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Japan setzt wieder auf Atomkraft, aber Wien vergisst Fukushima nicht!

Zwölf Jahre nach der schrecklichen Reaktorkatastrophe von Fukushima hat sich Japan zu einer Kursänderung seiner Atomkraftpolitik entschlossen.

Langfristig ist das Ziel des Landes, dass Átomkraft wieder einen maßgeblichen Anteil der nationalen Stromproduktion ausmachen soll. Dafür sollen einerseits neue Reaktoren gebaut werden, aber auch alte Nuklearkraftwerke, die nach dem Fukushima - Unfall aus Sicherheitsgründen deaktiviert wurden, sollen wiederhergerichtet und eingesetzt werden. Begründet werden diese Maßnahmen mit der Notwendigkeit, CO2 einzusparen und die Energiestabilität zu sichern. Bei Wiens Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky stößt dieses Vorhaben auf Unverständnis: "Die Vergangenheit hat gezeigt, wie gefährlich Atomkraft sein kann. Die Bilder von Fukushima sind noch in schmerzlicher Erinnerung." Auch Wiens Umweltanwältin Iris Tichelmann betont: "Atomkraft ist komplett ungeeignet im Kampf gegen den Klimawandel und absolut nicht als nachhaltig zu bezeichnen."

Kernkraft im Erdbebengebiet - auch Österreichs Nachbarstaaten betroffen

Besondere Vorsicht bei den Plänen Japans ist geboten, da das Land sich weiterhin in einer seismisch sehr aktiven Zone befindet. Seit dem Erdbeben von 2011 kam es in Japan zu vier größeren Erdbeben mit einer Magnitude von über 7.3 (Vgl. 2011: Magnitude von 9.0.). Dieses Problem betrifft aber nicht nur Japan. Österreichs Nachbarland Ungarn betreibt in einem aktiven Erdbebengebiet vier alte sowjetische WWER-440 Reaktoren (440 MW elektrische Leistung). Diese Anlagen besitzen weder ein Stahlbetoncontainment noch einen Core-Catcher. Darüber hinaus werden an dem Standort Paks aktuell noch zwei weitere russische Reaktoren (WWER-1200) errichtet. Von internationaler Seite und Seismolog*innen wird in diesem Zusammenhang immer wieder Kritik an Ungarn gerichtet. Auch Stadtrat Jürgen Czernohorszky betont: "Bei einer Technologie wie der Atomkraft muss immer die höchste Vorsicht geboten werden und die Sicherheit der Bevölkerung an erster Stelle stehen. Deshalb fordern wir, dass im Bereich der Erdbebensicherheit alle internationalen Standards eingehalten werden." In der Türkei werden ebenfalls russische Reaktoren in einem seismisch aktiven Gebiet errichtet. Durch das schreckliche Erdbeben im Februar 2022 kam es auch zu Erschütterungen auf der Reaktorbaustelle, welche rund 400 km vom Epizentrum entfernt ist.

Jeden Tag entstehen 100.000 Liter radioaktiv verseuchtes Wasser in Fukushima

Die Entscheidung, wieder vermehrt auf Nuklearkraft zu setzen, kommt zu einem Zeitpunkt, an dem weiterhin täglich rund 100.000 Liter radioaktiv verstrahltes Wasser am Kraftwerksgelände entstehen. Da es vor Ort nicht mehr ausreichend Platz für die Lagerung der Kanister gibt, wird immer wieder debattiert, mit radioaktivem Tritium verseuchtes Wasser ins Meer einzuleiten. Umweltschützer*innen der ganzen Welt fordern, dass die Wasserkanister in ein geeignetes Lager für Atommüll überstellt werden. Dies ist eine Option, die natürlich mit erheblich höheren Kosten verbunden wäre, als das kontaminierte Wasser einfach ins Meer einzuleiten.

Prognostizierte Kosten des Fukushima-Unfalls

Laut der japanischen Regierung werden die Kosten für den Unfall mit 188 Mrd. $ angenommen. Allerdings gibt es auch Berechnungen von dritter Seite (beispielsweise dem Japan Center for Economic Research), die von Kosten in der Höhe zwischen 500 Mrd. $ und 600 Mrd. $ ausgehen.

2030 soll 22 % des produzierten Stroms in Japan aus Atomkraftwerken stammen

Wenn bedacht wird, dass die Bauzeit eines neuen westlichen Reaktorsystems aktuell mit 15-20 Jahren anzunehmen ist, kann dieses Ziel nur mit dem neuerlichen Einschalten bereits deaktivierter AKW gelingen. 2018 waren nur zwei der japanischen Reaktoren am Netz und lieferten einen Beitrag zur japanischen Stromproduktion von nur einem Prozent. Allerdings haben bis Jänner 2023 17 AKW die Bewilligung erhalten, ihren Betrieb wiederaufzunehmen. Da 10 weitere AKW aktuell noch geprüft werden, könnten mittelfristig wieder bis zu 27 AKW eingesetzt werden.

Lebensdauerbegrenzung alternder AKW wurde abgeschafft

Ursprünglich wurde 2013 als Reaktion auf die nukleare Katastrophe gesetzlich festgelegt, dass die Laufzeit von Atomkraftwerken, welche ursprünglich für 40 Jahre anberaumt wurde, nur auf maximal 60 Jahre erweitert werden darf. Im Februar (13.2.2023) wurde dieses Gesetz geändert. Nun gibt es keine maximale Laufzeit für Kernkraftwerke mehr. Wiens Stadtrat Jürgen Czernohorszky kritisiert diesen Umstand: "Es darf nicht vergessen werden, dass die Gefahr von Unfällen und technischen Gebrechen mit zunehmendem Alter der AKW signifikant steigt."

Neue Reaktoren sollen bis 2040 errichtet werden

Japan plant auch neue Reaktoren zu errichten, die in den 2030er-Jahren ans Netz gehen sollen. Genauere Informationen über die Anzahl der Reaktoren und welche Reaktorsysteme gebaut werden sollen, gibt es noch nicht. Anzunehmen ist jedoch, dass ein Teil der Neubauprojekte auf Großkraftwerke abzielen wird, da Mitsubishi 2022 ein neues Kraftwerkskonzept (SRZ-1200) für einen Leichtwasserreaktor mit 1200 MW elektrischer Leistung vorgestellt hat.



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /