© Astrid Schwab Greenpeace/ Protest vor der französischen Botschaft
© Astrid Schwab Greenpeace/ Protest vor der französischen Botschaft

Greenpeace zieht Umweltbilanz: Katastrophen und Erfolge 2022

Lichtblicke für Wälder und Meere - doch weltweite Zerstörung durch Abholzung, Umweltkatastrophen und Klimakrise dominieren

© Mitja Kobal Greenpeace/ Das Mahnmal im Rathauspark
© Mitja Kobal Greenpeace/ Das Mahnmal im Rathauspark
© Mitja Kobal Greenpeace / Protest vor dem Bundeskanzleramt
© Mitja Kobal Greenpeace / Protest vor dem Bundeskanzleramt

Nach einem turbulenten Jahr geprägt von Ukraine-Krieg, Energiekrise und Pandemie zieht Greenpeace seine Umweltbilanz 2022. Zu den heurigen Verlierern gehört etwa der Amazonas. Die Regenwaldabholzung erreichte in der ersten Hälfte des Jahres ein Allzeithoch. Ebenso dazu zählt die Oder. Bis zu 400 Tonnen Fisch und somit rund die Hälfte der gesamten Fischpopulation im Fluss sind durch die Einleitung von Abwasser verendet. 2022 konnten aber auch einige Umwelterfolge verbucht werden. Dazu gehört etwa das beschlossene EU-Waldschutzgesetz. Es soll dafür sorgen, dass keine landwirtschaftlichen und tierischen Produkte wie Kaffee und Fleisch aus Waldzerstörung mehr in die EU importiert werden. In Großbritannien gelang ein wichtiger Schritt gegen die Überfischung, indem Grundschleppnetze in vier Fanggebieten verboten wurden.

Für 2023 fordert Greenpeace einen radikalen Kurswechsel hin zu einer mutigen und wirksamen Umwelt- und Klimapolitik auf allen Ebenen, von der österreichischen Bundesregierung über die EU-Kommission bis zur UNO. Jene Gesetze und Abkommen, die bisher aufgeschoben wurden, müssen 2023 endlich beschlossen und umgesetzt werden. Dazu zählen in Österreich etwa das Erneuerbaren-Wärmegesetz und der Stopp von klimaschädlichen Subventionen, auf EU-Ebene das Kreislaufwirtschaftspaket und auf UN-Ebene das Plastikabkommen und das Meeresschutzabkommen.

"Die Zerstörung des Planeten und damit unserer Lebensgrundlage schreitet in rasendem Tempo voran. 2022 war geprägt von nie dagewesener Waldzerstörung, Umweltkatastrophen und einem Massensterben von Tierarten. Die gravierenden Auswirkungen der Klimakrise - Überflutungen, Stürme, Trockenheit - waren weltweit spürbar. Einige Lichtblicke gaben in diesem Jahr aber auch Hoffnung, dass das Ruder noch herumgerissen werden kann. Mit dem EU-Waldschutzgesetz wurde ein wichtiger Schritt für den Schutz unserer Wälder gemacht. Außerdem konnte eine Ölkatastrophe im Roten Meer verhindert werden. Doch damit uns der Kampf gegen die Klimakrise noch gelingt, brauchen wir 2023 mehr denn je wirksame und mutige Gesetze und Maßnahmen. Die Politiker:innen und Konzernchef:innen an den Hebeln der Macht müssen jetzt Verantwortung übernehmen”, zieht Lisa Panhuber, Greenpeace Sprecherin, das Jahres-Resümee.

=== Schockierende Umweltdesaster 2022 ===

Die Rekord-Abholzung des brasilianischen Regenwaldes

Das brasilianische Institut für Weltraumforschung INPE berichtet, dass im ersten Halbjahr 2022 3.988 Quadratkilometer Regenwald zerstört wurden - das entspricht der Fläche des Burgenlandes. Das sind die höchsten Abholzungsraten, die seit Beginn der Aufzeichnungen berechnet wurden. Der Amazonas beheimatet indigene und traditionelle Gemeinschaften, ist Lebensraum von seltenen Tier- und Pflanzenarten und die grüne Lunge unseres Planeten.

Fischsterben in der Oder

Bis zur Hälfte der in der Oder lebenden Fische verendeten nach einer Umweltkatastrophe im August. Ein aktueller Report von Greenpeace macht Salzeinleitungen der polnischen Bergbauindustrie für die verheerenden Schäden verantwortlich. Viele Ökosysteme weltweit stehen massiv unter Stress, jeden Tag sterben etwa 150 Pflanzen- und Tierarten aus, eine Million Arten sind insgesamt vom Aussterben bedroht.

Ölkatastrophe in Peru

Im Jänner 2022 führte ein Tsunami dazu, dass beim Ausladen eines Öltankers in Peru fast 1,9 Millionen Liter Rohöl ausliefen - ca. 1.400 Hektar Meer, Strände und Naturreservate wurden verschmutzt und die peruanische Regierung rief den Umwelt-Notstand aus. Abseits der enormen Umweltschäden und der gesundheitlichen Folgen zerstören Ölunfälle auch oft die finanzielle Lebensgrundlage der Menschen vor Ort, da sie Landwirtschaft, Jagd oder Fischerei unmöglich machen.

Chemikalienaustritte in der Ukraine

Der brutale Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine führt zu enormem menschlichen Leid, die Auswirkungen des Krieges auf die Umwelt werden die Gesundheit der Bevölkerung noch über Jahrzehnte bedrohen. Aufgrund der Zerstörung von Industrieanlagen treten in vielen Regionen der Ukraine seit Beginn des Kriegs giftige Chemikalien in die Umwelt aus. Trinkwasser und Luft wurden verschmutzt und Gewässer an vielen Orten kontaminiert.

Flutkatastrophe in Pakistan

Die Forscher sind sich einig: 2022 lehrt uns, dass wir bereits mitten in der Klimakrise stecken. Dabei bekam Pakistan dessen Auswirkungen heuer besonders drastisch zu spüren. Ein Drittel der Landesfläche wurde im Zuge der großen Flutkatastrophe unter Wasser gesetzt. 33 Millionen Menschen waren von den Auswirkungen betroffen, über 1.500 Menschen starben. Die Schäden werden auf über 10 Milliarden Dollar geschätzt.

=== Wegweisende Umwelterfolge 2022 ===

EU Gesetz gegen Waldzerstörung

Nach jahrelangem Ringen haben sich das EU-Parlament, die EU-Kommission und der EU-Rat 2022 auf eine EU-Verordnung über waldzerstörungsfreie Produkte und Lieferketten geeinigt. Das EU-Waldschutzgesetz gilt für Soja, Palmöl, Rindfleisch, wichtige Holz- und Papierprodukte sowie Kaffee, Kakao und Kautschuk. Um Korruption und Intransparenz in den Lieferketten entgegenzuwirken, müssen die Produkte bis zum Ort der Herstellung zurückverfolgbar sein. Die Verordnung ist die erste weltweit, die gegen globale Entwaldung vorgeht. Sie kann in den nächsten Jahren einen entscheidenden Beitrag gegen die weltweite Abholzung leisten, importiert die EU doch aktuell 36 Prozent aller landwirtschaftlichen und tierischen Güter aus globaler Waldzerstörung.

Nördlichstes Ölfeld der Welt nicht erschlossen

Der norwegische Ölkonzern Equinor hat seine Pläne, die nördlichsten Ölbohrungen der Welt durchzuführen, zurückgezogen. Der Rückzug bedeutet, dass 200 Millionen Tonnen CO2 im Boden bleiben, ein Vielfaches der Gesamtemissionen Norwegens Um die schlimmsten Auswirkungen der Klimakrise zu verhindern, hat die EU das Ziel, die Emissionen bis 2030 um 55 Prozent zu reduzieren. Das bedeutet auch, dass ein Großteil der im Boden schlummernden Öl- und Gasreserven nicht verbrannt werden darf.

Ölkatastrophe im roten Meer verhindert

Mehr als 140.000 Tonnen Öl lagern seit Jahren in dem veralteten Öltanker "FSO Safer" vor der Küste Jemens. Der Tanker droht aufgrund seines Alters und der mangelnden Wartung auseinanderzubrechen oder sogar zu explodieren - mit verheerenden Folgen für Menschen und maritime Artenvielfalt vor Ort. Nach jahrelangem Bangen kam 2022 endlich die Zusage für die Finanzierung der Rettungsaktion durch die Vereinten Nationen. Die Vorbereitungen zur Bergung des Tankers laufen nun an.

Verbot von Grundschleppnetzen in Großbritannien

90 Prozent der globalen Fischbestände sind bereits überfischt oder bis an die Grenzen befischt. Die industrielle Fischerei setzt beim Fischfang oft auf Grundschleppnetze, die den Meeresboden umpflügen und wertvolle Ökosysteme wie Tiefsee-Korallenwälder innerhalb von Sekunden zerstören. Zudem führen die Netze zu einer hohen Beifangquote von Tieren wie Delfinen, Schildkröten oder Meeresvögeln. Seit Sommer 2022 sind Grundschleppnetze in vier Schutzgebieten in Großbritannien verboten. Ein erster wichtiger Schritt, doch Greenpeace fordert, dass dieses Verbot auf zahlreiche weitere Gebiete ausgeweitet wird.

Historische Investitionen in Erneuerbare Energie in den USA

Im August 2022 ist der Inflation Reduction Act (IRA) in den USA in Kraft getreten. Damit sollen Investitionen in Höhe von 396 Milliarden US-Dollar in Projekte für Erneuerbare Energie getätigt werden. Die USA belegen derzeit beim CO2-Ausstoß im globalen Vergleich nach China den zweiten Platz, damit ist eine solche Gesetzgebung weltweit relevant. Auch wenn es einzigartig ist, weist das Gesetz noch große Lücken auf: Es stellt auch Mittel für Investitionen in Scheinlösungen und weitere Gas- und Ölexplorationen bereit.



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Weitere Infos: Greenpeace Österreich

Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /