AllRise: "Staatshaftungsrecht ist totes Recht in Österreich"
Eine klare Begründung ebenso wie Auskunft darüber, wie denn gegen Versäumnisse des Gesetzgebers im Bereich Klimaschutz dann vorgegangen werden kann, bleibt das Gericht schuldig.
Erst kürzlich haben die Länder und Gemeinden im Alleingang eine Bodenstrategie ohne verbindliche Ziele beschlossen. Die Bodenversiegelung in Österreich wird damit auch in Zukunft hoch bleiben - die Risiken für Natur, Umwelt und letztlich uns alle sind fatal, denn Bodenschutz ist Klimaschutz. Doch was können Bürger:innen tun, wenn der Gesetzgeber nicht handelt? "Das Instrument der Staatshaftungsklage scheint in Österreich totes Recht zu sein. Seit dem Beitritt Österreichs zur EU vor rund 30 Jahren hatte nur eine einzige Staatshaftungsklage Erfolg", erklärt Wolfram Proksch, Anwalt und Mitgründer von AllRise. "Eine derart restriktive Haltung des VfGH zu Staatshaftungsklagen im Allgemeinen und zum Klimaschutz im Besonderen trägt dem Sinn und Zweck der europäischen Integration wie auch dem Klimaschutzgedanken nicht hinreichend Rechnung."
Klage belegt Versäumnisse des Gesetzgebers ausführlich
In der nun zurückgewiesenen Staatshaftungsklage, die auf der Website bodenverbrauch.org im Volltext abrufbar ist, wurde auf über vierzig Seiten im Detail genau das legislative Unrecht - d.h. die Versäumnisse des Bundes- und der Landesgesetzgeber bei der Umsetzung der UVP-RL, der Wasserrahmen-RL, der Nitrat-RL und der FFH-Richtlinie - dargelegt. Auch der aus dem zügellosen Bodenverbrauch resultierende volkswirtschaftliche wie auch individuelle Schaden wurde - unter Verweis auf einen umfassenden Rechnungshofbericht - konkret beschrieben und beziffert. Obwohl der Verfassungsgerichtshof diese Begründungen ausführlich in den Randnotizen zitiert und im ersten Schritt im Juni 2023 Bund wie auch Länder um Stellungnahme gebeten hat, weist er die Klage nun lediglich mit der Begründung, diese seien "zu unbestimmt" zurück.
"Es ist sehr bedauerlich, dass der österreichische Verfassungsgerichtshof sich dem Thema Bodenverbrauch und Klimaschutz respektive dem Versagen der Politik und der Gesetzgeber in diesen Bereichen weiter verweigert. Er schlüpft damit genau in die Rolle, die er eigentlich stets vermeiden will - nämlich diejenige eines politischen Gerichts", so AllRise Gründer Johannes Wesemann. Besonders irritiert ist Wesemann auch, dass das Urteil unter dem Vorsitz von Vizepräsidentin Dr. Verena Madner erfolgt ist. Sie wurde 2020 auf Vorschlag der Grünen in den VfGH berufen und galt als Hoffnung für den Klimaschutz. 2017 hatte sie in einem Gastbeitrag für Die Presse den VfGH kritisiert, dass dieser "einen Gerichtsentscheid gegen den Bau der dritten Piste am Flughafen Wien aufgehoben habe". Dr. Madner pochte damals auf den Umweltschutz als öffentliches Interesse. "Nun im Amt, scheinen die Interessen doch anders gelagert."
AllRise prüft weitere rechtliche Schritte
Den Kampf gegen den Bodenverbrauch will die NGO jedenfalls nicht aufgeben. Sie prüft nun weitere rechtliche Schritte - insbesondere etwa eine Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, oder aber eine Kommissionsbeschwerde an die EU-Kommission. "Wir laufen gerade sehenden Auges ins Unglück und später will es dann niemand gewusst haben. Deshalb machen wir weiter und bemühen die Gerichte, denn es muss möglich sein, den Gesetzgeber für Versäumnisse im Klimaschutz zur Verantwortung zu ziehen", so Wesemann abschließend.
Über AllRise
AllRise ist eine gemeinnützige Organisation, die sich auf Klimaklagen fokussiert und diejenigen zur Rechenschaft ziehen möchte, die direkt und indirekt die Zerstörung der Umwelt verursachen. Das Team, das den ersten Fall beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag eingereicht hat, um Jair Bolsonaro und Mitglieder seiner Regierung wegen Beihilfe zur Umweltzerstörung im brasilianischen Amazonasgebiet anzuzeigen, besteht aus führenden Expert:innen auf ihrem Gebiet.
Weitere Informationen: www.allrise.at
Erst kürzlich haben die Länder und Gemeinden im Alleingang eine Bodenstrategie ohne verbindliche Ziele beschlossen. Die Bodenversiegelung in Österreich wird damit auch in Zukunft hoch bleiben - die Risiken für Natur, Umwelt und letztlich uns alle sind fatal, denn Bodenschutz ist Klimaschutz. Doch was können Bürger:innen tun, wenn der Gesetzgeber nicht handelt? "Das Instrument der Staatshaftungsklage scheint in Österreich totes Recht zu sein. Seit dem Beitritt Österreichs zur EU vor rund 30 Jahren hatte nur eine einzige Staatshaftungsklage Erfolg", erklärt Wolfram Proksch, Anwalt und Mitgründer von AllRise. "Eine derart restriktive Haltung des VfGH zu Staatshaftungsklagen im Allgemeinen und zum Klimaschutz im Besonderen trägt dem Sinn und Zweck der europäischen Integration wie auch dem Klimaschutzgedanken nicht hinreichend Rechnung."
Klage belegt Versäumnisse des Gesetzgebers ausführlich
In der nun zurückgewiesenen Staatshaftungsklage, die auf der Website bodenverbrauch.org im Volltext abrufbar ist, wurde auf über vierzig Seiten im Detail genau das legislative Unrecht - d.h. die Versäumnisse des Bundes- und der Landesgesetzgeber bei der Umsetzung der UVP-RL, der Wasserrahmen-RL, der Nitrat-RL und der FFH-Richtlinie - dargelegt. Auch der aus dem zügellosen Bodenverbrauch resultierende volkswirtschaftliche wie auch individuelle Schaden wurde - unter Verweis auf einen umfassenden Rechnungshofbericht - konkret beschrieben und beziffert. Obwohl der Verfassungsgerichtshof diese Begründungen ausführlich in den Randnotizen zitiert und im ersten Schritt im Juni 2023 Bund wie auch Länder um Stellungnahme gebeten hat, weist er die Klage nun lediglich mit der Begründung, diese seien "zu unbestimmt" zurück.
"Es ist sehr bedauerlich, dass der österreichische Verfassungsgerichtshof sich dem Thema Bodenverbrauch und Klimaschutz respektive dem Versagen der Politik und der Gesetzgeber in diesen Bereichen weiter verweigert. Er schlüpft damit genau in die Rolle, die er eigentlich stets vermeiden will - nämlich diejenige eines politischen Gerichts", so AllRise Gründer Johannes Wesemann. Besonders irritiert ist Wesemann auch, dass das Urteil unter dem Vorsitz von Vizepräsidentin Dr. Verena Madner erfolgt ist. Sie wurde 2020 auf Vorschlag der Grünen in den VfGH berufen und galt als Hoffnung für den Klimaschutz. 2017 hatte sie in einem Gastbeitrag für Die Presse den VfGH kritisiert, dass dieser "einen Gerichtsentscheid gegen den Bau der dritten Piste am Flughafen Wien aufgehoben habe". Dr. Madner pochte damals auf den Umweltschutz als öffentliches Interesse. "Nun im Amt, scheinen die Interessen doch anders gelagert."
AllRise prüft weitere rechtliche Schritte
Den Kampf gegen den Bodenverbrauch will die NGO jedenfalls nicht aufgeben. Sie prüft nun weitere rechtliche Schritte - insbesondere etwa eine Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, oder aber eine Kommissionsbeschwerde an die EU-Kommission. "Wir laufen gerade sehenden Auges ins Unglück und später will es dann niemand gewusst haben. Deshalb machen wir weiter und bemühen die Gerichte, denn es muss möglich sein, den Gesetzgeber für Versäumnisse im Klimaschutz zur Verantwortung zu ziehen", so Wesemann abschließend.
Über AllRise
AllRise ist eine gemeinnützige Organisation, die sich auf Klimaklagen fokussiert und diejenigen zur Rechenschaft ziehen möchte, die direkt und indirekt die Zerstörung der Umwelt verursachen. Das Team, das den ersten Fall beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag eingereicht hat, um Jair Bolsonaro und Mitglieder seiner Regierung wegen Beihilfe zur Umweltzerstörung im brasilianischen Amazonasgebiet anzuzeigen, besteht aus führenden Expert:innen auf ihrem Gebiet.
Weitere Informationen: www.allrise.at