© Valiphotos
© Valiphotos

Europäische Waldbewirtschaftung in Gefahr

Entscheidende Abstimmungen im EU-Parlament könnten massive Einschränkungen der Waldbewirtschaftung in Europa einläuten

Nun stehen im EU-Parlament wichtige wald- und klimapolitische Abstimmungen auf der Tagesordnung. Die vorliegenden Entwürfe beinhalten jedoch viele Barrieren und Hürden für eine aktive nachhaltige Waldbewirtschaftung und gefährden diese massiv. Die Land&Forst Betriebe Österreich und Waldexperten warnen vor gravierenden Folgen für die Waldbewirtschaftung und Klimapolitik in Österreich und Europa.

Über drei wichtige wald- und klimapolitische Themen wird Mitte dieser Woche im EU-Parlament abgestimmt: die EU-Waldstrategie, die Verordnung über entwaldungsfreie Produkte und RED III, die Richtlinie für erneuerbare Energien. Fachexperten kritisieren die vorliegenden Entwürfe und fordern eine Überarbeitung.

EU-Waldstrategie - Außernutzungsstellung gefährdet Klimaziele und Waldbesitzer

Die vorgeschlagene Waldstrategie greift massiv in die Kompetenzen der Mitgliedsstaaten und Eigentumsrechte ein. Mit einer pauschalen Behandlung der großen Vielfalt an unterschiedlichen ökologischen und sozioökonomischen Bedingungen in europäischen Wäldern und bei Waldbewirtschaftern wird die nachhaltige Bereitstellung der multifunktionalen Waldleistungen stark leiden.

So sieht die EU-Waldstrategie unter anderem eine Außernutzungsstellung von Waldflächen vor, die jeglichen Eingriff verbieten würden. Die selbe Strategie sieht vor, dass über ein bereits in Erarbeitung befindliches Gesetz von Menschenhand veränderte Wälder wieder in ihren ursprünglichen Zustand - in Orientierung an den 1950er Jahren - zurückversetzt werden sollen, statt aktiv an den Klimawandel und die Herausforderungen der Zukunft angepasst zu werden.

"Die nun vorliegende EU-Waldstrategie gefährdet nicht nur die Erreichung der Klimaziele und die europäischen Waldbesitzer, sondern spricht ihnen auch jegliche Kompetenz einer nachhaltigen Forstwirtschaft ab. Damit wird auch eine den jeweiligen lokalen Gegebenheiten angepasste Waldbewirtschaftung nahezu unmöglich gemacht. Denn wenn der Wald bei uns nicht mehr wirtschaftlich genutzt werden kann, werden in Zukunft Holzprodukte aus Nicht-EU-Staaten importiert werden müssen, die mit weit niedrigeren Umweltstandards produziert werden", warnt LFBÖ-Präsident Felix Montecuccoli.

Verordnung über entwaldungsfreie Produkte - Waldpflege wird zu Waldschädigung?

Marktteilnehmer, die Produkte aus Holz, Rindern, Kakao, Kaffee, Soja und Palmöl erstmals auf den EU-Markt bringen oder ausführen, müssen laut der geplanten Verordnung über entwaldungsfreie Produkte künftig nachweisen, dass die Produktion nicht zu Entwaldung geführt hat. Die Land&Forst Betriebe Österreich begrüßen die grundsätzliche Idee hinter dieser Richtlinie, sehen aber die Umsetzung äußerst kritisch.

So werden zum Beispiel Begriffe wie "Entwaldung", "nachhaltige Erntevorgänge" und "Waldschädigung" neu definiert, obwohl dafür bereits international anerkannte Definitionen existieren. Dies kann dazu führen, dass im Zuge einer nachhaltigen Forstwirtschaft normale und notwendige Bewirtschaftungs- und Pflegeeingriffe als "Waldschädigung" gelten.

Weiters sieht der Entwurf - neben unverhältnismäßigen Kontrollen - einen erhöhten bürokratischen Mehraufwand für Marktteilnehmer vor: so werden zum Nachweis entwaldungsfreier Produkte sehr detaillierte Informationen verlangt, die der Kontrollbehörde vorzulegen sind, unter anderem die Freigabe von GPS-Daten und persönlichen Daten von Kunden und Verkäufern. Dies und die dadurch zu erwartenden Mehrkosten würden zu einer massiven Wettbewerbsverzerrung führen und Europa zu einem unattraktiven Handelspartner machen.

"Wir lehnen jeden Gesetzesentwurf, der unsere nachhaltige Arbeit im Wald nur ansatzweise unter Strafe setzen möchte, in aller Entschiedenheit ab. Unser vorrangiges Bestreben liegt darin, unsere Wälder nach den hohen ökologischen Standards zu bewirtschaften, daraus nachhaltige Rohstoffe und Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen und für nächste Generationen klimafit zu gestalten", betont der Verbandspräsident.

Erneuerbare Energien Richtlinie RED III: Energieholz aus dem Wald soll nicht mehr gefördert werden?!

Der Europäische Rat hat bereits in seiner Position gegen einen delegierten Rechtsakt zur kaskadischen Holznutzung Stellung bezogen und auf die Einbindung von SFM-Kriterien (Sustainable Forest Management) gepocht. Im Allgemeinen stellen die vorgeschlagenen Einschränkungen der energetischen Biomassenutzung einen Rückschlag im Kampf gegen den Klimawandel dar. Zur Verringerung von CO2-Emissionen und im Sinne der Bioökonomiestrategie gilt es, den Ersatz fossiler Rohstoffe durch nachwachsende zu fördern, statt deren Einsatz immer weiter einzuschränken.

Daher ist der Vorschlag äußerst kritisch, die primäre Biomasse Holz von jeglichen Förderungen auszuschließen! Denn damit benachteiligt man gerade jene Stoffmengen, die nachhaltig zum Ersatz fossiler Produkte beitragen. Zudem sieht der Entwurf vor, strukturreiche Altwälder und Wälder mit hoher Biodiversität als "No-Go"-Flächen für die Nutzung von Biomasse zu definieren.

"Mit diesem Entwurf wird nicht nur die Vorreiterrolle des Waldes im Kampf gegen den Klimawandel ignoriert und die Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten erschwert, sondern auch das Subsidiaritätsprinzip - also die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten -untergraben. Der vorliegende Rahmen des Forest Europe-Prozesses wird ausgehebelt, breit akkordierte Kriterien für nachhaltige Waldwirtschaft ignoriert. Die energetische Nutzung von nachhaltig produziertem Holz soll nun nicht mehr als erneuerbare Energie angerechnet werden, während man Atomenergie als umweltfreundlich einstuft! Mit der vorgeschlagenen RED III Richtlinie wird der Einsatz von Biomasse für die Nah- und Fernwärme verhindert, das darf nicht passieren!", zeigt Montecuccoli die dringende Notwendigkeit für die Abänderung der Vorschläge auf.

PS: Weitere ausführliche Details zu den geplanten Abstimmungen, den Kritikpunkten und wie die Land&Forst Betriebe Österreich darauf reagieren, finden Sie auf der LFBÖ-Webseite unter folgendem Link



Verwandte Artikel:


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /