschließend.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /