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Ölindustrie machte seit Kriegsbeginn rund 3 Mrd. Euro Gewinn mit überhöhten Diesel- und Benzinpreisen in der EU

In Österreich täglich 4,3 Mio. Euro - Umweltschutzorganisation kritisiert enorme unmoralische Krisengewinne der Ölindustrie und fordert gesonderte Besteuerung

Eine neue Untersuchung im Auftrag von Greenpeace beziffert erstmals die enormen Krisengewinne [1], die die Ölindustrie seit Beginn des russischen Einmarsches in der Ukraine generieren konnte. Durch den Verkauf von Diesel und Benzin in Europa haben Konzerne Mehreinnahmen in Höhe von mindestens 3 Milliarden Euro erzielt. Alleine im März nahm die Erdölindustrie in der EU täglich durchschnittlich 107 Millionen Euro zusätzlich ein: 94 Millionen Euro aus dem Verkauf von Diesel und 13 Millionen Euro aus dem Verkauf von Benzin. In ganz Europa waren die VerbraucherInnen von beispiellosen Preissteigerungen an den Zapfsäulen betroffen. In Österreich machten die Krisengewinne rund 4,3 Millionen Euro pro Tag aus. Der größte Teil davon (3,7 Millionen Euro) stammt aus dem Dieselgeschäft. Im ersten Monat des Krieges in der Ukraine summieren sich diese Zusatzeinnahmen am heimischen Markt auf 133,3 Mio. Euro. In Österreich hat die Ölindustrie damit nach Deutschland die zweithöchsten Mehreinnahmen aus dem Verkauf von Diesel und Benzin in der EU erwirtschaftet. Greenpeace fordert die Bundesregierung und Bundeskanzler Karl Nehammer auf, diese unmoralischen Krisengewinne gesondert zu besteuern, damit Entlastungsmaßnahmen für besonders von der Teuerung betroffene Bevölkerungsgruppen zu finanzieren und Österreichs Abhängigkeit von Öl zu reduzieren.

"Millionen von Europäerinnen und Europäern kämpfen mit hohen Kraftstoff- und Energiekosten. Zeitgleich treibt die Ölindustrie die Preise immer weiter in die Höhe und fährt Rekordgewinne aus dem Krieg und der anhaltenden Energiekrise ein”, sagt Klara Maria Schenk, Klima- und Verkehrsexpertin bei Greenpeace in Österreich. "Alleine in Österreich summieren sich die unmoralischen Zusatzeinnahmen der Ölindustrie im März 2022 auf unvorstellbare 133,3 Millionen Euro. Die Öl-Industrie finanziert damit eine Krise, die sie selbst mitverursacht hat. Wir fordern die Bundesregierung auf, der schamlosen Gier der Öl-Mulits einen Riegel vorzuschieben und dieser dreisten Geschäftemacherei mit dem Leid der Ukraine ein Ende zu setzen. Diese schmutzigen Krisengewinne müssen umgehend besteuert werden”, so Schenk. Und weiter: "Die Einnahmen aus diesen Steuern sollten dazu verwendet werden, Haushalte mit begrenzten Mitteln bei der Bewältigung ihrer Energie- und Verkehrsausgaben zu unterstützen und die Umwandlung unseres erdölabhängigen Verkehrssektors in ein Mobilitätssystem zu beschleunigen, das den Menschen und unserem Planeten dient."

Die von Greenpeace in Auftrag gegebene Analyse des Hamburger Forschungs- und Beratungsbüros EnergyComment konzentriert sich auf die schnell wachsenden Margen zwischen internationalen Rohölpreisen und europäischen Tankstellenpreisen ohne Steuern und Abgaben. Dabei ist auffällig, dass die Preise an der Zapfsäule deutlich schneller als der Rohölpreis gestiegen sind: Die Preise für Rohöl stiegen zwischen Jänner und März um nur etwa 19 Cent pro Liter. Gleichzeitig fiel der Preisanstieg bei Diesel ab Raffinerie mit rund 30 Cent pro Liter und Diesel an der Tankstelle mit rund 37 Cent pro Liter erheblich höher aus. Bei Benzin ist ein ähnlicher, wenn auch schwächerer Trend zu beobachten. Diese beträchtlichen Gewinnmargen zeigen deutlich, wie die Erdölindustrie die Krisensituation ausgenutzt hat: Sie hat die Preise entlang der Lieferkette in die Höhe getrieben, während sich ihre durchschnittliche Kostenbasis kaum verändert hat.

Als Reaktion auf die russische Invasion der Ukraine hat die Europäische Kommission den Mitgliedstaaten gestattet, die Zufallsgewinne (sog. Windfall-Profits) des Energiesektors vorübergehend zu besteuern, hat aber die Erdölbranche weitgehend außen vor gelassen. Die wenigen Mitgliedstaaten, die bisher von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, haben sich großteils auf die zusätzlichen Gewinne des Erdgas- und Strommarkts konzentriert. Entsprechend dem Kommissionsvorschlag, die Windfall-Profits des Energiesektors zu besteuern, muss die österreichische Bundesregierung nun die Besteuerung schmutziger Krisengewinne auf die Erdölindustrie ausweiten.

+++ Infos und Hinweise +++

- Link zur vollständigen Analyse von Dr. Steffen Bukold, die im Auftrag von Greenpeace CEE erstellt wurde


[1] Zusätzliche Einnahmen vs. zusätzliche Gewinne: Zusätzliche Einnahmen und zusätzliche Gewinne vor Steuern sind nicht identisch. Es ist jedoch anzunehmen, dass zusätzliche Einnahmen zu höheren zusätzlichen Gewinnen vor Steuern (Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization, abgekürzt EBITDA) in ähnlicher Höhe führen, auch wenn diese beiden Kennzahlen nicht genau im Verhältnis 1:1 stehen. Man kann also davon ausgehen, dass sich die Krisengewinne zwischen dem Beginn der Invasion der Ukraine und dem Datum dieser Veröffentlichung (07.04.2022) auf mindestens 3 Milliarden Euro belaufen. Weitere Einzelheiten entnehmen Sie bitte der vollständigen Analyse (S. 12).



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Weitere Infos: Greenpeace Österreich

Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /