EU–Verhandlungen: Entscheidende Phase für Steuertransparenz für Konzerne
Heute, Montag, 29. März, beginnen die entscheidenden Verhandlungen zwischen den EU–Regierungen, der EU–Kommission und dem EU–Parlament über die Umsetzung öffentlicher länderweiser Finanzberichte für multinationale Konzerne in der EU (public country–by–country–reporting) (1). Echte Transparenz über Gewinn, bezahlte Steuern und Wertschöpfung je Land ist seit Jahren eine der zentralen Forderungen der internationalen Zivilgesellschaft im Kampf gegen Steuermissbrauch von Konzernen. (2)
Attac und das VIDC warnen jedoch davor, dass die Verhandlungspositionen der drei EU–Institutionen enorme Schwächen aufweisen. Eine schwache Umsetzung der Pläne würde dazu führen, dass multinationale Konzerne steuermindernde Gewinnverschiebungen auch in Zukunft fortsetzen können.
Drei Kriterien entscheidend für echte Transparenz
Was sich „öffentliche Finanzberichte“ nennt, muss echte Transparenz beinhalten, fordern Attac und das VIDC. Dabei sind drei Kriterien entscheidend:
1. Weltweite Transparenz statt freie Bahn in die wichtigsten Steuersümpfe
Geht es nach Kommission und vielen Regierungen, soll die Transparenz nur für Konzern–Aktivitäten in der EU und wenigen von der EU gelisteten Staaten gelten. Alle anderen Aktivitäten in Drittstaaten sollen zusammengefasst veröffentlicht werden. Das EU–Parlament hingegen fordert eine weltweite, nach allen Ländern aufgeschlüsselte, Berichtspflicht.
„Setzen sich die Regierungen in dieser Frage durch, wäre das ein schwerer Rückschlag im Kampf für mehr Steuergerechtigkeit. Denn damit bleiben ausgerechnet Gewinnverschiebungen in viele schädliche Steuersümpfe weiter im Dunkeln“, kritisiert David Walch, Attac Österreich. Dazu zählen neben vielen anderen auch die drei wichtigsten Steuersümpfe für Konzerne, die Britischen Jungferninseln, die Kaimaninseln und Bermuda.
2. Transparenz bereits ab 40 statt 750 Millionen Euro Umsatz
Die EU–Institutionen wollen nur Konzerne mit über 750 Millionen Euro Umsatz zu mehr Steuertransparenz zu verpflichten. Damit wären aber rund 90 Prozent aller multinationalen Konzerne gar nicht betroffen; die Effektivität der Maßnahme wäre also stark eingeschränkt.
„Gewinnverschiebungen sind nicht nur unter Konzerngiganten verbreitet – sie zählen leider zur allgemeinen Praxis multinationaler Konzerne“, kritisiert Martina Neuwirth (VIDC). Die Schwelle für die Berichtspflichten sollte dringend auf 40 statt 750 Millionen Euro Umsatz gesenkt werden, fordern Attac und das VIDC. (3)
3. Aussagekräftige und auswertbare Daten
Um sich ein gutes Bild von den komplizierten Steuerkonstruktionen der Konzerne machen zu können, ist es nötig, dass Konzerne möglichst viele aussagekräftige Daten veröffentlichen. (4) Insbesondere konzern–interne Transaktionen sollten veröffentlicht werden. Keinesfalls dürfe es zudem den Konzernen überlassen werden, mittels einer Ausstiegsklausel jene Daten geheim zu halten, die sie selbst als „sensibel“ einstufen.
Die Daten müssen weiters in einem einheitlichen Open Data Format veröffentlicht werden, damit unter anderem Journalist*innen und NGOs die Aktivitäten der Konzerne effektiv überprüfen können.
Jetzt ist der entscheidende Moment
Die portugiesische EU–Präsidentschaft möchte die Verhandlungen vor dem Sommer abschließen. Gelingt in den nächsten Wochen kein Durchbruch, ist das Anliegen möglicherweise wieder auf Jahre hinaus blockiert.
Attac und VIDC warnen vor faulen Kompromissen: „Jetzt ist der entscheidende Moment, ob die EU–Institutionen im Kampf gegen Steuertricks von Konzernen etwas voranbringen. Gerade die enormen Kosten der Corona–Pandemie sollten ein Anlass dafür sein, dass Konzerne endlich einen gerechteren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwohls leisten“, erklären Neuwirth und Walch.
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(1) Nach jahrelanger Blockade und Verzögerungstaktik auf EU–Ebene, auch von Österreich, konnte sich Anfang März endlich eine Mehrheit der EU–Regierungen dazu durchringen, einen Kommissionsvorschlag anzunehmen.
(2) Öffentliche Konzernberichte dämmen Steuermissbrauch sogar unmittelbar ein. Eine Studie zeigt, dass sich der Steuerbeitrag von zu mehr Transparenz verpflichteten Banken erhöht, vor allem dann, wenn sie in Steuersümpfen aktiv sind. Studie: Financial Transparency to the Rescue: Effects of Public Country‐by‐Country Reporting in the EU Banking Sector on Tax Avoidance:
(3) Die EU‐Bilanzrichtlinie definiert Unternehmen mit einem Umsatz von mindestens 40 Millionen Euro als große Unternehmensgruppen. Diese 40–Millionen–Grenze wurde in der EU auch bei den bereits existierenden öffentlichen Berichtspflichten für Rohstoff‐Unternehmen eingezogen.
(4) Dazu zählen Umsätze, Gewinne, gezahlte Lohn–, Körperschafts–, Umsatz– und andere Steuern, Investitionen, immaterielle Vermögenswerte, die Zahl der Beschäftigten oder die Lohnsumme.
Attac und das VIDC warnen jedoch davor, dass die Verhandlungspositionen der drei EU–Institutionen enorme Schwächen aufweisen. Eine schwache Umsetzung der Pläne würde dazu führen, dass multinationale Konzerne steuermindernde Gewinnverschiebungen auch in Zukunft fortsetzen können.
Drei Kriterien entscheidend für echte Transparenz
Was sich „öffentliche Finanzberichte“ nennt, muss echte Transparenz beinhalten, fordern Attac und das VIDC. Dabei sind drei Kriterien entscheidend:
1. Weltweite Transparenz statt freie Bahn in die wichtigsten Steuersümpfe
Geht es nach Kommission und vielen Regierungen, soll die Transparenz nur für Konzern–Aktivitäten in der EU und wenigen von der EU gelisteten Staaten gelten. Alle anderen Aktivitäten in Drittstaaten sollen zusammengefasst veröffentlicht werden. Das EU–Parlament hingegen fordert eine weltweite, nach allen Ländern aufgeschlüsselte, Berichtspflicht.
„Setzen sich die Regierungen in dieser Frage durch, wäre das ein schwerer Rückschlag im Kampf für mehr Steuergerechtigkeit. Denn damit bleiben ausgerechnet Gewinnverschiebungen in viele schädliche Steuersümpfe weiter im Dunkeln“, kritisiert David Walch, Attac Österreich. Dazu zählen neben vielen anderen auch die drei wichtigsten Steuersümpfe für Konzerne, die Britischen Jungferninseln, die Kaimaninseln und Bermuda.
2. Transparenz bereits ab 40 statt 750 Millionen Euro Umsatz
Die EU–Institutionen wollen nur Konzerne mit über 750 Millionen Euro Umsatz zu mehr Steuertransparenz zu verpflichten. Damit wären aber rund 90 Prozent aller multinationalen Konzerne gar nicht betroffen; die Effektivität der Maßnahme wäre also stark eingeschränkt.
„Gewinnverschiebungen sind nicht nur unter Konzerngiganten verbreitet – sie zählen leider zur allgemeinen Praxis multinationaler Konzerne“, kritisiert Martina Neuwirth (VIDC). Die Schwelle für die Berichtspflichten sollte dringend auf 40 statt 750 Millionen Euro Umsatz gesenkt werden, fordern Attac und das VIDC. (3)
3. Aussagekräftige und auswertbare Daten
Um sich ein gutes Bild von den komplizierten Steuerkonstruktionen der Konzerne machen zu können, ist es nötig, dass Konzerne möglichst viele aussagekräftige Daten veröffentlichen. (4) Insbesondere konzern–interne Transaktionen sollten veröffentlicht werden. Keinesfalls dürfe es zudem den Konzernen überlassen werden, mittels einer Ausstiegsklausel jene Daten geheim zu halten, die sie selbst als „sensibel“ einstufen.
Die Daten müssen weiters in einem einheitlichen Open Data Format veröffentlicht werden, damit unter anderem Journalist*innen und NGOs die Aktivitäten der Konzerne effektiv überprüfen können.
Jetzt ist der entscheidende Moment
Die portugiesische EU–Präsidentschaft möchte die Verhandlungen vor dem Sommer abschließen. Gelingt in den nächsten Wochen kein Durchbruch, ist das Anliegen möglicherweise wieder auf Jahre hinaus blockiert.
Attac und VIDC warnen vor faulen Kompromissen: „Jetzt ist der entscheidende Moment, ob die EU–Institutionen im Kampf gegen Steuertricks von Konzernen etwas voranbringen. Gerade die enormen Kosten der Corona–Pandemie sollten ein Anlass dafür sein, dass Konzerne endlich einen gerechteren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwohls leisten“, erklären Neuwirth und Walch.
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(1) Nach jahrelanger Blockade und Verzögerungstaktik auf EU–Ebene, auch von Österreich, konnte sich Anfang März endlich eine Mehrheit der EU–Regierungen dazu durchringen, einen Kommissionsvorschlag anzunehmen.
(2) Öffentliche Konzernberichte dämmen Steuermissbrauch sogar unmittelbar ein. Eine Studie zeigt, dass sich der Steuerbeitrag von zu mehr Transparenz verpflichteten Banken erhöht, vor allem dann, wenn sie in Steuersümpfen aktiv sind. Studie: Financial Transparency to the Rescue: Effects of Public Country‐by‐Country Reporting in the EU Banking Sector on Tax Avoidance:
(3) Die EU‐Bilanzrichtlinie definiert Unternehmen mit einem Umsatz von mindestens 40 Millionen Euro als große Unternehmensgruppen. Diese 40–Millionen–Grenze wurde in der EU auch bei den bereits existierenden öffentlichen Berichtspflichten für Rohstoff‐Unternehmen eingezogen.
(4) Dazu zählen Umsätze, Gewinne, gezahlte Lohn–, Körperschafts–, Umsatz– und andere Steuern, Investitionen, immaterielle Vermögenswerte, die Zahl der Beschäftigten oder die Lohnsumme.