© Michael Gaida auf pixabay
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Baustoffe und Kreislaufwirtschaft- passt das zusammen?

EQAR-Kongress „Baustoff-Recycling 2030“ zum Thema Bau / Kreislaufwirtschaft / Europa / Bauprodukteverordnung / Baustoffe

Kreislaufwirtschaft wird durch den Green Deal der EU weiter forciert. Für die EU-Kommission bedeutet Kreislaufwirtschaft“ allgemein, den Wert von Produkten und Materialien so lange wie möglich zu bewahren und zu optimieren. Abfälle und der Einsatz von Ressourcen werden minimiert, und die Ressourcen verbleiben in der Wirtschaft, wenn ein Produkt das Ende seiner Nutzungsdauer erreicht hat, und werden wieder und wieder verwendet. Die European Quality Recycling Association (EQAR) – der Österreichische Baustoff-Recycling Verband ist dort initiativ vertreten - nahm dies zum Anlass, um im Rahmen der IFAT, einer der größten Umweltmessen Europas, Anfang Juni einen Baustoff-Recycling Kongress mit dem Thema „Recycling-Baustoffe 2030“ zu veranstalten.

EQAR-Präsident Miroslav Skopan sieht einen Zusammenhang zwischen Klimaschonung und Recycling: Neben der Ressourcenschonung – mindestens 10% der mineralischen Rohstoffe können durch Recycling ersetzt werden – bietet das
Baustoff-Recycling einen Beitrag zur Klimaschonung; sei es durch Reduktion an Transporten durch mobiles Recycling vor Ort auf der Baustelle oder durch Einsparung von Energie bei der Baustoffproduktion. Gerade der EU-Aktionsplan für die
Kreislaufwirtschaft zeige den Wert der Recycling-Wirtschaft im Baubereich – mehr als 2/3 aller Abfälle stammen aus dem Bauwesen, das Potential ist damit gerade da sehr groß.

Nachhaltige Beschaffung im Baubereich

Christian Öhler, Klimaministerium Österreichs, stellt die nachhaltige Beschaffung in Österreich vor: Durch Ministerratsbeschluss wurde 2021 für den Bund verpflichtend ein Kriterienkatalog für den Beschaffungsvorgang mit besonderer Berücksichtigung der Nachhaltigkeit beschlossen. Ein Paradigmenwechsel erfolgt vom Billigstbieter- zum Bestbieterprinzip. Paragraph 20 Abs. 5 Bundesvergabegesetz fordert, dass im Vergabeverfahren auf die Umweltgerechtheit der Leistung Bedacht zu nehmen ist. Für den Hoch- und Tiefbau gibt es verpflichtende ökologische und
zusätzlich optionale ökologische Kriterien: So wird beispielsweise ein Anteil an rezyklierter Gesteinskörnung an der gesamten für die Betonherstellung verwendeten Gesteinskörnung mit 10% vorgeschrieben. Optional wird ein Zuschlagkriterium für denTransport empfohlen: Über eine Formel werden dabei Recycling-Baustoffe bevorzugt,
da deren Transportwege mit dem Abminderungsfaktor 0,7 versehen werden können; das bedeutet, dass bei vergleichbaren Transportentfernungen von Primärrohstoffen und Recycling-Baustoffen, ein Vorteil von 30% für das Recycling zum Tragen kommt.

Armin Grieder, Stadt Zürich, stellt die hohen Recycling-Quoten in der Ausschreibungspraxis der Stadt Zürich vor: Betonrecycling habe einen besonderen Stellenwert, seit Nov. 2021 legt eine neue SIA-Norm „Beton mit rezyklierten
Gesteinskörnungen“ Konkretes fest. Eigene Recyclingbetonklassen werden dort beschrieben. Wenngleich der Recycling-Anteil keinen großen Gewinn bei Treibhausgasemissionen bringt, kann bei Zement eine Reduktion von 30% an
Treibhausgasemissionen erreicht werden. In der Ausschreibungspraxis der Stadt werden vorgeschrieben: „Bauteile aus Beton sind gemäß Vorgabe des Amtes für Hochbauten der Stadt Zürich in Recycling-Beton (mindestens RC-C, wo technisch möglich RC-M) mit Zement CEM III/B zu erstellen.“ Seit 2002 sind sämtliche Bauten des AHB aus Recycling-Beton (Anm.: i.d.R. 25% Anteil an Recyclinggranulat) hergestellt!

Frau Buddenbohm, Vertreterin der deutschen Baustoff-Recycling Wirtschaft, stellt das Thema „Asbestfreiheit“ aufgrund eines neuen Entwurfes des LAGA-Merkblattes 23 vor:Ein „Abschneidekriterium“ mit 0,01M-% für Asbestkonzentration wird darin vorgeschlagen - unter dieser Grenze wird ein Abfall als „asbestfrei“ angesehen. Weiters wird für Deutschland ein Stichtag - 31.10.1993 – vorgesehen. Bauten, bis dahin errichtet, werden als potentiell asbesthältig angesehen; Bauunternehmer müssen Bauherrn bei diesen Bauten im Falle des Abbruches auf die Asbesterkundungspflicht verweisen. Dies ist auch für das Recycling wichtig – Betreibervon Baustoff-Recycling-Anlagen haben bei Anlieferung die Asbestfreiheit zu überprüfen, eine entsprechende Dokumentation dazu bietet das LAGA-Merkblatt an.

Best Case an Anwendungen

Aus der Schweiz wurde ein Beispiel einer bestmöglichen Verwertung von Sekundärrohstoffen im Beton gezeigt: Mit bester Aufbereitungsgüte (hohe Eingangsqualität, Absiebung Unterkorn, Siebungen und Windsichtung), ein Minimieren
(z.B. des Zementeinsatzes) und eine hohe Qualitätssicherung sind Voraussetzung, dass Betone mit einem Anteil an Recyclingmaterial bis 70% in der Praxis möglich sind!

Prof. Wistuba, TU Braunschweig, zeigt die Möglichkeit der mehrmaligen Verwendung von Asphalt an: Ein D-A-CH – Forschungsprojekt geht auf die Alterung des Bitumens ein – durch Rejuvenatoren, die Teil der Untersuchung des Forschungsprojektes sind, soll eine Umkehr der Alterung geschehen, d.h. es ist möglich, Asphalte trotz „spröder“ Bindemittel mehrfach einer Verwertung mit langer Lebensdauer zuzuführen – dies ist eine wichtige Basis für 53 Mio. Tonnen Altasphalt, die jährlich in Europa anfallen.

Frau Prof. Mettke, TU Brandenburg, stellte den Link zum Klimaschutz her: 839 Mio. Tonnen Bau- und Abbruchabfälle fielen 2018 in der EU an. Ihre Studien zeigten, dass für die Trockenaufbereitung 19,6 MJ/t, (mit Windsichtung 29,3 MJ/t) für die Nassaufbereitung 21,1 MJ/t notwendig sind. Im Vergleich mit der Produktion von Gesteinskörnungen zeigt sich, dass bei Recycling eine Einsparung zu erwarten ist. 1000 Tonnen Recycling-Baustoffe sparen 36m² Abbaufläche an Rohstoffquellen – am Beispiel Deutschlands sind das jährlich 2,7 km² Fläche! Die neuesten Berechnungen zeigen, dass das bislang qualitativ schon öfters aufgezeigte Potential nun quantifiziert wurde und Einsparungen im zweistelligen Prozentbereich an Treibhausgasen zu erzielen sind.

Ein Hauptthema des EQAR-Kongresses war auch die Novelle der Bauproduktenverordnung. Diese wird derzeit aufgrund der Vorgaben des EU-Green Deal (COM(2019) 640) und der gewünschten stärkeren Berücksichtigung des Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft (COM(2020) 98 final) überarbeitet. Der Entwurf enthält daher folgende recyclingrelevante Forderungen:

Produkte sind so herzustellen, dass Klimaverträglichkeit dem Stand der Technik entspricht

-Rezyklate und rezyklierbare Materialien sind zu bevorzugen
-auf leichte Reparierbarkeit von Produkten ist zu achten
-Produkte sind so zu gestalten, dass Wiederverwendung und Recycling erleichtert werden

Besonderer Wert wird auf Wiederverwendung oder Recyclingfähigkeit von Baustoffen, Bauteilen und Bauwerken gelegt.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /